Cheating und Rulesharking - wie kann ich mich wehren?

Herzlich willkommen zu einem weiteren Artikel von mir.

Auf großen Turnieren ist es keine Seltenheit - Spieler laufen zwischen den Runden zu Bekannten und erzählen, wie ihr Gegner gerade mal wieder gecheatet hat. Die meisten wissen allerdings nicht, wie sie sich richtig dagegen wehren können, weswegen ihnen auch häufig nur noch das Beschweren bleibt. Im Endeffekt ist es meistens allerdings gar nicht so schwer, solche "Strategien" zu verhindern - man muss nur wissen wie.


Im Folgenden werde ich nicht auf alle Varianten von Cheating bzw. Rule-Sharking eingehen, da dies nahezu unendliches Material bieten würde. Es soll eher eine kurze "Anleitung" sein, welche einige simple Schritte gegen das Cheating darstellt.

Es gibt verschiedene Aspekte des Spiels, welche vom Gegner vor und während dem Spiel beeinflusst werden können.



Das Deck


Das Deck kann auf verschiedene Weisen vom Gegner manipuliert werden. Die "populärste" Variante ist dabei das sogenannte Stacking, bei dem der Gegner dir gezielt Karten auf die Starthand bzw. nach oben mischt. Dies ist meist nur möglich, wenn der Gegner irgendwie in oder unter dein Deck schaut. Sobald man beobachtet, dass der Gegner einen Blick in dein Deck wirft, sollte man diesen direkt darauf hinweisen, doch bitte parallel zum Tisch zu mischen und keinen Blick in bzw. unter das Deck zu werfen.

Allein durch solche Anmerkungen werden die meisten abgeschreckt, ihr Mischen fortzuführen. Allerdings ist nicht zwingend Stacking der Grund dafür, unter das Deck zu schauen. Häufig will derjenige auch nur Informationen über dein Deck erhalten, so kann er beispielsweise in seinem ersten Zug ohne Bedenken einen Abyss Dweller legen, wenn er Mermail-Karten im Deck erkennen konnte. Wenn man sich allerdings nicht sicher ist oder sich einfach nicht traut, etwas zu sagen, reicht es auch einfach, das eigene Deck zu cutten. Diese Option wird von den meisten Spielern auch auf großen Turnieren nicht wahrgenommen, obwohl man sich damit sehr effektiv gegen Stacking wehren kann.


Allerdings kann der Gegner auch sein eigenes Deck manipulieren. Dies geschieht allerdings größtenteils nicht während des Spiels, sondern er bereitet sein Deck vor dem Spiel vor. Um es anschaulicher zu machen, nehme ich das Monarch-Deck als Beispiel. Dabei werden beispielsweise alle 8 Monarchen am Stück auf oder unter das Deck gelegt. Anschließend wird ein Pile-Shuffle durchgeführt, bei dem 8 Stapel genutzt werden. Wenn man die Karten nun der Reihe nach auf die Stapel verteilt, liegen auf jedem Stapel 5 Karten mit jeweils einem Monarchen. Nun nutzen viele noch sogenannte False-Cuts, um ein weiteres Mischen des Decks vorzutäuschen, wobei sich die Reihenfolge des Decks nicht ändert. Wenn man das Gegnerdeck anschließend nur einmal cuttet, hat er garantiert genau einen Monarchen auf der Hand. Dieses Beispiel lässt sich natürlich auf die verschiedensten Weisen ausweiten. Dagegen hilft nur eins: das Gegnerdeck immer durchmischen und nicht nur einmal abheben, denn nur so kann man eine zufällige Reihenfolge der Karten garantieren. Gegner, welche auf eine solche Strategie aus sind, cutten auch dein Deck nur, um dich zur selben Herangehensweise zu verleiten.


Die letzte Variante hinsichtlich des Decks auf die ich eingehe beinhaltet auch das Side Deck. Die Vorgehensweise ist hierbei sehr simpel. Dabei wird eine gewünschte Karte (in der Vergangenheit häufig Vanity's Emptiness) oben auf das Side Deck gelegt, sodass das Side Deck nun 16 und das Main nur 39 Karten enthält. Anstelle der Draw Phase wird nun die Karte aus dem Side Deck gezogen. Dies ist in dem Moment schwer zu sehen und auch kaum nachzuweisen, deshalb muss im vorraus dagegen vorgegangen werden. Das geht ganz einfach durch ein Pile-Shufflen und ein gleichzeitiges Zählen des Gegnerdecks, wodurch ein solcher Betrug recht schnell auffliegt.


