Erratas – Helfer oder Zerstörer?

Letzte Woche hat mein Kollege Gu4rdi4n 4ng3l euch die neuen Kartentexte einiger Karten vorgestellt. 5 Karten – zum Beispiel Ring der Zerstörung – erhielten neue Kartentexte und wurden im OCG deshalb wieder erlaubt. Schon vor einiger Zeit erhielt die Karte Finsterer Jagdbomber einen neuen Text und wurde deswegen von der Liste genommen. Nachdem euch Lukas die einzelnen Veränderungen vorgestellt hat, möchte ich mich im folgenden Artikel nun mit der Frage beschäftigen, inwieweit die Veränderungen solcher Kartentexte förderlich für das Spiel sind und wodurch es auch zu Problemen kommen kann. Dieser Erratas sind nämlich in den letzten Wochen sicherlich das heißeste Thema der Yu-Gi-Oh!-Community gewesen. Können diese Erratas uns vor dem Power Creep des Spiels retten, oder machen sie schöne Karten unspielbar? Dies versuche ich, zu beantworten.

In diesem Artikel möchte ich mich – aus aktuellen Gründen – nur mit den Erratas beschäftigen, die Karten betreffen, die derzeit verboten sind. Es gibt sicherlich noch andere Veränderungen, die aus anderen Gründen nötig sind – beispielsweise wenn Regelfragen mit einer bestimmten Karte nicht klar sind.


Traditional? Das spielt jemand?


Den wohl größten Einfluss haben diese neuen Kartentexte erst einmal auf ein Format, das eigentlich kaum jemand noch spielt: Traditional. In diesem Format gibt es keine verbotenen Karten, sodass Spieler schon immer Raigeki spielen konnten. Dieses Format war besonders für Spieler interessant, die früher besondere Lieblingsdecks hatten, die sie im heutigen Format nicht mehr spielen dürfen. Ich selber spielte manchmal mit einem Freund öfter ein paar Spiele, um die alten Zeiten wiederaufleben zu lassen. In diesem Format durfte man also auch die Karten mit ihren alten Kartentexten spielen und ausnutzen. Die neuen Kartentexte bewirken nun, dass sich diese Karten meistens drastisch verändern, wodurch sie extrem geschwächt werden. Deswegen kann es passieren, dass gute Strategien im Traditional-Metagame auf einmal nicht mehr spielbar sind. Die Karte Austausch des Geistes wurde zum Beispiel so sehr verändert, dass man das Deck, das sich um die Karte drehte, nun nicht mehr spielen kann.


Die Frage, die sich nun stellt ist, ob die Veränderungen für dieses Metagame positiv oder negativ sind. Auf der einen Seite ist es sicherlich gut, wenn Karten, die das Metagame zu sehr zentralisieren, geändert werden. Auf der anderen Seite sind viele der veränderten Karten zwar sehr stark, aber im Traditional-Metagame nun einmal nicht so stark. Aus diesem Grund hätte die Karte eventuell gar keine Veränderung benötigt. Sie würde nur benötigt werden, wenn man sie ins Advanced-Metagame zurückholen wollte. Dahinter werden sicherlich häufig auch finanzielle Gründe stehen.

Doch wie ist das für die Spieler der alten Schule?


Nostalgie


Viele Menschen lieben es, sich an ihre Vergangenheit zu erinnern. Wie häufig durfte ich schon Gespräche über Anime und Cartoons beobachten, in denen sich darüber unterhalten wurde, was für ein großer Fan man früher doch gewesen sei. Vor einiger Zeit schien es auch einen richtigen Boom der Pokemonspiele zu geben. In meinem Umfeld kramten viele Personen ihre alten Gameboys wieder heraus oder kauften sich eine neue Konsole, um irgendein Pokemonspiel spielen zu können. Etwas ähnliches erlebt man häufig bei Yu-Gi-Oh!-Spielern. Gefühlt jeder 3. Spieler, scheint verbotene Karten zu sammeln. Anstatt sich von Karten zu trennen, die man nicht mehr spielen kann, bereiten sie ihre Kartenordner schön auf, sodass die verbotenen Karten eigene Seiten haben, auf denen man sie bewundern kann. Häufig können die Spieler dann auch Geschichten zu den einzelnen Karten erzählen.


