Varianz und Schwarz-Weiß-Engines

Willkommen zu meinem 7. Artikel. Vorweg entschuldige ich mich für den Aussetzer vor zwei Wochen. Dazu entschied ich mich, da ich sehr viel mit Uni zu tun hatte. Ich werde natürlich versuchen, möglichst selten eine Woche zu pausieren, kann es aber schlecht einschätzen.


Heute geht es um etwas, was ich in diesem Artikel als Schwarz-Weiß-Engines bezeichne. Allgemein sind das Engines, die nicht essentiell für ein Deck sind, jedoch ein Deck in bestimmten Punkten verstärken. Charakteristisches Problem solcher Engines ist, dass sie mehr Platz im Deck erfordern, als erwünscht und damit ein Deck quasi gleichzeitig schwächen und stärken. Schwarz-Weiß-Engines gibt es heutzutage zuhauf und sie sind meist relativ beliebt gewesen, wenn auch umstritten. Beispiele wären Genex Undine + Genex Controller, Speedroid-Engine oder die heutige Gemknight-Engine im Monarchendeck. Auch kleinere Splashs anderer Archetypes ähneln solchen Engines stark, weil dann in der Regel die wenigen kombolastigen Karten tot sind, alleine gezogen. Das wäre z.B. Eine HERO/Dark Law-Engine.


Allgemeiner Standpunkt



Man kann selbstverständlich nicht pauschalisieren, da die Bedingungen völlig verschieden sein können. Manchmal lohnen sich also Schwarz-Weiß-Engines mehr, oder auch weniger. Unterm Strich bin ich aber eher gegen Schwarz-Weiß-Engines. In jedem Fall werden sie die Varianz meines Decks erhöhen. Die Varianz (mathematisch) meint das Maß der Abweichung vom Durchschnitt. In Yugioh wäre das z.B. die Abweichung von der Durchschnittsstarthand. Wie der Name schon sagt gibt es eine weiße Teilkomponente, die zum Ziehen sehr erwünscht ist, sonst würde man die jeweilige Engine wohl gar nicht erst spielen. Ich nehme die Genex-Engine als Paradebeispiel dieses Artikels, und hier wäre es natürlich Genex Undine. Die schwarze Teilkomponente wäre Genex Controller, die natürlich zum Ziehen unerwünscht ist.


Erfolg, also vor allem Turniertops, benötigt das Gewinnen von rund 80% der Matches. Deswegen geht Konstanz vor dem Eröffnen der Möglichkeit, besonders überdurchschnittlich zu ziehen. Es wird mir nichts bringen, wenn dafür viel mehr Hände unspielbar sind und demnach besonders viele Spiele entweder haushoch gewonnen, oder verloren werden. Ideal wäre rein theoretisch immer dieselbe Starthand, die zwar nicht außergewöhnlich broken ist, aber ausreichend, um konstant zu gewinnen. Solche Engines aber ziehen quasi die Starthände vom Durchschnitt aus in beide Richtungen auseinander. Man kann es sich auch gut vorstellen mit einer Funktionskurve, bei der jeder Funktionswert die Qualität einer zufälligen Starthand darstellt. Umso mehr Varianz ich habe, desto mehr wird diese Kurve nach oben, aber auch nach unten reichen. Diese Sprünge nach unten würden für unnötig verlorene Spiele sorgen. Für mich sind Schwarz-Weiß-Engines an sich also etwas nicht Optimales und es sollte stets gut überlegt werden, ob solch eine Engine sich wirklich lohnt.


Kriterien


In diesem Teil des Artikels behandle ich einige Anhaltspunkte, die beeinflussen, ob sich eine Schwarz-Weiß-Engine lohnt oder nicht.


Notwendigkeit


Jede Schwarz-Weiß-Engine verbessert mein Deck in bestimmten Punkten, z.B. Konstanz, Schutz, Win-Optionen oder sonstwas. Dazu sollte man sich bewusst machen, welche das überhaupt sind. Falls diese Punkte zur Genüge ohne die Engine erfüllt werden, hat die Engine natürlich wenig Sinn. Decks ohne Schwarz-Weiß-Engines sind per se optimaler als Decks mit solchen, da ihre Varianz geringer ist und somit konstanter Matches gewonnen werden können.