Allgemein sind solche Betrugsversuche mit dem Deck leicht auszukontern, indem man aufmerksam ist und das Gegnerdeck gleichzeitig in angemessener Weise und Gründlichkeit mischt, während man das eigene Deck immer final cuttet. Das mag bei den ersten malen zwar unangenehm oder nervig sein, allerdings bewährt es sich auf lange Sicht, da man so nicht unwissentlich Opfer eines Cheaters wird.




Life Points


Auch Life Points können manipuliert werden. Dabei schreibt ein Spieler häufig Zahlen nicht oder falsch auf, um so einen falschen Stand der Lebenspunkte zu erzeugen und diesen zu seinem Vorteil zu nutzen, vor allem in Hinblick auf Karten wie Soul Charge oder das Time-Out allgemein. Der wichtigste Schritt, um im Fall einer Auseinandersetzung auch vor dem Judge im Recht zu bleiben, ist das schriftliche Notieren der Life Points. Wenn es zu einem Judge Call kommt und es um einen Streitfall um Life Points geht, ist der Spieler mit z.B. einem Taschenrechner grundsätzlich erst einmal im Nachteil und es wird auch dementsprechend selten zu seinen Gunsten entschieden, auch wenn er vielleicht im Recht war. Smartphones sollten allgemein nicht zum Mitrechnen bzw. Festhalten der Life Points genutzt werden, da diese während dem Spiel auf dem Tisch nichts verloren haben. Dies dient auch dem Schutz der Spieler, da so beispielsweise keine Gegnerhände über Nachrichten dritter verraten werden können. Zusätzlich spielt die Kommunikation eine entscheidende Rolle. Die Spieler sollten nach jedem Schaden oder wenigstens am Ende jedes Zuges ihre Life Points abgleichen, um versehentliche Komplikationen zu vermeiden. Außerdem ist es so auch leichter, Betrügern auf die Spur zu kommen, da man sich somit ständig den aktuellen Stand der Life Points von seinem Gegner bestätigen lässt. Diese Information sollte man auch anschließend beim Gespräch mit dem Judge anbringen.


Dabei kommen wir auch schon zu einem elementaren Punkt, welcher alle Bereiche dieses Spiels betrifft. Wenn man das Gefühl hat, dass etwas nicht mit rechten Dingen zugeht und der Gegner etwas damit zu tun haben könnte, sollte immer ein Judge eingeschaltet werden. Sich nicht zu trauen und die illegalen Aktionen des Gegners einfach hinzunehmen ist keine Lösung und unterstützt Cheater auch noch, da diese weiter ungehindert ihrer Tätigkeit nachgehen können. Allerdings sollte dies nicht in wüste Anschuldigungen gegenüber dem Judge geschehen, sondern man sollte einen vorhandenen Verdacht äußern und diesen auch ausreichend mit Informationen unterstreichen und begründen, denn nur so kann ein Judge auch gegen Cheater vorgehen.




Handkarten


Auch die Anzahl der Handkarten wird häufig illegal verändert. Dabei spielt der sogenannte Double-Draw eine entscheidende Rolle, bei den anstelle von einer zwei Karten gezogen werden. Gegen diese Cheat-Variante kann man allerdings leicht vorgehen. Durch regelmäßiges Abfragen der Handkarten, nachdem sich die Handkartenanzahl verändert hat, kann zu jedem Zeitpunkt die aktuelle Handkartenzahl bestimmt und somit auch Fehler bzw. Betrugsversuche aufgedeckt werden. Dies erhält vor allem im aktuellen Format in den schier endlosen Zoodiac Combos, bei denen viele mal den Überblick verlieren, eine große Rolle. Man sollte sich durchgehend über die Handkartenanzahl informieren, um sicherzustellen, dass für einen Daigusto Emeral nicht mal mehr oder weniger aus Versehen mehr als eine Karte gezogen wird.




