[Kurzgeschichte] Ein Weihnachtswunder?

  • Aufgrund des für mich positiv klingenden Feedbacks habe ich mich kurzerhand entschlossen, eine weitere alte Kurzgeschichte von mir zu posten.
    Es mag euch seltsam erscheinen, doch auch diese ist zu der Zeit um Weihnachten entstanden (um genau zu sein ein Jahr nach der vorigen Geschichte).
    Vom Stil und der Thematik her unterscheidet sich diese Geschichte deutlich von der anderen; dem einen wird es eventuell gefallen, aber genauso wird es dem anderen missfallen.
    Aber eines haben diese beiden Geschichten gemeinsam:
    Sie sind unrealistisch, auch wenn der "Irrealitätsgrad" bei beiden verschieden ist. Für diese Geschichte braucht ihr an ein, zwei Stellen der Geschichte wirklich auch eigene Phantasie, um euch den Handlungsablauf zu erklären, sowie vielfaches Interpretieren der Charaktere und deren (möglichen) Verhaltensweisen.
    Ansonsten bleibt nur zu sagen, dass ich mit der Form bei eTCG wirklich nicht
    zurechtkomme. XD
    Daher entschuldige ich mich schon einmal im Voraus wieder für die wohl
    komische äußere Form (wie macht ihr das denn? XD).
    Nun bleibt nur noch, euch viel Spaß beim Lesen zu wünschen (den ihr hoffentlich haben werdet):


    Ein Weihnachtswunder?


    Der eisige Wind zog durch die vielen verzweigten Straßen der Großstadt, mal war er stärker, mal schwächer.
    Die Menschenmasse auf den Straßen drängte sich dicht aneinander, Körper an Körper, als ob sie sich dagegen wehren müssten, dass der Wind ihnen jegliche Wärme aus den Körpern ziehe.
    Immer wieder schwemmte eine kalte Windwelle nach der anderen gegen die großen und kleinen, dicken und dünnen, alten und jungen Menschen, die sich dann immer wieder ihre Baumwollmäntel noch enger um ihre Leiber schlangen als zuvor und unbewusst noch dichter aneinander pressten, um sich vor den Kältewellen zu schützen und sich gegenseitig zu wärmen.
    Als Außenstehender hätte man meinen können, dass sich die verschiedenen
    Personen auf den Straßen gegenseitig anstoßen und beinahe auch umstoßen würden, doch tatsächlich war es in diesem Winter so kalt, dass man eine fremde Berührung eher willkommen hieß als wie sonst verachtete, selbst wenn es sich dabei nicht um eine schöne, aufreizende Frau handelt, sondern um einen hässlichen, unansehnlichen Mann.
    Inmitten dieser Menschenmasse befand sich auch Solus, ein 24 Jahre junger Mann, oder ein 24 Jahre alter Junge, je nachdem, welchen Standpunkt der Betrachter vertritt.
    Wie auch immer, im Gegensatz zu all den anderen hieß er die manchmal mehr, manchmal weniger zufälligen Berührungen der Menschen nicht gut.
    Bei jeder kleinsten Berührung zuckte er zusammen, fühlte ein unangenehmes Kribbeln und stapfte dann geschwind weiter durch den dichten Schnee, dem eisigen Wind trotzend.


