Warum Pendulum Monster schlecht designed sind


Wer meine Artikel regelmäßig verfolgt, wird vermutlich schon bemerkt haben, dass ich mich öfters gerne mal über Konami auslasse. Vor einigen Wochen habe ich schon einmal einen Artikel über die neuen Pendulum Monster veröffentlicht, damals hielt sich meine Kritik in Grenzen. Aus gegebenem Anlass wird es deshalb höchste Zeit diese nachzuholen, denn ohne Zweifel sind die tollen neuen Karten das größte Eigentor, dass sich Konami bisher geleistet hat und nach Denkaussetzern wie Sechster Sinn oder Magiebuch des Urteils soll das schon was heißen.


Mit schwarzen und weißen Karten zum Farbfernsehen


Doch bevor wir uns in Getümmel stürzen ein kurzer Exkurs in ein Gebiet, in dem Konami ausnahmsweise sogar einmal sinnvolle Entscheidungen getroffen hat (!). Erinnern wir uns an das Farbfernsehen: Während man damals zwar schon gute Filme in schwarz-weiß gucken konnte, wurde dem Zuschauer mit Einführung des Farbfernsehens auf einmal viel mehr geboten, ohne dabei die grundsätzlichen Züge des Fernsehers zu verändern. Er gab noch immer Bild und Ton wieder und wurde lediglich insofern erweitert, als dass er nun auch Farben darstellen konnte.


In der gleichen Weise erweiterten auch Synchro- und XYZ Monster das Spiel. Sie ersetzten oder zerstörten keine grundsätzlichen Mechaniken des Spiels, wie Normal- und Spezialbeschwörungen oder Monsterstufen, sondern erweiterten diese lediglich. Bevor es die schwarz-weißen Karten gab, hatten Level kaum eine Bedeutung. Zwar brauchte man für Monster der Stufe fünf oder höher ein Tributmonster und für Monster der Stufe sieben oder höher zwei, doch war es sonst weitestgehend unerheblich, ob ein Monster nun zwei, drei oder vier Sterne hatte (von einigen Karten wie Stufenbeschränkungsgebiet B oder Metamorphose und den kaum genutzten Ritualbeschwörungen mal abgesehen). Ob ich nun zwei Stufe drei Monster oder zwei Monster mit verschiedenen Stufen auf dem Feld hatte, war komplett egal.


An diesem Punkt setzten zuerst die Synchros und später auch die XYZ Monster an. Sie nahmen sich zwei bisher wenig genutzte Aspekte des Spiels, Monsterstufen und das Extra Deck, und bauten diese aus. Mit Einführung der Synchromonster spielte es erstmals eine essentielle Rolle, welche Stufe die eigenen Monster hatten. So hatte man mit einem Stufe drei Monster und einem Stufe zwei Empfänger kaum Optionen im Extra Deck, während man über einen Stufe drei Empfänger stattdessen den damals wie heute sehr starken Goyowächter beschwören konnte.


Doch war das Potenzial der Monsterstufen noch immer nicht ausgeschöpft. Zwar spielten diese nun grundsätzlich eine Rolle beim Deckbau, doch waren sie noch immer unerheblich, solange kein Empfänger Monster mit im Spiel war. Auf einem Feld oder in einem Deck ohne Empfänger, kehrten Monsterstufen zu ihrer alten Bedeutung zurück, Sangan + Mezuki war gegen einen Urteilsdrachen genauso nutzlos wie Sangan + Spirit Reaper. Ein Problem, dass die XYZ-Monster lösten, indem sie Monsterstufen in jedem Deck, auch in Decks ohne Empfänger, eine Bedeutung gaben.


Auch der Deckbau wurde mit Einführung von XYZ und Synchros diversifiziert. Während sich Decks früher vor allem durch ihre „Bossmonster“ definierten, war es nun auch möglich „Toolbox“ Decks zu bauen, die auf ein starkes Extra Deck zurückgreifen konnten - ein schönes Beispiel dafür war zum Beispiel das „Tengu Plant“. Zusätzlich brachten beide Monsterarten, vor allem die XYZ Monster, eine neue Spieltiefe. Früher kam es oft vor, dass ein Spieler zwar haufenweise Monster auf dem Feld hatte, diese aber letztendlich alle nutzlos waren, da sie keine Antwort auf die Karten des Gegners boten. Inzwischen ist das Extra Deck mit Karten wie Number 101: Silent Honor Ark stark genug worden, sodass solcherlei Szenarien nicht mehr denkbar wären. So gilt es heutzutage stets abzuwägen, welche Optionen der Gegner in seinem Extra Deck haben könnte, um diese zu umspielen – eine Tiefe, die das Spiel früher nicht hatte.