Viele dieser Spieler freuen sich natürlich, wenn ihre alten Schätze wieder erlaubt werden. Man hat die Karte niemals weggeben, muss dadurch kein Vermögen ausgeben und kann sich beim Spielen auch noch an die guten, alten Zeiten erinnern. Durch die selektive Wahrnehmung betrachten viele Spieler die Karten dann auch nur aus einem Blickwinkel und denken nicht an alle Facetten. Sie freuen sich nur darüber, dass eine ihrer alten Karten wieder erlaubt wurde, ohne sich darüber Gedanken zu machen, was diese Entscheidung mit dem Metagame anrichtet.


Auf der anderen Seite gibt es natürlich auch wieder die Nostalgiker, die mit den Erratas gar nichts anfangen können. Sie beschweren sich darüber, dass diese schönen Karten von früher nun “kastriert werden“ und dadurch nicht mehr ihren alten Charme besitzen. Einige dieser verbotenen Karten – zum Beispiel Chaos-Imperatordrache - Gesandter des Endes – haben einen besonderen Ruf, den die Nostalgiker auch beibehalten wollen. Wenn nun der neue Kartentext dafür sorgt, dass die Karte wieder erlaubt wird, könnte man die ganzen schönen Erinnerungen verlieren, da neue Erfahrungen sie ersetzen. Diese neuen Erinnerungen würden dieser Karte dann gar nicht gerecht werden.

Doch was passiert, wenn diese Karten nun erlaubt sind?


Komplexitätsreduktion: Ja oder Nein?


Neben den finanziellen Gründen, die ich hier nicht ausführen möchte, da ich keinen Einblick in die interne Politik habe, ist die Komplexitätsreduktion sicherlich der wichtigste Grund für diese Kartentextänderungen. Der Hauptkonsument für Yu-Gi-Oh! sind nicht wir (die kompetitiven Spieler), sondern die Casual-Spieler, die das Spiel mit ihren Freunden in der Freizeit oder der Schule spielen. Die meisten dieser Spieler haben sicherlich keine große Lust sich intensiv mit den ganzen Regeln des Spiels auseinanderzusetzen, sondern wollen direkt spielen. Häufig spielen sie auch mit verbotenen Karten, da es ihnen egal ist, oder sie das Spiel von früher so kennen Wenn diese Spieler dann einmal ein Turnier betreten, müssen sie häufig feststellen, dass viele ihrer geliebten Karten verboten oder limitiert sind. Dies frustriert diese Spieler natürlich und hindert sie eventuell am spielen, da sie keine Lust haben, sich ein neues Deck zu bauen.

Weiterhin ist das Entschlacken der Liste der verbotenen und limitierten Karten natürlich auch noch hilfreich für Neueinsteiger. Diese müssen sich natürlich mit den limitierten und verbotenen Karten auseinandersetzen, um auf Turnieren teilnehmen zu dürfen. Wenn diese Liste nun zu groß ist, kann es zu Problemen führen, da es sehr schwierig sein kann, sich diese riesige Liste zu merken.


Trotzdem erhöhen die neuen Kartentexte leider auch gleichzeitig die Komplexität – besonders auf Turnieren. Da die Namen der Karten nicht geändert werden, wird es möglich sein, die alten Kopien der Karten zu spielen. Diese besitzen dann aber noch ihren alten Kartentext So kann es passieren, dass Spieler, die die neuen Kartentexte noch nicht kennen, die Karten falsch ausspielen. Dies führt dann entweder zu mehr Arbeit für die Judges, die dann häufiger die neuen Kartentexte erklären müssen, oder zu Spielsituationen, die falsch aufgelöst werden, da beide Spieler den neuen Text der Karte nicht kennen. Beides ist sicherlich nicht unbedingt gewollt. Trotz dieser vielen Probleme wurde nun der Schritt gewagt.