    Als er sich endlich aus dem Menschenstrom herausgekämpft hatte, atmete er erleichtert auf.
    Er öffnete seinen schwarzen Ledermantel und genoss den kühlen Wind, der über seine Haut strich.
    Es erfrischte ihn, ihm war noch nicht einmal richtig kalt.
    Dann schaute er auf eine kleine, vereiste Wasserpfütze zu seinen Füßen herab und erblickte dort einen etwas hageren, jungen Mann.
    Er besaß ein schmales, erwachsen wirkendes Gesicht, welches jedoch halb von dem wild herunterhängenden schwarzen Haar bedeckt wurde.
    Dadurch sah er statt ein Paar leuchtend blauer Augen lediglich ein einziges; das andere war hinter einigen dichten Haarsträhnen verschwunden.
    Aber dieses eine Fenster reichte bereits, um tief in die Seele dieses jungen Mannes hineinblicken zu können, auch wenn diese Seele erstaunlich tief war, sodass man nicht annähernd etwas über dessen Gefühle und dessen Gedanken hätte sagen können.
    Aber eines stand fest:
    dieser junge Mann war von Trauer und Traurigkeit erfüllt, welche andere Menschen daran hinderte, andere Gefühlsregungen oder gar Gedanken von ihm zu erkennen oder zumindest zu erahnen, sei es, weil er sie gut verbarg, oder sei es, weil er gar kein anderes Gefühl mehr kannte und nur noch in Gedanken der Trauer schwelgte.
    Alles, was er an Kleidung trug, war schwarz: die Hose war schwarz, die Lederschuhe schwarz, der Ledermantel schwarz;
    lediglich das T-Shirt, welches er unter seinem Ledermantel trug, war weiß,
    schneeweiß.


    Solus wandte seinen Blick wieder von dem Eis ab und schaute sich um.
    Dann ging er weiter durch die verschneite Innenstadt, nun jedoch nicht mehr mit der Menschenmasse, sondern Straßen und Wege wählend, die nicht so belebt waren.
    Er ging vorbei an Geschäften aller Art:
    Supermärkten, Kaufhäusern, Gemüseständen, Spielzeugläden, Kiosken,
    Baumärkten und vielen anderen.
    Und so verschieden die Geschäfte und deren Waren auch sein mögen, so
    waren doch alle ähnlich dekoriert.
    Überall hingen Weihnachtskugeln, Lichterketten, Lametta und überall thronten die Bilder eines alten, weißhaarigen Mannes mit weißem Bart, der in rot-weißer Tracht dargestellt wurde, neben bunten Tannenbäumen;
    vom ursprünglichen Grün der Tannen war nicht mehr allzu viel zu erkennen.


    Gedankenverloren streifte Solus durch die Stadt, bis er plötzlich von einem Schrei zurück in die Realität gerissen wurde:
    „Wirst du wohl endlich still sein! Ich habe gesagt, dass ich dir das nicht kaufen werde, und dabei bleibt es auch!“
    Mürrisch sah er sich nach der Person um, die ihn beim Nachdenken gestört hatte.
    Dies war nicht weiter schwierig, denn es blieb nicht bei diesem einen Schrei.
    Es folgten noch mehrere Flüche und weiteres Geschrei, sodass es Solus nicht weiter schwer fiel, den dafür Verantwortlichen zu finden.
    Nachdem er in eine etwas kleinere, dunkle Nebengasse eingebogen war, fand er endlich eine Mutter und ihre kleine Tochter, die zusammengekauert am Boden hockte.
    Die Mutter währenddessen schimpfte weiter und es schien eine Ewigkeit zu dauern, ehe sie schließlich für einen kurzen Augenblick damit aufhörte und ihr Kind eindringlich ansah, als ob sie jeden Moment zuschlagen könnte.
    Solus aber rührte sich nicht vom Fleck, sondern blieb seelenruhig einige Meter von den beiden entfernt stehen und beobachtete das Spektakel gebannt.


    Nicht, dass die beiden Menschen ihn interessiert hätten oder das Wohlergehen des kleinen Mädchens, denn wenn dem so gewesen wäre, hätte er sicherlich eingegriffen und geholfen; es faszinierte ihn vielmehr, wie dumm die Menschen doch waren. Immer wieder wird gesagt, wie wichtig Grundsätze wie Menschenwürde, Freiheit und was sonst noch alles seien.
    Immer wieder wird protestiert, wenn im Ausland irgendetwas geschieht,
    was diesen Grundsätzen nicht entspricht.
    Aber wie sah es mit solchen ‚Kleinigkeiten’, wie hier, aus?
    Überall herrschte Gewalttätigkeit, dies entging Solus nicht, und statt zu sinken, drohte die Rate der Gewalttätigkeit ins Unendliche zu steigen.
    Doch dies war für die Gesellschaft nur ein minderes Problem, wen interessierte es denn, wie sich des Nachbars Kinder entwickeln und verhalten, wenn doch gerade im Nachbarland wieder die Steuer erhöht wurde?
    Oder noch besser, wenn der Schauspieler X seine zweite Hochzeit feierte,
    diesmal auch noch mit Topmodel Y?
    Bei dem Gedanken an die törichten Menschen umspielte ein leichtes Lächeln Solus’ Lippen.


