Vor fast einer Woche fand die letzte YCS in Rimini ihr Ende und obwohl mit der Banned List das Deck stark eingeschränkt wurde, stand an der Spitze, wenig überraschend, erneut Nekroz. Zwar hatten wir vor dem Event mit Burning Abyss, Shaddoll und ein Stück weit auch mit Qliphort einige andere konkurrenzfähige Decks, doch war Nekroz nach wie vor der Topfavorit und deshalb auch die logische Wahl für viele Profis. Peter Gross, einer dieser Profis, auf europäischen YCS mit drei Titeln sogar der erfolgreichste, wollte in Rimini, wie er in einem Interview selbst sagte, jedoch in erster Linie Spaß haben und spielte Kozmo. Ein Deck, dem er selbst nicht viel mehr als Tag zwei zuschrieb, dass ihn letztendlich jedoch bis in die Top 8 brachte.
Wie genau konnte ihm dies gelingen? Was genau kann der Kozmo Archetype überhaupt und wie war sein Deck aufgebaut? Um diese Fragen geht es in dem heutigen Artikel.
Wie Kozmo funktioniert
Damit alle auf der gleichen Seite sind, kurz eine Vorstellung des Archetypes. Falls ihr das Thema und seine Kombos bereits kennt, überspringt diesen Part einfach. Erst im letzten Booster Clash of Rebellions erschienen, ist Kozmo ein noch sehr neuer Archetype mit entsprechend wenig Karten. Vier Monster und eine Zauberkarte stehen dem Deck momentan zur Verfügung, alle sind, wenn auch teilweise aus Mangel an Alternativen, spielbar.
Die Monster des Decks teilen sich auf in zwei „kleine“ Monster, die sich von der Hand normalbeschwören lassen, (Kozmo Farmgirl & Kozmo Goodwitch) und zwei große Monster über Stufe 4. Beide kleine Monster, sowohl Kozmo Farmgirl, als auch Kozmo Goodwitch, haben einen Quickeffekt (!), der es ihnen erlaubt sich im Spielzug eines beliebigen Spielers aus dem Spiel zu entfernen, um ein anderes Kozmo Monster von der Hand spezialzubeschwören. Zwar lässt sich dieser Effekt nur jeweils einmal pro Spielzug benutzen, doch bringen beide einen zweiten Effekt mit sich, der (von den obigen Effekten abgesehen) wie alle anderen Effekte des Archetypes beliebig oft pro Runde benutzt werden kann.
Wichtig ist dabei vor allem der Effekt von Kozmo Farmgirl. Sobald ihr es schafft mit dieser Kampfschaden zu verursachen, könnt ihr 500 Lebenspunkte zahlen, um euch irgendeine Kozmo Karte aus dem Deck zu suchen. Damit bietet Farmgirl nicht nur einen unglaublich flexiblen Sucheffekt, sondern bringt auch einen effektiven Weg, um die „großen“ Monster des Archetypes ins Spiel zu bringen. Diese setzen sich zusammen aus Kozmo Sliprider (Stufe 5, 2.300 ATK) und Kozmo Forerunner (Stufe 7, 2.800 ATK). Sie bilden zusammen die Beatsticks und Bossmonster des Archetypes, erneut gibt es jeweils einen Effekt, den sie gemeinsam haben und einen individuellen Effekt, der sie voneinander unterscheidet.
Wird eines der großen Kozmos zerstört und auf den Friedhof geschickt, ermöglichen sie es ein Kozmo Monster mit einer niedrigeren Stufe vom Deck spezialzubeschwören. Im Falle von Kozmo Sliprider kommen dabei nur die beiden kleinen Kozmos in Frage, wird Kozmo Forerunner auf dem Feld zerstört, ist es jedoch auch möglich einen Sliprider vom Deck spezialzubeschwören. Besonders interessant ist der Zusatzeffekt des Slipriders: Wird dieser spezialbeschwören, könnt ihr eine beliebige Zauber- oder Fallenkarte auf dem Spielfeld zerstören. Dies bietet dem Archetype nicht nur ein flexibles Removal für Zauber- und Fallenkarten, sondern auch eine starke Möglichkeit schnell Kartenvorteil zu erzielen. So könnte zum Beispiel Kozmo Farmgirl genutzt werden, um ein schwächeres Monster im Kampf zu zerstören. Sucht man sich durch ihren Effekt anschließend Kozmo Sliprider aus dem Deck, kann man diesen direkt spezialbeschwören, eine Zauber- oder Fallenkarte zerstören und mit ihm als Beatstick außerdem weiter Druck aufbauen.