Power Creep


Dies liegt sicherlich auch an dem Power Creep. Viele Spieler beschweren sich darüber, dass die Karten immer stärker werden. Trotzdem wollen diese Spieler häufig ältere Karten wieder erlaubt sehen. Um nun gegen diesen Power Creep vorzugehen, ist die Veränderung der Kartentexte eine sehr hilfreiche Methode. Heutzutage versucht man, Karten so zu erstellen, dass sie mehrere Einschränkungen haben – keine Battle Phase oder keine Spezialbeschwörungen nach der Aktivierung der Karte zum Beispiel. Ohne diese Einschränkungen wären viele der heutigen Karten zu stark. Früher wurden Karten selten so eingeschränkt und aus diesem Grund sind viele der Karten einfach zu stark. Hätte man einen Ring der Zerstörung heute designt, hätte er sicher direkt den Kartentext bekommen, den er heute hat.


Zusätzlich bewirkt der Power Creep natürlich erst, dass einzelne Karten wieder erlaubt werden dürfen. Chaos-Imperatordrache - Gesandter des Endes wäre vor einigen Jahren auch mit seinem neuen Kartentext zu stark gewesen. In Zeiten der Qliphort-, Schattenpuppen- und Burning Abyss-Decks wirkt er wesentlich schwächer.

Wie könnte man Erratas jetzt weiter einsetzen?


Einige Vorschläge


Dass neue Kartentexte das Spiel positiv verändern können, hat beispielsweise das Pokemon TCG gezeigt. Die Karte Pokemon Catcher war so stark, das fast jedes Deck sie 4 mal gespielt hat. Aus diesem Grund wurde entschieden die Karte abzuschwächen, indem eine Münze bei der Aktivierung der Karte werfen muss. Dies bedeutet, dass der Effekt in 50% der Fälle einfach verpufft.

In Yu-Gi-Oh! könnten beispielsweise die Drachenherrscher mit einem neuen Kartentext sehr gut für das Metagame sein. Wenn man den Abschnitt herausnimmt, dass man auch Drachen für ihre Beschwörung entfernen kann, sind sie sehr stark entkräftet, in Themendecks aber immer noch spielbar. Andere Karten wie Ersatzkröte oder Meister der Gedanken wären weitaus schwächer und fairer, wenn man ihre Effekte nur einmal im Spielzug einsetzen dürfte. Letztes Angebot könnte man beispielsweise auch auf eine Aktivierung pro Spielzug begrenzen.

Trotzdem kann die Veränderung von Kartentexten natürlich nicht alle Karten auf einmal so schwach machen, dass man sie wieder erlauben könnte. Man sollte meiner Meinung nach die Karten auch nicht komplett verändern. Wenn man zum Beispiel nun sagt, dass man durch Rettungskatze nur noch ein Monster aus dem Deck beschwören kann, ist sie eine ganz andere Karte.


Was denn nun?


Ich finde es schwierig, die Veränderung von Kartentexten zu beurteilen. Es gibt – wie so oft – positive und negative Seiten, die man abwägen sollte. In gewissen Fällen kann man aber schwächere Decks stärken, indem man ihnen Karten zurückgibt, dessen Kartentexte etwas verändert wurden. Auf der anderen Seite können neue Texte sehr verwirrend sein und nostalgische Spieler abschrecken, die nicht wollen, dass ihre Karten sich so sehr verändern.

Was ist eure Meinung zu der Veränderung? Glaubt ihr, dass dies noch häufiger passieren wird und wenn ja, auf welche Karten hofft ihr dabei? Würdet ihr lieber die alten Karten mit einem neuen Text, oder neue Karten spielen?


Ich würde mich über eure Antworten freuen und wünsche euch im Namen des gesamten Content-Teams einen guten Rutsch ins neue Jahr.

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