    „Hör auf, Mama!“, rief das kleine Mädchen verzweifelt.
    Mit einem Mal wurde Solus wieder aus seiner Gedankenwelt gerissen und er richtete wieder seine gesamte Aufmerksamkeit auf die Mutter und das kleine Mädchen.
    Das Kind saß weinend auf dem verschneiten Steinpflaster, die Hände schützend über den Kopf haltend, während die Mutter wie eine Furie eine schallende Ohrfeige nach der anderen verteilte.
    Ein junges Pärchen schritt zur gleichen Zeit durch die sonst verlassene Gasse, schaute einmal flüchtig zu den beiden herüber, und eilte dann an Solus vorbei aus der Gasse.
    „Du ungezogenes, kleines Biest!“, schrie die Mutter wutentbrannt und schlug nun richtig auf das wehrlose, am Boden liegende Kind ein.
    In diesem Augenblick begann sich etwas in Solus zu regen.


    Normalerweise wäre es ihm gleichgültig gewesen, was mit dem kleinen Mädchen geschehen würde, doch aus irgendeinem mysteriösen Grund verspürte er seit acht langen Jahren zum ersten Mal das Gefühl, wieder
    jemandem helfen zu müssen.
    Zunächst kämpfte er innerlich dagegen an, wollte es unterdrücken, sich abwenden, weglaufen.
    Doch dann erschienen Bilder vor seinem geistigen Auge, acht Jahre alte Bilder, voller Schmerz, Trauer, Wut, Hass und Verzweiflung.
    Plötzlich wusste er genau, was er tun musste.
    Sicher marschierte er auf die junge Mutter zu und packte ihre beiden Arme von hinten.
    Erschrocken drehte sie sich um und starrte Solus an.
    In ihrem Gesicht spiegelten sich zuerst Angst und Schrecken wider, doch
    schon bald wichen diese den Gefühlen der Wut und der Verachtung.
    „Fass mich nicht an!“, brüllte sie und versuchte, ihre Arme aus seinem Griff zu lösen, während das Mädchen ihn aus großen Augen ansah.
    Doch es war vergebens.
    Schließlich gab sie nach und allmählich begann sie sich zu beruhigen.
    Noch immer hatte Solus kein einziges Wort gesprochen.
    Die Mutter, eine recht muskulöse, aber doch nicht sehr brutal wirkende junge Frau, sank niedergeschlagen auf die Knie und murmelte:
    „Was bin ich nur für eine Mutter… es war ein Fehler, ein Kind zu adoptieren… ich bin anscheinend noch nicht bereit dafür…“
    Fassungslos starrte sie auf den dreckigen Schnee vor sich hin.
    Da ließ Solus sie allein und ging wieder, zumal sich das Gefühl und der Drang zu helfen mittlerweile gelegt hatten.

