Hallo alle zusammen! Nach einer zugegebenermaßen sehr langen Zeit geht es nun endlich weiter mit meiner unabhängigen Artikel-Serie (eine Kolumne wurde mir ja leider nie angeboten -.-) "Karten mit Geschichte".


Nachdem ich in der ersten Ausgabe mit den Gladiatorungeheuern ein sehr aktuelles Thema behandelt hatte und im Folgenden mit den Spirits chronologisch gesehen, bis auf wenige Ausnahmen, einen großen Schritt zurück machte, möchte ich diesen Weg noch weiter gehen und mich nun einem Themengebiet widmen, welches den Ursprung des ganzen Yugioh!-Hype's bildet (zumindest wenn man sich auf die Anime-Serie bezieht):



Good old Egypt (Part 1)


Natürlich ist diese Thematik nicht so exotisch wie die in der japanischen Mythologie verwurzelten Spirits aus dem letzten Artikel. Somit gehe ich davon aus, dass die realen Hintergründe der Karten, die in diesem Artikel behandelt werden, weitaus mehr Leuten geläufig sind als bisher. Dennoch möchte ich sie der Vollständigkeit halber bearbeiten und eventuell erfährt der ein oder andere ja doch noch etwas ihm bisher Unbekanntes. Weiterhin möchte ich anmerken, dass ich hier keinesfalls alle Karten behandeln möchte, die irgendwie mit ägyptischer Mythologie zu tun haben, sondern nur einige Ausgewählte, die ich als besonders relevant empfinde. Für Ergänzungen, die euch aber darüber hinaus am Herzen liegen, kann wie gewohnt gerne der Feedback-Thread verwendet werden. Diesen verfolge ich ohnehin immer mit sehr viel Spannung und nehme ihn auch ernst insofern ich den dort gestellten Verbesserungsvorschlägen gerne nachgehe. In diesem Zuge habe ich mich dazu entschieden in den folgenden Ausgaben von "Karten mit Geschichte" nun auch themenbezogene Zauber- und Fallenkarten zu behandeln, da dies von mehreren Usern gefordert wurde.


Nun aber genug der Vorrede. Legen wir los!



LOB-096 Wiedergeburt


Diese Karte erhielt in westlichen Gefilden ein gänzlich anderes Artwork. Das japanische Original hingegen zeigt die ägyptische Hieroglyphe Anch, auch Henkelkreuz, Lebensschleife oder Nilschlüssel genannt. Das Zeichen steht für das körperliche Leben, aber auch für das Weiterleben im Jenseits.




PSV-010 Auge der Wahrheit


Das Artwork dieser Karte zeigt das sogenannte Horus-Auge, eine ägyptische Hieroglyphe. Während es als magisches Zeichen vorwiegend gegen den Bösen Blick oder vor Unfällen schützen soll, war es für die Alten Ägypter darüber hinaus auch von mathematischer Bedeutung. Dieses Symbol findet man auch auf einigen anderen Kartenmotiven, wie zum Beispiel Aufgegeben oder Millennium Skorpion.




PGD-019 Wandering Mummy


Als Mumie bezeichnet man die Überreste von tierischen oder menschlichen Körpern, die durch physikalische oder chemische Verhältnisse vor Verwesung geschützt und in ihrer allgemeinen Form erhalten sind. Zwar gab es ausgeprägte Mumifizierungstechniken nicht nur in Ägypten, sondern auch in anderen Teilen der Welt, wie zum Beispiel China, doch ursprünglich bezeichnete man in der Archäologie nur ägyptische Leichenfunde als Mumien.




PGD-020 Great Dezard


Die Übersetzung des japanischen Originalnamens dieser Karte heißt so viel wie "Großer Priester". Ein altägyptischer Priester war ein "Diener der Gottheit" und sollte der Gottheit sowie ihrem Haus zur Verfügung stehen. Er musste den Tempel und die göttlichen Insignien von jedem Schmutz rein halten und die im Dunkel des Allerheiligsten eingeschlossene Statue vor den Blicken der Unreinen schützen. Ebenso musste der Priester den Opferdienst verrichten und das Ritual des Götterkultes vollziehen. So konnten der Gott und sein Tempel ihren Funktionen nachkommen.