Spielbarkeit der schwarzen Komponente


Die schwarze, also unerwünschte Komponente, ist natürlich diejenige, die die Varianz nach unten zieht. Dabei kann es aber unterschiedlich sein, ob und wie spielbar sie denn ist. Ist sie immer gut spielbar, braucht man sich um die Engine wohl gar keine Gedanken mehr zu machen, hat dann aber sowieso keine wirkliche Schwarz-Weiß-Engine. Es ist ein grosßer Unterschied, ob sie so gut wie tot ist, oder zumindest irgendwie nützlich verwendet werden kann. Damit ist die Gemknight-Engine (bestehend aus Brilliant Fusion und Gem-Knight Garnet) schonmal stärker in LVL4-basierenden Decks als anderswo, da die schwarze Komponente, in dem Fall der Vanilla-Gemknight, als Material für Xyz oder Synchros verwurstet werden kann. Genauso sind Star Seraphs stärker im Shaddoll-Deck, da sie notfalls ganz einfach fusioniert werden können als "Lichtfutter". Im Satellarknight-Deck ist die Synergie geringer, man hat zu viele Normalbeschwörungen und Star Seraph Sovereignty ohne Star Seraph Scepter wird so gut wie tot sein. Die Spielbarkeit dieser Engines ist also auch entscheidend vom Deck abhängig, in welches sie integriert ist.


Proportionen


Dieses Kriterium beschreibt einfach nur das Verhältnis der Anteile zwischen weißer und schwarzer Komponente. Ein Splash aus Rescue Rabbit und 3x Evilswarm Heliotrope ist eher Schwachsinn, da wir ein 1:3 Verhältnis haben. Umso mehr dieses Verhältnis aber auf der weißen Seite gewichtet ist, desto weniger Varianz wird es auch geben. 50/50 Ratios würde ich immer noch kritisch gegenüber stehen. 3:1-Ratios sind fast das angenehmste, selbst wenn die schwarze Komponente eher schwach spielbar ist. Deswegen findet sich die Speedroid-Engine aus 3x Speedroid Terrortop und 1x Speedroid Taketomborg auch in so gut wie jeder PK- oder BA-Variante. Es ist oft ein Dilemma, wenn Sachen dafür sprechen, die schwarze Komponente häufiger zu spielen. Ein 2. Speedroid Taketomborg oder 2. Genex Controller erhöhen die Ressourcendecke für mehr unerwünschte Draws. In solchen Fällen ist es meist am entscheidendsten, wie lange die Spiele dauern. Heutzutage dauern Spiele öfter mal nur wenige Runden, also nimmt man lieber die ressourcenschwächere Variante, beispielsweise 3 Brilliant Fusion und nur 1 Gem-Knight Garnet, um die Qualität der Starthand zu maximieren, unabhängig vom Grindgame.


Suchbarkeit


Besonderen Stellenwert erhält eine Schwarz-Weiß-Engine, wenn sie suchbar ist. Damit steht sie unabhängig von Draws zur Verfügung und hebt sich deutlich ab von Engines wie Star Seraphs, bei denen einfach nur gehofft wird, etwas passend zusammenzuziehen. Auch hier ist die Genex-Engine im Mermail/Atlantean das beste Beispiel. Die Genex Undine ist suchbar durch Mermail Abysspike, der wiederum suchbar ist durch Mermail Abysslinde, Mermail Abyssteus und Abyss-Sphere. Auch wenn mit Genex Controller eine außerordentlich ungünstige schwarze Komponente vorhanden ist, lohnt sich die Engine aufgrund der Suchbarkeit. Mit Genex Undine wurde das Bindeglied zwischen Mermail und Atlantean geschaffen, bzw Moulinglacia the elemental Lord über Atlantean Dragoons.


Regeländerungsidee zur Eindämmung von Varianz



Varianz existiert in so gut wie jedem Deck, denn wenn alle Starthände gleich wären, wären wir nicht in Yugioh. Anstatt Satellarknight Altair will ich natürlich Satellarknight Deneb ziehen, und statt Drachenvanillas lieber Draco Face-Off. Meiner Meinung sind Decks mit geringer Varianz unterm Strich denjenigen Decks mit mehr Varianz überlegen. Decks wie Dragon Ruler, Nekroz oder BA weisen eher geringe Varianz auf und waren extrem erfolgreich. Es wäre interessant, wenn man die Varianz ein wenig mindern könnte. Vor allem Decks mit einer oder mehreren Schwarz-Weiß-Engines hätten so etwas bitter nötig. Synchros und Xyz waren in der Hinsicht schon eine bedeutende Evolution, da Extradeck-Monster als Win-Optionen es ermöglichten, Decks viel anspruchsloser zu bauen, dementsprechend stabiler und mit viel weniger Varianz. Mechaniken wie Fusionen, Rituale und Tributbeschwörungen sind im Vergleich vollkommen rückschrittlich, und um sie spielbar zu machen, hat Konami keine andere Wahl, als entsprechend brokenes Zeug zu entwerfen.