    Also schlenderte er wieder durch die Stadt zurück nach Hause.
    Dabei konnte er es allerdings nicht vermeiden, die große, aber überfüllte Hauptstraße zu benutzen, sodass er gegen den schier endlosen Menschenstrom ankämpfen musste, ehe er wieder in für ihn vertrautere,
    aber schäbigere Gegenden kam.
    Erleichtert darüber, fast zu Hause zu sein, beschloss er das letzte Stück nach Hause zu laufen und kam wenige Zeit später an einem kleinen, vierstöckigen Haus an.
    Nachdem er etliche Treppen hinaufgestiegen war, erreichte er endlich seine bescheidene Wohnung.
    Innen herrschte keine weihnachtliche Stimmung, es gab keine weihnachtliche Dekoration und überhaupt waren die wenigen Zimmer der Wohnung spartanisch eingerichtet.
    Die Küche war einfach gehalten und außer einem kleinen Tisch, zwei Stühlen, einem Herd, einer Spüle und einem Wandschrank fand man nichts darin vor.
    Ähnlich verhielt es sich im Badezimmer und im Schlafzimmer, stets war nur das nötigste an Mobiliar vorhanden, nicht mehr, nicht weniger.
    Das einzige, was man als überflüssig hätte bezeichnen können, wäre das kleine Radio auf dem Nachttisch im Schlafzimmer, das Solus immer nutzte, um sich auf dem Laufenden darüber zu halten, worüber die Menschen sprachen.
    Man hätte nie vermutet, dass bald Weihnachten gefeiert werden würde, wenn man hier in dieser Wohnung gelebt hätte.
    Das einzige, was an Weihnachten erinnerte, war der Kalender im Schlafzimmer, an welchem man ablesen konnte, dass in fünf Tagen Heiligabend sein würde.


    Entlastet ließ sich Solus auf sein Bett fallen und blieb eine Weile lang gedankenverloren liegen.
    Er würde für den Rest des Tages nichts mehr zu tun haben, obwohl er bereits zuvor nichts zu tun hatte.
    Eigentlich hatte er nämlich nie etwas zu tun, denn er war einer der vielen Tausenden, Zehntausenden, Millionen und Abermillionen von Arbeitslosen, die nichts zu tun hatten, sondern nur zu Hause herumsaßen, Bier in sich hineinkippten und sich Geld vom Staat schicken ließen.
    Nun, um genau zu sein, traf diese Beschreibung nur auf die Mehrheit zu, aber nicht auf ihn.
    Er war nur arbeitslos, aber er versuchte weiterhin Arbeit zu bekommen.
    Doch aufgrund verschiedener Gründe war dies nicht sehr einfach.
    An mangelnden Qualifikationen oder unzureichender Intelligenz lag es nicht, denn er war sehr klug, klüger als die meisten Menschen, vielleicht auch zu klug.
    Er machte den Menschen Angst, denn immer wieder hinterfragte er alles, erschütterte das sonst richtig erscheinende Weltbild der Menschen und besiegelte damit sein eigenes Schicksal, denn in dieser scheinbar toleranten, aber in Wirklichkeit doch keine Kritik vertragenden Gesellschaft konnte man es sich nicht leisten, seine Meinung stets preiszugeben.
    Ohne Lügen und Schmeicheleien kommt man nicht weit, das hatte er gelernt.
    Aber er wollte sich nicht beugen, er würde allen beweisen, dass er nicht ihre Hilfe brauchte, um etwas zu erreichen.
    Davon hat man bisher jedoch noch nicht allzu viel gesehen.