Wir fassen zusammen: Eine Mechanik, die vorher wenig genutzte Spielelemente sinnvoll integrierte, das Spiel diversifizierte und ihm zusätzliche Tiefe verlieh – doch wie sieht es bei den Pendulum Monstern aus?


Der Hammer im Farbfernseher


Bleibt man im Bild des Farbfernsehens sind die Pendulum Monster mehr der Hammer im Bildschirm, statt eines HD Upgrades. Synchro- und XYZ Monster bauten wie das Farbfernsehen auf bestehenden Mechaniken auf, während Konami nun eine völlig neue Mechanik einführt, welche die aktuellen Mechaniken weder braucht, noch erweitert, stattdessen werden sie vielmehr umgangen und egalisiert. Zwar versucht Konami mit den „Pendulum Scales“ und der Möglichkeit zerstörte Pendulum Monster aus dem Extra Deck zu beschwören bestehende Mechaniken irgendwie einzubauen, doch wirken diese mehr wie ein verzweifelter Versuch eine sonst komplett vom Spiel losgelöste Mechanik noch irgendwie zu integrieren, als eine sinnvolle Ergänzung. Davon abgesehen tritt die Pendelbeschwörung bisherige Regeln und Mechaniken mit Füßen:


„Es gab mal eine Regel, die besagt, dass man Monster der Stufe 5 oder Höher nur per Tribut auf's Feld bringen kann? Kein Problem, mit der neuen Pendelbeschwörung könnt ihr sie alle einfach so auf's Feld klatschen!“


„Es gibt eine Normalbeschwörung? Egal, per Pendelbeschwörung kann ich ALLE meine Monster auf einmal auf den Tisch schmeißen.“


Ich möchte keinen Hehl daraus machen, dass es momentan, obwohl schon Pendulum Monster auf dem Markt sind, noch kein wirklich konkurrenzfähiges Deck gibt, welches diese auch nutzt, doch müssen wir nicht mehr lange warten, bis ein entsprechender Archtype im TCG erscheint: „Qliphoth“ nennt sich das gute Stück, noch im November dieses Jahres wird er bei uns spielbar sein. Es würde die Rahmen sprengen das Deck genauer vorzustellen, (guckt euch gegebenenfalls ein paar YouTube Videos dazu an) doch kann ich ihn kurz umreißen: Das Deck hat ein normales Monster, mit einem Pendeleffekt, der jede Runde ein anderes Monster des Archetypes aus dem Deck sucht. Da es ein normales Monster und außerdem der Stufe fünf ist, kann man es außerdem über Kunst des Beschwörers aus dem Deck suchen, sodass man es praktisch immer auf der Starthand hat. Alle anderen Monster des Decks sind ebenfalls der Stufe fünf oder höher, Pendelmonster und haben entweder eine Scale von eins oder neun – die Pendulumscales aufzusetzen ist von daher kein großes Problem. Das Ganze läuft anschließend darauf hinaus, dass man besagte Scales aufbaut und alle seine Qliphoths von der Hand auf's Feld haut. Entweder gibt man dem Gegner dann gleich einen OTK (die Qliphoths haben größtenteils >2000ATK) oder wartet darauf, dass er die Monster irgendwie vom Feld bekommt, um sie in der nächsten Runde dann alle wieder aus dem Extra Deck zu beschwören – wie spaßig!


Man wird sich im November wohl nur noch dunkel daran erinnern können, dass es beim YuGiOh mal um Ressourcen und Kartenvorteil ging, dass es womöglich mal problematisch war, wenn man mit fünf Monster in eine Spiegelkraft oder Reißender Tribut läuft. dass man möglicherweise mal Normalbeschwörungen brauchte und nicht alles auspendeln konnte. Die Qliphoths jedenfalls brauchen sie nicht, was Ressourcen und Normalbeschwörungen angeht, sind sie praktisch die direkten Nachfolger der Drachenherrscher, jedoch nicht aufgrund von vier kaputten Karten, sondern aufgrund einer komplett Kaputten Spielmechanik. Sie brauchen auch keine Spezialbeschwörungen (wenn man mal davon absieht, dass eine Pendelbeschwörung „offiziell“ auch als Spezialbeschwörung gilt), alles was sie brauchen ist eine Pendelbeschwörung, eine Beschwörung, mit der sie Runde für Runde das Feld fluten.


„Zieh, Pendelbeschwörung für 4-5 Monster, attack, go. Zieh, Pendelbeschwörung [...] – mit der Erweiterung von Spielmechaniken hat das wenig zu tun."