Wie auch im letzten Artikel werde ich im Folgenden eine Regeländerung beschreiben. Ich bin natürlich nicht Konami, also ist das alles nur Theorie, aber im Diskussionsthread könnt ihr dazu eure Meinung äußern.


Die Idee besteht darin, das Extradeck auch auf Maindeck-Karten zu erweitern. Dies ändert nichts daran, dass immer noch 40 Karten im Maindeck gespielt werden müssen. Es besteht jedoch die Option, Extradeck-Slots für Maindeck-Karten zu verwenden. Diese werden sich nicht von Maindeck-Karten unterscheiden, denn jede Karte, die irgendwie gezielt auf das Deck zugreift, sei es auf die Hand nehmen, auf den Friedhof legen, spezialbeschwören oder sonst etwas, werden auf das Extradeck zugreifen können (aber keine Synchros, Xyz, etc). Der einzige Unterschied wäre also, dass solche Karten nicht gezogen werden können. Im Mermail könnte man dann beispielsweise 40 Karten im Maindeck spielen (Minimum) und 15 Extradeck-Karten, davon 13 Synchros/Xyzs und 2 Genex Controller. Um damit Extra-Deck-unabhängige Decks nicht zu sehr zu übervorteilen, könnte man ein Limit der Maindeck-Karten im Extradeck setzen, z.B. 5 Karten. Hierzu muss man jedoch anmerken, dass Extra-Deck-unabhängige Decks sowieso schon unter höherer Varianz leiden als Extra-Deck-basierende Decks wie BA oder PK. Daher würde das dem Extra-Deck auch denjenigen Decks Bedeutung schenken, denen es zuvor eher irrelevant war, wie Kozmo.


Nahezu jedes Deck hat bestimmte ungünstige Draws und meiner Meinung sind auch diejenigen Spiele uninteressant, die entschieden werden, indem ein Spieler 1-2 Karten auf der Starthand hatte, die dort besonders unbrauchbar waren. Der Wegfall von bis zu 5 solcher Karten könnte diese Spiele stark dezimieren und dementsprechend die Spiele umso interessanter machen.


Fazit


Wie man sieht, können Schwarz-Weiß-Engines sehr hilfreich sein, oder auch unbrauchbar, je nach Deck und Bedingungen. Wenn jedoch etwas beim Deckbau zweimal überlegt werden sollten, dann zweifellos die Schwarz-Weiß-Engines. Schließlich erhöhen sie die Varianz am meisten, was für konstanten Turniererfolg unünstig ist.


Ich freue mich auf Verbesserungsvorschläge, Meinungen und Feedback!

Antworten 3

  • Vielleicht kommt es nur mir so vor, aber es wirkt für mich so als ob der Part "Regeländerung" dafür da ist um den Text etwas mehr für Casuals schmackhaft zu machen xD


    Ansonsten netter Artikel, mich würde da auch interessieren wie du derzeit FK Island in Kozmo siehst; das wäre wohl neben Brilliant Fusion wohl das passendste Beispiel derzeit.

  • Ehrlich gesagt wusste ich davon nichtmal (war die letzten Wochen nicht aktiv), also Danke für die "Info"^^


    Da ich nie Kozmo selbst spielte, möchte ich mir da keine eindeutige Meinung machen. Es klingt jedoch sehr stark. Mit Terraforming verbindet man sogar FK Island und Kozmo und kann gleichzeitig viel mehr von der "guten" Komponente spielen, im Verhältnis. Tincan indirekt suchen wird wohl das stärkste sein, da es immer ziemlich entscheidend ist, ob Tincan fist turn da ist oder nicht. Erleichtert auch OTKs.

  • Schöner Artikel, weil er auch zu meindem aktuellen Problem passt.


    Denn pepe/dracopals besteht inzwischen grundsätzlich nur noch aus diesen schwarz-weiss-engines, und dementsprechend laut sind die Beschwerden, dass dieses deck nur dauerbrickt.


    Aber wem will man es verübeln:
    Man brauch eine main-Engine, welche durch die vielen Limitierungen alleine zu selten aufgezogen wird, um zu wirken, sowie die anti-karten/Engines um mit dem aktuellen meta oder den größten gefahren klarzukommen (Twin Twister gegen monarch, ignister-Ersatz für kozmo, ...).
    Und abschließend braucht es noch min. 1 engine um dem deck entweder Geschwindigkeit zu geben, die Main Engine schneller zu bekommen, oder um einen alternativen weg anzustreben.


    Fakt ist: den richtigen Weg haben wir noch nicht gefunden, einfach weil zugleich die Zahl der schwarzen Seite zu sehr heraussticht.

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