    Während Solus alleine dalag und in längst vergangenen Erinnerungen schwelgte, klingelte es ungewöhnlicherweise an der Tür.
    Ein unbeschreibliches Gefühl überkam ihn, als er aufstand und sich langsam in Richtung Tür bewegte, um sie zu öffnen.
    Er konnte nicht genau sagen, ob es ein gutes oder schlechtes Gefühl war, es war nur seltsam und fremd, aber zugleich schien es ihm so, als kenne er
    dieses Gefühl bereits, auch wenn es schon lange her ist, seit er es zum letzten Mal gespürt hatte.
    Er öffnete die Tür und seine Augen weiteten sich für einen Augenblick, doch im nächsten war er wieder ganz der Alte, gefühllos, kalt, fast unmenschlich.
    Zumindest wirkte er so.
    Vor ihm stand das kleine Mädchen, das er zuvor, man könnte eigentlich schon sagen, gerettet hatte, und es schaute ihn aus seinen großen Kulleraugen an.
    „Was willst du hier?“, fragte Solus barsch, doch der Kleinen schien das nichts auszumachen.
    „Ich… ich will hier bleiben! Bitte, lass mich hier bleiben!“, flehte das kleine Mädchen.
    Wieder überkam Solus dieses seltsam fremde, aber doch vertraute Gefühl, und zum ersten Mal seit acht Jahren wusste er nicht, was er tun sollte.
    Normalerweise hätte er sie, abgehärtet wie er war, einfach abgelehnt und zurückgeschickt, oder sogar einfach nur die Tür wieder geschlossen.
    Doch irgendetwas hielt ihn davon ab, etwas wie eine innere Stimme sagte ihm, dass er es bereuen würde, lehnte er sie jetzt ab.
    Noch bevor Solus etwas sagen konnte, lief das kleine Mädchen auf ihn zu und umarmte ihn, nun, eigentlich umarmte sie seine Knie, denn sehr viel größer war sie nicht, und sagte ihm mit Freudentränen in den Augen:
    „Danke, ich wusste, dass du ein gutes Herz hast.“
    Diese Aussage traf ihn wie einen Blitz, und er kniete sich hin, um die Kleine
    genauer betrachten zu können.
    Sie besaß strohblondes Haar und hatte noch ein kindlich rundes Gesicht, wie es kleine Kinder eben hatten.
    Aber dennoch wirkte dieses freundliche Gesicht auf ihn nicht wie all die anderen Gesichter, die er schon gesehen hatte.
    Die treuherzigen, großen, ungewöhnlich gelben Augen starrten ihn verunsichert an. Sie… diese Art… ihr Aussehen… das kann doch nicht sein, dass…?


    Plötzlich und unerwartet schloss er das Mädchen in seine Arme und schloss seine Augen.
    Für einen Augenblick glaubte er, etwas längst Verlorenes wieder gefunden zu haben, und in gewisser Weise sollte es auch wahr sein;
    er hatte in der Tat etwas wieder gefunden, was er für längst verloren geglaubt hatte.
    Mit einem Mal keimte in ihm wieder die Hoffnung auf, die für so lange Zeit dem Sterben nahe gewesen war.
    Schließlich löste er die Umarmung und sagte erstaunlich liebenswürdig:
    „Du kannst gerne bei mir bleiben. Aber was ist mit deiner Mutter?“
    Bei dieser Frage wurde er blitzartig gespannt und wartete beinahe ungeduldig auf die Antwort des kleinen Mädchens.
    „Meine Mutter hat es mir erlaubt.“
    Seine Enttäuschung über diese Antwort ließ sich Solus nicht anmerken, sondern nickte bloß.
    „Ich bleibe auch nicht lange… meine Mutter ist nur für Weihnachten weg und daher bin ich hierher gekommen.“
    So nahm das Schicksal seinen Lauf, und das kleine Mädchen, Aurelia, blieb bei Solus.
    Mit einem Mal hatte Solus wieder etwas zu tun, nämlich für Aurelia zu sorgen.


    Zunächst verhielt er sich distanziert, wusste oft überhaupt nicht, wie er sich verhalten sollte, denn er war es nicht gewohnt, dass Menschen so offen und ehrlich zu ihm waren wie Aurelia es war.
    Sie war noch rein und unschuldig, und genau dies beruhigte und beunruhigte ihn zugleich.
    Aber nichtsdestotrotz waren sie bald einander vertrauter und noch vor Heiligabend waren sie mindestens genauso Vater und Tochter wie Freund und Freundin.
    Aurelia schaffte es sogar Solus dazu zu überreden, zu zweit eine kleine Weihnachtsfeier zu veranstalten.
    In wenigen Tagen hatte sich die spärlich eingerichtete Wohnung von Solus, in der zuvor nichts von Weihnachten zu spüren war, in ein gemütliches Zuhause verwandelt, das zumindest ansatzweise wie fast jedes andere Haus und fast jede andere Wohnung weihnachtlich geschmückt war.
    So stand in der Ecke des Wohnzimmers ein kleiner Tannenbaum, behangen mit Lametta und Weihnachtskugeln, einzelne, von Aurelia gemalte Weihnachtsbilder zierten die sonst leeren, weißen Wände der Wohnung, und eine kurze Lichterkette baumelte an dem Fenster, sodass selbst dann hell war, wenn die Nacht bereits hereingebrochen und die anderen Lichter allesamt ausgeschaltet waren.