Das geweihte Personal der Göttertempel bestand aus sogenannten "Propheten", welche die hohe Priesterschaft bildeten an deren Spitze der Hohepriester stand. Zu den Aufgaben des Hohepriesters, der nach dem Willen des Pharaos ausgewählt wurde, zählten die Durchführung der Kultfeiern im Namen des Königs und die Oberaufsicht über die Verwaltung der Tempelgüter.




PGD-021 Swarm of Scarabs


Skarabäen sind Abbildungen des Heiligen Pillendrehers. Die schnelle Vermehrung des Käfers im Nilschlamm führte zu der Meinung, er entstehe ohne Fortpflanzung, weswegen er als Symbol der Schöpfungskraft galt.


In seiner fast runden Gestalt und in der glänzenden, goldschimmernden Farbe der Flügeldecken sah man Ähnlichkeit mit der Gestalt und dem Glanz der Sonne.

Der ägyptische Name des Skarabäus lautet Chepre. Chepre ist eine altägyptische Gottheit, die den Sonnenaufgang und die Morgensonne symbolisiert. Der Heilige Pillendreher schiebt die Mistkugel, in die er seine Eier legt, vor sich her, so wie Chepre Morgen um Morgen die Sonnenscheibe über den Horizont schiebt, glaubten die Ägypter.




PGD-022 Swarm of Locusts


Eine der ältesten bekannten Darstellungen dieses Tieres ist eine ägyptische Wandmalerei aus dem 15. Jh. v. Chr., die eine Heuschrecke auf einer Papyrusblüte sitzend zeigt. Weiterhin stellt ein Heuschreckenschwarm die achte von zehn biblischen Plagen, die über Ägypten hereinbrachen, wie das 2. Buch Mose des Alten Testaments berichtet.




PGD-025 Guardian Sphinx


Diese Karte basiert auf der 20 Meter hohen Sphinx von Gizeh, die am Westufer des Nils errichtet wurde. Die ägyptische Sphinx ist eine Statue eines männlichen Löwen, zumeist mit einem Menschenkopf. Daneben waren auch Widder-, Sperber- oder Falkenköpfe gebräuchlich.


Sphinx von Gizeh



PGD-026 Pyramid Turtle


Die Grabstätten vieler ägyptischer Regenten des Alten Reiches und Teilen ihres Hofstaates sind Pyramiden. Besonders die Form der Stufenpyramiden sollte wahrscheinlich die altägyptische Sozialstruktur mit ihren Hierarchien widerspiegeln. Insgesamt gibt es in Ägypten ungefähr 80 bekannte Pyramiden. Die größte von ihnen ist die Cheops-Pyramide bei Gizeh mit einer Höhe von fast 140 Metern.

Bezüglich der Schildkrötensymbolik im Kartenmotiv kann man verschiedene Vermutungen annehmen. Im Buddhismus beispielsweise, steht die Schildkröte für Unsterblichkeit und Wiedergeburt. Mit dem Bau einer Pyramide als ewige Ruhestätte und nicht zuletzt der Mumifizierung machten sich die Pharaonen in gewissem Maße auch unsterblich.


Und dem hinduistischen Glauben nach erschuf der Gott Vishna in Gestalt einer Schildkröte nach einer riesigen Sinnflut auf seinem Rücken gar eine neue Welt.


Cheops-Pyramide



PGD-033 Book of Life


Diese Karte ist ein Verweis auf das ägyptische Buch des Todes. Das Buch des Todes ist eine Sammlung von Zaubersprüchen, Beschwörungsformeln und liturgischen Anweisungen, die dem Verstorbenen dabei helfen sollen sein Leben nach dem Tod seinen Wünschen entsprechend zu gestalten. Während der 18. Dynastie entwickelte sich der Brauch eben besagtes Spruchgut auf Papyrusrollen zu schreiben und diese dann mit in den Sarg zu legen. Aus diesen einzelnen Schriften wurde später das Buch des Todes zusammengestellt.