Formulierungen


Wenn erfahrenere Spieler bemerken, dass sie gegen einen Neuling oder eher unsicheren Spieler spielen, beginnen diese manchmal vermehrt Fachbegriffe zu verwenden, die dem Anfänger nicht geläufig sind. Das Ziel liegt neben wachsender Verunsicherung auch darin, den Spieler durch komplizierte Formulierungen zu Spielzügen zu zwingen, welche dieser nicht machen wollte. Dies geschieht häufig über Phrasen wie "Priorität passen", was vor allem Anfänger oft vor große Probleme stellt. Falls man einem solchen Problem gegenüber stehen sollte, sollte man dem Gegner auf keinen Fall Dingen bestätigen, obwohl man die Bedeutung nicht kennt. In diesen Fällen sollte man den Gegner bitten, es doch in einfacheren Worten zu erklären und falls dieser sich dagegen entscheidet bleibt noch der Judge als Hilfe, welcher nach Hilfe zur Verständigung gefragt werden kann. Auch hier sollte man nicht aus lauter Unsicherheit nachgeben und sich zu Spielzügen drängen lassen, sondern ruhig bleiben und lieber noch einmal nachfragen, um vielleicht auch gewollte Missverständnisse zu vermeiden.




In der Community werden allerdings immer wieder Dinge als Cheating angeprangert, obwohl diese aus legalen Aktionen entstehen. Dabei ist vor allem das zurücknehmen einzelner Karten oder Effekte gemeint, was viele Spieler vor allem auf großen Turnieren zurecht nicht zulassen. Die Betroffenen sind anschließend häufig sehr angepisst und fühlen sich betrogen, obwohl dies nicht der Fall ist. Auf Turnieren herrschen klare Regeln, diese können aus Kulanz kurz außer Kraft gesetzt werden, wenn man den Gegner einen Fehler rückgängig machen lassen will. Das ist allerdings eher die Ausnahme, man kann niemandem einen Vorwurf machen, wenn er Misplays nicht ungeschehen lassen machen will. Deswegen sollte dies auch nicht mit Cheating verwechselt werden, da der Spieler lediglich auf seine Regeln besteht. Wenn man jeden Spielfehler jederzeit ungeschehen machen könnte, würde das Spiel auch eindeutig seinen Reiz verlieren, da so spielerisches Können keine Rolle mehr spielen würde.




Dies sollte natürlich keine Anleitung zum Cheaten sein, sondern sollte lediglich zeigen, wie Cheating funktioniert, wie man es erkennt und wie man dagegen vorgehen kann. Auch wenn es vielen vielleicht nervig und überflüssig vorkommt, so muss man während einem Spiel (vor allem auf große Turniere bezogen) immer aufmerksam bleiben und auch insbesondere Dinge wie den final cut, das Mischen des Gegnerdecks und das Erfragen von Life Points und Handkarten beherzigen. Vor allem die aktuell schier endlosen Zoodiac-Combos verleiten häufig dazu, unaufmerksam zu werden und das Deck des Gegners genervt zurückzulegen, statt wenigstens einmal abzuheben. Ein solches Misstrauen wird natürlich in vielen Fällen nicht berechtigt sein, allerdings wird man so letztendlich weniger negative Erfahrungen hinsichtlich Cheating sammeln und im Endeffekt auch bessere Voraussetzungen haben, auf großen Turnieren gut abzuschneiden.

Antworten 46

  • Sehr guter Artikel. Kurz, knapp und doch gut erklärend. Die Verwendung von Fachtermini leuchtet ein, wobei man als Zugeständnis für Anfänger ein paar Begriffe (Cutten/Abheben, Pile Shuffle) hätte genauer hätte erklären können, und sei es in Form von Fußnoten.

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  • Und noch ein offensichtlicher Tipp von mir: Je mehr Regelwissen man hat, desto besser kann auf Cheating durch Regelverstöße reagieren. Es kommt oft vor, dass Gegner (ob beabsichtigt oder unbeabsichtigt) Regeln verletzen und sich so einen Vorteil verschaffen.

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  • Was macht man eigentlich, wenn man vermutet, dass der Gegner sein Deck getauscht hat zwischen den Runden wo man ihn vorher noch mit einem anderen Deck spielen gesehen hat?

  • Einen Judge rufen, wobei so etwas so gut wie nie vorkommen sollte, weil man dadurch keinen wirklichen Vorteil erhält, solange man das Gegnerdeck nicht schon vor dem Spiel kennt.

  • Darf man sein eigenes Deck immer nochmal abheben und sozusagen als Letzter am eigenen Deck sein?