    An Heiligabend schließlich saßen Solus und Aurelia zusammen in der Küche, während die fette Weihnachtsgans munter vor sich hin brutzelte.
    Dabei fiel Aurelia zum ersten Mal auf, dass Solus eine Kette um den Hals trug, die sich aufklappen ließ.
    Ohne zu fragen griff sie nach der Kette und öffnete sie, sodass ein kleines Foto darin zum Vorschein kam.
    Jeden anderen hätte Solus für diese Frechheit geschlagen, seine Kette anzufassen, denn sie war sein größter Schatz;
    nicht aber Aurelia, denn auch sie war für Solus etwas Besonderes geworden.
    Auf dem Foto war eine junge Frau, eher ein Mädchen, abgebildet, die dem Betrachter charmant entgegenlächelte.
    Sie hatte bernsteinfarben leuchtende, gelbe Augen, ihr Gesicht war ebenso schlank und elegant und schön, wie der Teil ihres Körpers, den man sehen konnte.
    Lange, goldblonde Haare fielen ihr über die Schultern, einzelne, lange Haarsträhnen fielen ihr ins Gesicht und ließen sie noch schöner wirken.
    „Solus, wer ist diese hübsche Frau?“, fragte Aurelia auf eine so unschuldige, aber doch niedliche Art und Weise, dass er ihr einfach ntworten musste.
    „Das ist… meine Freundin.“
    „Ah, so wie wir?“, fragte Aurelia weiter.
    Solus seufzte.
    „Nein, nicht ganz. Wir waren… haben uns geliebt.“
    „Lieben wir uns denn nicht?“, wollte sie wiederum wissen, und diesmal musste Solus schmunzeln.
    „Doch, natürlich tun wir das… aber bei ihr war es eine andere Art von Liebe, verstehst du?
    So wie dein Papa deine Mama liebt.“
    Aurelia nickte fröhlich, aber sie schien es dennoch nicht ganz verstanden zu haben.
    „Aber wo ist denn diese hübsche Frau jetzt?“
    Solus hatte diese Frage bereits kommen sehen und musste sich zusammenreißen, um seine Trauer zu verbergen.
    „Sie ist jetzt im Himmel, da, wo alle guten Menschen später hinkommen.“
    Das Mädchen wirkte überrascht.
    „Oh, dann kann ich sie ja gar nicht mehr kennen lernen?“
    „Nein, leider nicht… aber sie war ein guter Mensch, genauso wie du.“
    Er stupste ihre kleine Nase an, woraufhin sie zu kichern begann.
    „Solus? Aber warum ist sie eigentlich im Himmel?“
    Jetzt war er endgültig überfordert und musste eine Weile nachdenken, ehe er ihr langsam zu antworten begann:
    „Weißt du, vor acht Jahren… da war ich mit meiner Freundin sehr glücklich zusammen, und wir erwarteten ein Baby…“
    „Ein Baby?“, rief Aurelia aufgeregt. „Ich mag Babys!“
    Solus lächelte kurz und fuhr dann fort:
    „Aber die Eltern von ihr waren dagegen, und dann hat die Mutter von ihr etwas ganz Böses gemacht.
    Deswegen ist sie in den Himmel gegangen.“
    Aurelia schwieg eine Weile betroffen, als ob sie verstanden hätte, was sich zugetragen hatte, doch dann erwiderte sie fröhlich:
    „Ich verstehe das zwar nicht ganz, aber das ist jetzt auch nicht so wichtig.
    Jetzt feiern wir erst einmal Weihnachten!“
    Solus lächelte und deckte den Tisch;
    anschließend aßen die beiden das kleine Weihnachtsfestmahl.
    „Weißt du was, Aurelia? Du erinnerst mich sehr an meine Freundin von damals.“
    „Wirklich?“, erwiderte sie freudig.
    „Vielleicht werde ich auch mal so hübsch wie sie!“
    „Bestimmt…“, murmelte er.