PGD-064 Gravekeeper´s Watcher


Ich hab mir diese Karte stellvertretend für alle Grabwächterkarten herausgepickt. Wie der Name schon sagt bewachen so bezeichnete Personen die Grabkammern der Adligen. Und das damals wie heute. Gute Beispiel für ganze Siedlungen bestehend aus diesen Berufsgruppen sind das Tal der Könige oder die Totenstadt in Kairo. Die ursprünglich als Grabwächter eingestellten Bewohner haben ihre Familien nachgeholt und leben in teilweise recht großen Höfen und Mausoleen auf den Grabkammern. Heutzutage fungieren sie zusätzlich noch als Reiseführer für Touristen.


Totenstadt von Kairo



PGD-069 Mystical Knight of Jackal


Diese Karte basiert auf Anubis, dem ägyptischen Gott der Totenriten. Er diente auch als Vorlage für Karten wie Das Ende von Anubis oder Geister-Schakalritter.

Anubis wird vorwiegend als liegender schwarzer Hund, Schakal oder als Mensch mit einem Hunde- oder Schakalkopf dargestellt. Er trägt meistens ein Was-Zepter und ein Anch.


Schakale als Wüstentiere wurde früh mit der westlichen Wüste in Verbindung gebracht. Der Westen ist in vielen Mythologien die Heimat sowohl der Toten, wie auch der Caniden (Hunde, Wölfe, Schakale), welche als die Seelenführer in das Land der Toten angesehen wurden. Anubis ist der Sohn des Osiris und seiner Schwester Nephthys. Nachdem Osiris von seinem Bruder Seth zerstückelt und auf der ganzen Welt verteilt worden war, sammelte Anubis gemeinsam mit Isis (Göttin der Liebe) alle Teile wieder ein. Danach soll es ihm gelungen sein, Osiris wieder zusammenzusetzen, indem er ihn mumifizierte. So hat Anubis, dem Mythos nach, die erste Mumifizierung an einer Leiche vorgenommen. Für Osiris vollzog er dann die Totenriten, die zum Vorbild aller Bestattungszeremonien wurden.


Seit dem Alten Reich ist Anubis als Totenrichter belegt, der zusammen mit Thot das Jenseitsgericht leitet. Seine wichtigste Aufgabe bestand in der Überwachung des Seelenabwägens und sein Urteil war von entscheidender Bedeutung. Deshalb wurden die Gebete für die Toten auch an ihn gerichtet. Totenpriester trugen seine Maske während sie amtierten.




PGD-070 A Cat of Ill Omen


In der altägyptischen Bilderschrift taucht das für Löwe und Katze gemeinsame Symbol "Miu" etwa 2500 Jahre v. Chr. in den Inschriften der 5. und 6. Dynastie auf. Später tritt an dessen Stelle der Begriff "Mau", sicherlich eine sprachliche Nachahmung der Lautäußerung.


Katzenhaltung größeren Umfanges und damit der Beginn der Geschichte unserer Katze als Haustier lässt sich in Ägypten mit Bestimmtheit zur Zeit des Mittleren Reiches nachweisen. Es wurden zahlreiche Katzenmumien aus dieser Zeit gefunden.

Es ist kein Zufall, dass man Katzenmumien hauptsächlich an Orten fand, die dem religiösen Kult dienten. Für die damalige Landbevölkerung fand ein so nützliches Tier wie die Katze sehr bald Wertschätzung und Anerkennung, und wurde nach und nach in die religiösen Kulte einbezogen. Der Wert eines Gegenstandes wurde damals nicht selten in Getreide gemessen. Dieses stellte das wichtigste Grundnahrungsmittel dar. Einen wirksamen Schutz vor den zu Tausenden angelockten Mäusen und Ratten konnten einzig und allein die Katzen bieten.


So erhob man sie im Laufe der Zeit in den Status eines heiligen Tieres. Die Tötung eines heiligen Tieres wurde fast immer mit der Todesstrafe geahndet. Weil den Katzen niemand ein Härchen zu krümmen wagte, bevölkerten die Katzen bald alle Städte und Dörfer Ägyptens.


Inzwischen war die Katze vom Tempelwächter zur Gottheit erhoben worden.