In meinem letzten Artikel sprach ich bereits darüber, was ein Format zu einem guten Format macht, ein Aspekt war dabei „langsames Tempo/keine unfairen Kombos“, sprich langsame „grind games“. Die gesamte Pendulum Mechanik, mit der sich in einem Zug problemlos mehrere Monster beschwören lassen, sorgt jedoch für das komplette Gegenteil, macht das Spiel noch explosiver und sorgt für mehr OTKs. Letztendlich führt dies nicht zu dem, was das Spiel eigentlich ausmacht: Viele Züge mit viel Interaktion, sondern stattdessen zu schnellen OTK Zügen in Solitär Manier.


Schlusswort


Ein neuer Anime wird released, eine neue Spielmechanik muss her, um selbigen zu bewerben, koste es, was es wolle. Das mag aus Sicht eines Marketingbeauftragten eine super Idee sein, ist jedoch absolut schädlich für das Spiel. Schaut man sich Konamis Haltung der letzten Jahre an, ist dies zwar nichts Neues, immer wieder wurde das Spiel zugunsten von Profit vernachlässigt, doch setzen die Pendulum Monster dem ganzen die Krone auf. Für die Szene kann man nur hoffen, dass das Spiel trotzdem attraktiv bleibt, für mich sind die Pendulums für das Spiel ein neuer Tiefpunkt in Sachen Spieldesign, schade!


Hinterlasst mir gerne eure Meinung im Diskussionsthread.


Bis zum nächsten Mal,


~ Scarx



Antworten 107

  • Schön das es mal jemand so gut auf den Punkt bringt.
    Die von dir beschriebenen Züge haben nichts mehr mit dem Spiel zu tun, wie wir es kennen. Neuerungen sind an sich nicht schlecht, sie steigern die Komplexität des Spiels und und gestalten es facettenreicher. Die große Befürchtung die man zu den Pendelbewschwörungen jedoch noch ergänzen kann ist, dass dies erst der Anfang ist. Sowohl bei Synchros als auch bei Exceeds, sind nach der Zeit immer stärkere Karten herausgekommen, wenn Konami das bei den Pedulums fortsetzt, dann ist die eigentliche Idee vom Spiel bald komplett erloschen.
    Im Grunde sollte die Spielergemeinde komplett dagegen rebellieren, ansonsten bleibt nur die Hoffnung, dass Konami es einsieht und für die nächsten Jahre nur Pendelkarten kreiert, die mäßig stark sind, bzw. bei denen man sich vlt. auf die Flexibilität der Nutzung, demnach entweder als Monster oder als Zauber, vertieft.


    Trotz der ganzen Aufregung ein toller Artikel ;)

  • Wer mal gegen Quilphoth gespielt hat, der weiß genau, was du meinst. Es ist als ob man mit einem YuGiOh Deck gegen ein Deck aus einem völlig anderen TCG antritt. Ich fand die Einführung von Synchros und XYZ genial, Pendulums jedoch sind total dämlich und wirken völlig aus der Luft gegriffen. Visuell komisch designt, extra neue Felder auf dem Spielfeld, eine total andere Spielmechanik... mich lassen die ganzen Pendulum Monster/Zauber komplett kalt. Ich hoffe einfach, dass sich diese Decks und Karten nicht in der competitive Szene durchsetzen können, aber wie man Konami so kennt, wird da dann im Notfall mit broken Shit ordentlich nachgeholfen. Und wenn man sich mal Quilphoth und andere neue Pendelmonster so anschaut, sehe ich schon schwarz. Ich will in einem Jahr nicht gezwungen sein, selber Pendulums zu spielen oder andauernd dagegen spielen müssen...


    Guter Artikel.


    MfG

  • [...] Visuell komisch designt, extra neue Felder auf dem Spielfeld [...]


    Allein schon das es für die Pendulums extra neue Felder auf dem Spielfeld und ein komplett anderes Kartenlayout geben musste, zeigt, wie weit die Mechanik vom ursprünglichen Spiel entfernt ist.


    Was Qilphoth angeht bringst du's auf den Punkt: Es fühlt sich schlicht nicht mehr wie YuGiOh an, wenn ein Spieler Runde für Runde das Feld mit Monstern aus seinem Extra Deck zuspammt ohne dafür Ressourcen aufzuwenden, eine Normalbeschwörung o.Ä. zu machen...

  • Was mich vor allem besorgt: Welches der momentanen guten Decks im Tcg hat eine Chance gegen ein Deck, welches jede Runde locker 4 Montser beschwören kann?


    HAT? Denen gehen die Ressourcen nach 2-3 Runden aus
    Geargia? Das selbe wie bei HAT
    Dragon Ruler? Solange die auf 1 rumlungern sind sie bei uns noch brauchbar aber denen gehen die Drachen auch zu schnell aus
    Mermail? die müssten auf OTK spielen aber mit nur einer gunde und einem Tidal braucht das Set-up zu lange... danach gehen die ressourcen flöten.