    Als Ergänzung:
    Wenn man als unbekannter Spieler gg. einen bekannteren Spieler spielt, sind selbst manche Judges tendentiell parteiisch. Hab ich selbst erlebt. Es fällt einem schwer, den Judge dann von irgendwas zu überzeugen, da er dem bekannteren Spieler eher "glaubt", frei nach dem Motto "Was will der Noob eigentlich?".
    Auf größeren Turnieren kann man immer den Headjudge rufen, das ist klar.
    Auf kleineren Turnieren ist diese Symphatie zwischen bekannten Spielern und Judges aber deutlich schädlich.


    Cheating ist in meinen Augen ein riesiges Problem. Deshalb wird man es, als 100% ehrlicher Spieler, sehr unwahrscheinlich in die Tops großer Turniere schaffen. Ich selbst verliere dann auch schnell die Lust, wenn ich gg. Cheater und/oder Siegesgeier spiele.

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  • Soweit ich das offizielle Konami Ruling kenne sollte es so laufen:


    Besitzer mischt,
    Gegner mischt,
    Besitzer darf abheben,
    Gegner darf abheben.

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  • Soweit ich das offizielle Konami Ruling kenne sollte es so laufen:


    Besitzer mischt,
    Gegner mischt,
    Besitzer darf abheben,
    Gegner darf abheben.

    Exakt so ist es. Das Mischen MUSS gemacht werden. Also egal, wie der Besitzer sein Deck mischt, der Gegner MUSS mischen.


    Ansonsten, wenn der Besitzer entscheidet, dass er abheben möchte, dann MUSS der Gegner abheben. Also der Gegner ist verpflichtet, zuletzt am Deck zu sein.

  • Vielen Dank für den Post. :)
    Werd vorallem das mit dem mischen beachten..
    Manches auf unseren Locals ist dochs chon sehr verdächtig...


    Und zu den Phrasen:
    Was bedeutet "Priorität passen", und was gibt es noch so für Phrasen?
    Hab sowas noch nie gehört.

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  • Der Turn Player hat im neutralen Game State die Priorität, das heißt er darf die erste Aktion durchführen, z.B. in der Main Phase Raigeki aktivieren bevor der Gegner Anti-Spell Fragrance aufdecken kann. Nach jeder Aktion geht die Priorität an den Gegner, solange bis niemand mehr etwas machen will (beide Spieler "passen ihre Priorität"). Dann wird aufgelöst, was aktiviert wurde oder im neutralen Game State die Phase oder der Sub Step gewechselt.
    Ein Klassiker ist dabei z.B. in der Main Phase die Priorität passen, wenn der Gegner PSY-Framelord Omega hat. Wenn der Gegner nicht aufpasst oder nicht regelkundig genug ist und auch die Priorität passt, geht's ab in die Battle Phase und man kann den Omega verprügeln, obwohl der Gegner wahrscheinlich vor hatte, ihn zu verbannen. Oder eben "schnell in die Main Phase gehen", um wie oben Raigeki durch ASF zu drücken.
    Da die meisten Spieler "einfach so" Phasen wechseln, kann es so schnell zu Missverständnissen kommen, die natürlich schamlos ausgenutzt werden.
    Ich hoffe, das war verständlich.

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  • Vielen Dank für die Erklärung @Jellal Fernandes. Da werd ich demnächst noch besser aufpassen. :)


    Mir ist es auch schon öfter passiert, dass der Gegner es ausnutzen wollte, dass ich nicht alle Karteneffekte automatisch kenne. Ich frag da grundsätzlich immer nach und lass mir erklären, was die Karte kann, damit ich ggf. etwas aktivieren kann.
    Manch ein Gegner spielt dann aber seine Kobo mögichst schnell durch und fragt nicht, ob ich auf seine Aktionen etwas aktivieren möchte. In der Vergangenheit hat das dann auch schon dazu geführt, dass wir 4 Aktionen zurückspringen mussten, da so schnell gespielt wurde, dass ich keine Möglichkeit hatte, was zu aktivieren.
    Also Leute, immer fragen, ob die Aktion ok ist und ob der Gegner was machen möchte :-)


    Auch gut - ich: "Was kann die Karte?" Gegner: "Ach jetzt macht die noch nichts ..." :thumbdown:
    Ich schnapp mir die Karte darauf hin immer und les sie selber - reiner Selbstschutz...

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