Unterstützt wird das Ganze durch Kozmotown. Die Spielfeldzauberkarte bildet ein Stück weit das Rückgrat des Archetypes, sorgt für konstanten Kartenvorteil und hilft tote Hände zu vermeiden. Einmal pro Runde erlaubt es die Spielfeldzauberkarte ein entferntes Kozmo Monster der eigenen Hand hinzuzufügen, indem man Lebenspunkte in Höhe der Stufe des Monsters x100 zahlt. Somit versorgt die Feldzauberkarte das Deck Runde für Runde mit frischen Kozmo Monstern. Hat man mal zu viele dieser Monster auf der Hand, kann man mit Kozmotowns zweiten Effekt, ebenfalls einmal pro Spielzug, beliebig viele Kozmo Monster von der eigenen Hand zurück ins Deck mischen, um anschließend die gleiche Anzahl Karten vom Deck zu ziehen – praktisch ein Magischer Hammer 'for free'. Hinzu kommt, dass die Zauberkarte praktisch nicht zerstörbar ist: Sobald sie durch einen Karteneffekt zerstört wird, könnt ihr euch eine weitere Kozmotown vom Deck auf die Hand nehmen.
Für den Spielaufbau des Decks ist Kozmo Farmgirl elementar, sie ist gleichzeitig die Plusmaschine, der Sucher und Spielmacher des Decks. Allein ihr Sucheffekt, der triggert, sobald sie Kampfschaden verursacht, ist die Basis für viele verschiedene Kombos. Braucht man ein Zauber/Fallen Removal sucht man sich Kozmo Sliprider, möchte man Schaden drücken oder einfach nur einen großen Beatstick auf dem Feld haben, greift man auf Kozmo Forerunner zurück. Übrigens sind die kleinen Kozmos beide vom Typ Psi, somit lässt sich Kozmo Farmgirl, die praktischerweise nur Stufe 3 ist, ganz einfach über Notfallteleport vom Deck beschwören. Über die Schnellzauberkarte können so, praktisch aus dem Nichts, auch schnelle OTKs durchgedrückt werden.
Hat man beispielsweise ein beliebiges kleines Kozmo Monster zusammen mit irgendeinem großen Kozmo Monster und Notfallteleport auf der Hand, lassen sich schon bis zu 8.900 Angriffspunkte aufs Feld bringen. Das Ganze funktioniert wie folgt: Man normalbeschwört sein kleines Kozmo Monster und spezialbeschwört, entweder direkt oder später, über Notfallteleport das andere kleine Kozmo Monster. Anschließend greift man mit beiden Monstern an (1.500 + 1.800 = 3.300 Schaden), Kozmo Farmgirl triggert und sucht Kozmo Forerunner aus dem Deck. Beide kleine Kozmos entfernt man anschließend aus dem Spiel, um den gerade gesuchten Forerunner und das andere große Kozmo Monster, dass man bereits auf der Hand hielt, spezialzubeschwören. War dieses ebenfalls ein Kozmo Forerunner, kommt man mit weiteren 5.600 Angriffspunkten (2 x 2.800 = 5.600) auf insgesamt 8.900 Schadenspunkte. Hielt man lediglich Kozmo Sliprider auf der Hand, bekommt man mit seinen 2.300 ATK und somit insgesamt 8.400 Schadenspunkten zwar nicht ganz so viele, jedoch immer noch ausreichend Angriffspunkte aufs Feld.
Eine weitere Stärke der Kozmos liegt darin, dass ihre Monster sehr schwer vom Feld bekommen zu sind. Solange man einen der großen Kozmos auf der Hand hält, lassen sich die Effekt der kleinen Kozmos im Zweifelsfall immer anketten. Zielende Fallenkarten wie Bodenlose Fallgrube, Schicksalsschlag oder Ring der Zerstörung sind gegen sie somit praktisch nutzlos, da sie ihnen stets ausweichen können, indem man sie mit einem großen Kozmo von der Hand austauscht. Die großen Kozmos auf der anderen Seite können zwar nicht einfach das Feld für einen anderen Kozmo verlassen, bringen nach ihrer Zerstörung jedoch ein neues Kozmo Monster aufs Feld. Zwar ist es natürlich nicht unmöglich Kozmo Monster vom Feld zu bekommen, doch bringen sie einige Tricks mit, die ihnen helfen einen Fuß auf dem Feld zu behalten.
Das Deck
Obwohl Kozmo das Potenzial besitzt jederzeit aus dem Nichts eine Menge Schaden oder sogar einen OTK aufs Feld zu bringen, ist es im Kern eher ein Control basiertes Deck. Es strahlt dauerhaft die Gefahr aus explosionsartig das Spiel zu beenden, baut seinen Vorteil mithilfe seiner Spielfeldzauberkarte oder Kozmo Farmgirljedoch normalerweise eher langsam und über mehrere Runden hinweg auf. Zwar sind einige Monster notwendig, damit die Engine funktioniert, doch entschied sich auch Peter Gross dazu zusätzlich ein solides Fallenlineup zu spielen. Für andere Decks, welche sich auf Fallen verlassen müssen, um das Spiel zu kontrollieren, können große Monsterlineups schnell zum Verhängnis werden. Sperrige Monsterhänden sorgen oft dafür, dass der Spielaufbau des Gegner nicht gestoppt werden kann und die Kontrolle über das Spiel entgleitet. Zwar kann einem dies mit einem Kozmo Deck auch passieren, Kozmotown hilft jedoch ungemein dabei sperrige Monsterhände loszuwerden und gegen andere, nützlichere Karten auszutauschen.