    Es läuft praktisch alles darauf hinaus, dass dieses "unendliche" gespamme von Montsern aus der Hand und aus dem Extra Deck jeden Zug zu viel ist... 1 TT, 1 warning, 1 eva und noch ne bth (die beste von allen gegen pendulum btw) sind zu wenig...


    Ich seh vielleicht noch Madolches, die eine chance haben, da sie mit schloss und ticket ständig Monster auf der Hand haben... wo es früher einer Party von nöten war, kann wohl jetzt die pendulum summon das swarmen übernehmen.




    Aber trotzdem werden fast alle Decks vernichtet... und das nicht auf Grund eines Decks das man auf die Liste setzen kann, sondern wegen einer Mechanik die wohl für immer bleiben wird.

  • Schöner Artikel, habe letztens 2x gegen Qliphoth gespielt. Mein Erfahrungsbericht:
    Mit Mermail gingen mir die Ressourcen aus, wie Medicate es gesagt hat, mit Dark World konnte ich knapp gewinnen, da der Grapha glücklicherweise noch genug ATK hatte, aber da dieses "Themendeck" nur aus Maschinen besteht, kann man sich vorstellen, welche Quick Spell perfekt ins Deck hineinpasst...


    Da die aber noch ein richtig mächtiges Bossmonster bekommen, das von allen gegnerischen Karteneffekten unberührt werden wird, wird auch Grapha keine Chance gegen die haben.
    Da wird zukünftig auch JD nichts mehr bringen.


    Mein Wort
    R.I.P Yugioh...

  • Anfangs gefiel mir das Design der Qliphots noch, aber mittlerweile ist einfach offensichtlich, dass bei der Erstellung nirgendwo an Balance gedacht wurde. Das Thema wäre weitaus weniger broken, wenn man anstelle der Restriktion "Nur Qliphoths pendelbeschwören" auf alle Karten einfach "Kann keine Karten aktivieren oder beschwören, die nicht Qliphoth im Namen haben". Dann wäre es immer noch stark, aber man wäre wirklich auf die themeninternen Karten angewiesen, anstelle den Blödsinn mit Entermate Trampolynx, Odd-Eyes Pendulum Dragon und Skill Drain abziehen zu können.


    Gerade letztere beide werden übrigens über kurz oder lang Kandidaten für die Bannedliste sein. Odd-eyes wird für viele Pendeldecks zum Sangan, den man später als Beatstick zurückholen kann. Decks, die viele Pendelmonster unter 1500 ATK spielen, können mit ihm einfach alles suchen. Skill Drain wird dafür von jedem Deck abused werden, das mittels Pendelbeschwörung mehrere 2000+ Monster ausm Extra Deck holen kann.


    Ich war nach den Änderungen anfangs dieses Jahres sogar versucht, ins aktive Spiel zurückzukommen, da es wirklich so aussah, als würde Konami die Pendelmonster langsam einführen und allgemein ein breiteres Meta erlauben. Und jetzt wird doch einfach ein über alles brokene Deckthema nach dem nächsten reingeworfen, damit wir direkt wieder denselben Zustand wie vor einem Jahr haben.

  • Hier stand mal was

  • Da ich das Qilphoth Deck nicht kenne: Woher nehmen die denn die Resourcen, um jede Runde eine Pendelbeschwörung hinzulegen? 1x Starthand und max. 4 Monster, dann sollte die Hand leer sein. Oder liegt es daran, dass die zerstörten Pendelmonster immer wieder auf's Extra Deck gelegt werden von wo aus sie wieder beschworen werden können?

  • Es ist einfach nur krank....Ich denke mir jedes mal bei einem OP-Deck "ok schlimmer kanns echt nicht mehr werden"...das war bei Tengu Plant, bei Windup mit dem Handloop, Dino rabbit und Dragon Ruler so.....Nur Pendulums setzen dem wirklich nochmal die Krone auf.
    Ich weiß echt nicht was sich dabei gedacht wurde. Die Qilphoths sinde echt krank und ich frage mich, wo da der Spielspaß bleibt.....der bleibt wohl leider auf der Strecke...

  • Da ich das Qilphoth Deck nicht kenne: Woher nehmen die denn die Resourcen, um jede Runde eine Pendelbeschwörung hinzulegen? 1x Starthand und max. 4 Monster, dann sollte die Hand leer sein. Oder liegt es daran, dass die zerstörten Pendelmonster immer wieder auf's Extra Deck gelegt werden von wo aus sie wieder beschworen werden können?

    Zitat

    daran, dass die zerstörten Pendelmonster immer wieder auf's Extra Deck
    gelegt werden von wo aus sie wieder beschworen werden können

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