PGD-073 An Owl of Luck


Man vermutet, dass die alten Ägypter in der Eule einen Unglücksbringer sahen. Ihre nächtlichen Aktivitäten und lautloser Flug, ihr unheimlicher Blick und bedrohlicher Schrei schien sie mit den Mächten der Unterwelt zu verbinden. Man fand ausschließlich Mumien von Eulen, deren Kopf abgeschnitten war. Weiterhin wird für den Laut "m" bei den altägyptischen Hieroglyphen das Bild einer Eule verwendet.

Ähnlich wie bei Book of Life bildet die Karte der glückbringenden Eule das genaue Gegenstück zum realen Glaubenshintergrund der Ägypter.




Und wieder einmal sprengt der Umfang meiner Abhandlungen über dieses Thema die Länge eines einzigen Artikels. Deshalb mache ich an dieser Stelle das nötige Break und setze die Ausführungen in Kürze in einem zweiten Artikel zum Thema fort. Ich bitte euch im Feedback-Thread nicht vorzugreifen, sondern nur chronologisch bereits übergangene Karten mit Nachreichungen auszustatten.



MfG Gam

Antworten 20

  • hey also cooler artikel wie die vorigen auch schon. fand nur schade das du nicht noch mehr auf die gottheiten eingegangen bist ... man hätte noch horus, nephthys und natürlich ra gehabt .... das fand ich bei der fern östlichen mythologie besser ...

  • ein sehr guter artikel ...


    und ich freu mich schon auf den(die) nächsten.


    Ich schätze mal das du noch auf die anderen Karten eigehen wirst die mir so in den Sinn kommen. Deshlab warte ich gespannt auf nächste Woche.


    mach weiter so !

  • So macht geschichtsunterricht spaß sehr guter artikel freue mich schon auf den nächsten

  • sehr gut recherchiert und auch geschrieben... bravo!


    es fehlen aber doch noch die eine oder andere Karte, deshalb denke ich auch, dass du das Thema noch nicht abgeschlossen hast ;-) freue mich auf die Fortsetzung und mach weiter so...


    gruss aus der schweiz

  • mal wieder ein sehr guter artikel von dir, ich hatte schon befürchtet nach 3 hättest du aufgrund mangelndem feedbacks die lust verloren


    funktionieren die meisten bilder nur bei mir nicht oder ist das bei allen so?


    mir fällt auch jetzt shcon auf anhieb stoff für mindestens 3 weitere artikel ein^^

  • gut geschrieben, und mir ist echt noch nicht aufgefallen, das man echt immer das gegenstück genommen hat


    Buch der Toten -> Buch des Lebens
    Eule des Unglücks -> Eule des Glücks


    Hab mich bei der Katze schon mal gewundert, aber nichts dabei gedacht.


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    Ich würde mich, nach der ägyptschen Serie, sehr auf einen Bericht über die westlichen mythologyen, etc. freuen. Damit meine ich Verdammnungs-Schamane und Karten die an das akstekische Reich erinnern

  • Abend,


    also der Artikel ist wirklich TOP. Denn der hat wirklich was mit Yu-Gi-Oh! zu tun! Yu-Gi-Oh! = Ägypten
    sehr schön gestaltet und erklärt. Freue mich schon sehr über den/die nächsten Artikel.


    Grabwächter FTW



    edit:
    gibts eig. auch akt. Ägyptische Karten, wie den Goldsakrophag?



    mfg
    Phoenixza

  • Der Artikel hat mir sehr gut gefallen. Liest sich irgendwie wie ein Geschichtsbuch :D


    Mal einen Vorschlag: Vielleicht könntest du auch vom Artwork und der Geschichte auf die Effekte schließen. z. B. ob die Effekte mit dem geschichtlichen Hintergrund zusammenpassen könnten.

  • Hey hey Gam,
    jetzt möcht ich auch mal was dazu schreiben =D


    Schön geschrieben, interessant und abwechslungsreich, gefällt mir sehr.
    Ich würde dir also eine Kolumne gönnen! ;-)


    Steckt sicher viel arbeit dahinter...die ganzen Bilder suchen etc.

  • Sehr geil!Während mich YGO nur noch sekundär interressiert ist es mal schön einen Exkurs in die Mythologie zu tätigen.Tut sicher auch einigen jüngeren Lesern gut mal etwas außer dem 2. Weltkrieg etwas über Geschichte zu lernen.

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