Bevor wir jedoch weiter ins Detail gehen, die Deckliste:
Monster: (20)
3x Maxx C
3x Kozmo Farmgirl
3x Kozmo Goodwitch
3x Kozmo Sliprider
3x Kozmo Forerunner
2x Traptrix Myrmeleo
2x Honest
1x Serene Psychic Witch
Zauber: (9)
3x Kozmotown
3x Emergency Teleport
2x Upstart Goblin
1x Raigeki
Fallen: (11)
3x Traptrix Trap Hole Nightmare
3x Void Trap Hole
1x Bottomless Trap Hole
1x Torrential Tribute
1x Ring of Destruction
1x Vanity's Emptiness
1x Solemn Warning
Schaut man sich das Monsterlineup an, so fällt bereits die für ein Control Deck sehr hohe Anzahl an Monstern auf, die Gross spielte. Jedes Kozmo Monster in dreifacher Ausführung ist nötig, um die Engine konstant am Laufen zu halten. Zwar würde man idealerweise Karten wie Kozmo Goodwitch, deren zweiter Effekt deutlich schwächer ist, als zum Beispiel der von Kozmo Farmgirl, nicht spielen wollen, doch fehlen momentan, wie Gross in einem Interview selbst sagte, schlicht die Alternativen. Honest ist in einem Deck voller Licht Monster immer eine gute Idee und hilft dabei Kozmo Farmgirl zu triggern. Da Kozmo mit nur sechs Normalbeschwörungen alleine etwas dünn aufgestellt ist, passt auch Traptrix Myrmeleo gut ins Bild, sorgt für zusätzliche Normalbeschwörungen und hilft dabei eine starke Backrow zu aufzubauen.
Die Zauberkarten sind ebenfalls auf das Nötigste beschränkt: Kozmotown und Emergency Teleport sind beide absolute Schlüsselkarten und deshalb in dreifacher Ausführung Pflicht. Raigeki ist hier besonders gut, um den Weg für Kozmo Farmgirl und schnelle OTKs freizumachen, interessant ist eher, was Gross nicht spielte. Zum Beispiel verzichtete er komplett auf zusätzliche Removal für Zauber- und Fallenkarten und verließ sich für diese komplett auf Kozmo Sliprider. Auch Landformen, eine Karte, die viele im Kozmo vorher noch für unverzichtbar hielten, spielte er nicht. Beides half dabei das Deck so konstant wie möglich zu halten und es auf das Wesentliche, die Engine und das Fallenlineup, zu konzentrieren.
Auch die Fallenkarten, für die Gross sich entschied, halten einige Überraschungen bereit. So spielte er nicht nur Traptrix Trap Hole Nightmare, sondern auch Void Trap Hole in maximaler Ausführung und stellte sein Deck damit vor allem auf das sonst schwierige Nekroz Matchup ein. Der Rest des Fallenlineups besteht hingegen überwiegend aus Staples und hält keine größeren Überraschungen bereit.
Stärken, Schwächen und Ausblick
Fassen wir zusammen: Kozmo ist ein Control basiertes Deck, welches mit schnellen OTKs stets gefährlich werden kann. Es arbeitet mit einer soliden Engine, welche flexibles Zauber/Fallen Removal bietet, und durch Kozmotown außerdem Runde für Runde Kartenvorteil erwirtschaftet. Die Monster des Archetypes sind bisher sehr gut bis brauchbar und insgesamt schwer vom Feld zu bekommen.
Auf der anderen Seite bleiben einem im Kozmo Archetype aufgrund des kleinen Kartenpools bisher wenig Optionen. Dies zwingt einen dazu suboptimale Karten wie Kozmo Goodwitch zu spielen und macht das Deck gelegentlich unkonstant. Hinzu kommt, dass Peter Gross mit Kozmo zwar die Top 8 in Rimini erreichen konnte, dass Deck dort jedoch sicherlich davon profitierte, dass es einerseits wenig Leute kannten und andererseits noch weniger Spieler sich in ihrem Side Deck darauf einstellten. Der Überraschungseffekt ist nun ein Stück weit verflogen, sodass man auf zukünftigen Großevents wohl mit mehr Gegenwind rechnen muss.
Die Aussichten für Kozmo stehen insgesamt allerdings sehr gut, wie Burning Abyss vor gut einem Jahr steht Kozmo als „TCG only“ Archetype noch in seiner Anfangsphase. Die Tatsache, dass man das Thema nach seinem ersten Set überhaupt schon spielen kann, ist bereits überraschend. Solange Kozmo in zukünftigen Sets mit ähnlich starkem Support rechnen kann, wie Burning Abyss damals (und davon kann man wohl ausgehen), werden wir in Zukunft deshalb sicherlich noch einiges von den Kozmos hören.
Schlusswort
Wie steht ihr zu dem Archetype? War Peter Gross' Erfolg in Rimini ein Einzelfall oder werden wir in Zukunft mehr von den Kozmos hören?
Schreibt eure Kommentare wie immer gerne in den Diskussionsthread!
Bis zum nächsten Mal,
~Scarx