    Nachdem sie satt waren, saßen sie zusammen auf dem Bett vor dem kleinen Weihnachtsbaum.
    „Hier, das ist für dich“, sagte Solus und reichte dem kleinen Mädchen ein großes Geschenk.
    „Oh, das ist aber toll! So ein großes Geschenk habe ich noch nie bekommen!“
    Er lächelte, als sie das Geschenk sorgsam aufmachte, indem sie das Geschenkpapier vorsichtig entfernte.
    Dabei wirkte sie nicht so gierig wie all die anderen Kinder, die das Geschenkpapier in Windeseile einfach aufrissen, sondern ließ sich Zeit und
    umarmte Solus glücklich, als ein riesengroßes Plüschtier in Form eines Delphins zum Vorschein kam.
    „Ich liebe Delphine“, erklärte Aurelia, woraufhin Solus leise flüsterte:
    „Ich weiß, als achtjähriges Mädchen hatte sie diese auch immer geliebt… bis zum Ende…“
    Doch Aurelia hörte ihn nicht, denn der Abend war schon recht fortgeschritten und es dämmerte bereits, sodass Solus sie nur noch ins Bett legte.
    Kurz bevor sie einschlief, sagte Solus:
    „Morgen werde ich mit deiner… Mutter… reden. Dann sehen wir weiter, gut?“
    Aurelia bewegte ihren schweren Kopf leicht, was er als Kopfnicken deutete.
    „Gute Nacht, Solus“, wünschte sie ihm noch mit halbgeschlossenen Augen, die in der Dunkelheit wie zwei leuchtende Lichter funkelten.
    „Du kannst mich ab jetzt immer Jurgen nennen.“
    Kurz nachdem sie dies vernommen hatte, fiel sie in einen tiefen Schlaf.
    So wie sie mich immer genannt hat… mein wahrer Name…
    Dann legte auch er sich schlafen.

  • Hat mir auf jeden Fall wieder gefallen, sogar mehr als die andere.
    Vom Schreibstil her besser, längere Sätze, schöner geschrieben. Und auch von der Story her eher mein Ding, auch wenns leicht irritierend ist, dass die Mutter ihr Kind einfach so nem wild fremden Typen anvertraut, kurz nachdem sie diesen "Zusammenbruch" hatte.. aber egal, hat trotzdem spass gemacht zu lesen ^^


    Zur Form: Ich mach(t)e es so, dass ich halt alles normal in Word geschrieben habe, und sehr viele Absätze gemacht habe, immer dann wenn es vom Zeitpunkt halbwegs passend ist. und halt immer, wenn ein Block abgeschlossen ist, ne Freizeile... so kann man imo die Form hier fast ertragen ;) (Aber warte lieber auf Leute, die selbe rnoch aktiv schreiben, die können da vlt besser helfen xD)

  • Zitat

    Original von -Sinthoras-
    Hat mir auf jeden Fall wieder gefallen, sogar mehr als die andere.
    Vom Schreibstil her besser, längere Sätze, schöner geschrieben.


    Ja, das denke ich auch. :)


    Zitat

    Und auch von der Story her eher mein Ding, auch wenns leicht irritierend ist, dass die Mutter ihr Kind einfach so nem wild fremden Typen anvertraut, kurz nachdem sie diesen "Zusammenbruch" hatte.. aber egal, hat trotzdem spass gemacht zu lesen ^^


    Das ist eine der Stellen, wo ihr eure Phantasie einsetzen solltet. ^^


    Übrigens... du scheinst nicht bemerkt zu haben, was "zwischen den Zeilen" steht bzw. auf welche Tatsache sehr viele Andeutungen gemacht worden sind? :P
    Oder hast du es nur nicht geschrieben? ^^


    Zur Form:
    Na ja... ich hab' hier nach - glaube ich - jedem Satz (xD) einen Absatz gemacht. Word ist da irgendwie viel praktischer, weil das da auch ohne zu viele Absätze schön und gut leserlich aussieht. *seufz*

  • Die Geschichte ist zwar sehr alt (2008) aber mir hat sie gefallen.