Life Points - die vergessene Ressource

Man kennt das (oder halt auch nicht): Man hat nen tollen Abend, trinkt etwas zu viel (Bacardi), findet eine der vielen Frauen seiner Träume, verbringt ne schöne Nacht mit ihr und ein paar Monate später hat man etwas am Hals, was man nicht gebrauchen kann.


In dieser Beziehung kann so eine wöchentliche Kolumne wie ein Kind sein. Inzwischen nähern wir uns schon dem einjährigen Jubiläum von "Unter den Hut geschaut" und unfassbarerweise ist die Artikelserie vom Freitag erst einmal ausgefallen. Ich war selbst darüber sehr überrascht, da ich eigentlich davon überzeugt war, dass ich schon mindestens zweimal "Urlaub" genommen hatte. So gern ich euch auch mit Lesestoff versorge, so nervig ist es dann im Gegenzug aber auch wieder, jede Woche neu ran zu müssen - gerade, wenn man kein Thema hat.

Wie immer ist meine Einleitung jetzt schon wieder viel zu lang, aber im Grunde ist das nur der äußerst beherzte Versuch, meiner Kolumne eine Art "eigenen Stempel" zu verpassen - andere Leute überziehen ständig, ich habe ellenlange Einleitungen. Bevor meine Leser jetzt genervt abspringen, kommen wir mal aufs Thema der heutigen Kolumne.

Bevor ich direkt einsteige möchte ich mich noch bei Fabian Held und Harald Schmidt bedanken - wie so oft haben mich die Tipps eines außergewöhnlichen Buches gerettet oder mit anderen Worten: Nicht umsonst gilt Beharrlichkeit als das Ideal der Jesuiten.



Life Points - die vergessene Ressource


Unglaublich oft, wenn ich in einem Artikel für die geschätzten Kartefakt Leser etwas erkläre, fange ich an mit "Viele Spieler denken...". Natürlich ein Widerspruch, da wir ja alle wissen, dass viele Spieler höchstens etwas glauben, bzw. die Meinungen anderer kopieren, dafür aber äußerst wenig selbst denken. *

Doch zurück zum Thema... Wie wir schon aufgrund der Artikel der letzten beiden Wochen gelernt haben, war Kartenvorteil früher quasi komplett unbedeutend. Solange man immer nur schön weiter Vorteil bringende Karten zog, konnte man kaum verlieren - selbst wenn der Gegner besser spielte. Dies änderte sich mit den Listen der verbotenen und limitierten Karten, denn nachdem diese den Großteil der Karten aus dem Spiel nahmen, die quasi skilllos Vorteil erwirtschaften konnten, musste man schon etwas mehr Köpfchen einsetzen, um den Gegner "tot zu kontrollieren".


Wenn man nun einem (Kartefakt) Leser das Spiel erklärt, wird dabei häufig erwähnt, dass es im Yu-Gi-Oh! Trading Card Game nur sehr wenige Ressourcen gibt. Da wären natürlich die Hand- und Feldkarten, die Karten im Friedhof und dann bleiben eigentlich nur noch die Life Points. Klingt möglicherweise zunächst nach viel, ist aber eigentlich wenig.

Gerade, wenn wir nun mit anderen Sammelkartenspielen wie dem World of Warcraft TCG vergleichen, bei dem das Ressourcen-System ein ganz essentieller Bestandteil des Spiels ist und man - nicht wie bei YGO - nicht jede Karte "einfach so" aufs Spielfeld schmeißen kann, wird deutlich, warum YGO so ein schnelles und in den Grundzügen auch einfaches Spiel ist.


Hat man das erst mal verstanden, wird es umso wichtiger, die gegebenen Ressourcen richtig einzusetzen - immerhin gibt es kaum Möglichkeiten, eine falsche Entscheidung beim Ausspielen der eigenen Karten durch cleveren Einsatz anderer eigener Ressourcen auszugleichen.



Life Points im Wandel


Im Zuge der "Vorteilsrevolution" ** wurde den Spielern immer und immer wieder eingetrichtert, dass man getrost alles Andere im Spiel vergessen kann, solange man immer mehr Karten als der Gegner hat.


Nun ja, so ganz stimmt das nicht, vielmehr wurde gesagt, dass man die eigenen Life Points solange außer Acht lassen kann, wie man noch lebt. Irgendwann lernen die Spieler, die zu besseren Spielern werden wollen, dann sogar, dass es ganz sinnvoll ist, noch mehr als 800 Life Points zu haben, wenn man Voreiliges Begräbnis spielt.

Und wenig später, nachdem Cyber-Stein jedem zugänglich war, hatte sich sogar rum gesprochen, dass es oft ganz sinnvoll ist mehr als 5000 Life Points zu besitzen.


Wie wir anhand dieser Beispiele schon sehen, sind Life Points nicht immer ganz so unbedeutend, wie man vielleicht zunächst annehmen mag. Sehen wir uns aber zunächst noch einmal mein Lieblingsbeispiel - präsentiert von Björn-Christian "Angie" Schulze an:


Sein Gegner - nennen wir ihn Knecht - spielt einen Schnappstahl auf Björns Möbius. Björn hat eine verdeckte Sakuretsu Rüstung, aktiviert sie aber nicht. Der Möbius greift in den folgenden Zügen 2mal direkt an, erst beim dritten Angriff spielt Björn Saku und rettet sich so vor dem Angriff, nur um einige Züge später aufgrund mangelnder Life Points zu verlieren.


Warum hat Björn das getan?

Nun, Björn hatte auf sein Deck vertraut und wusste, dass bald Mystischer Raum-Taifun kommen würde. Dieser hätte den Schnappstahl "vorteilsbringend" entsorgt und Björn möglicherweise den entscheidenden Vorteil gebracht, um das Spiel zu seinen Gunsten zu entscheiden. Doch das ist nicht passiert... und die Moral von der Geschicht:


Fürchte den Knecht,

denn ziehst du schlecht,

rasiert er dich

und das magst du nicht!



LPs als Antrieb für ganze Deckarten


Ein Deck zu spielen, das auf Feldkontrolle aufbaut, ist ebenfalls ein relativ junges Prinzip. Früher wurden Decks viel häufiger auf Handkontrolle aufgebaut. Im Zentrum der Decks, die auf Feldkontrolle steht es, den Gegner zu "überrumpeln", bzw. ihn einfach nieder zu kämpfen, bevor er einen größeren Vorteil aus seinem (quasi immer vorhandenen) Vorteil an Handkarten ziehen kann, bzw. ihn dazu zu zwingen, seine Handkarten auszuspielen, um zurück ins Spiel zu kommen.


So konnte Adrian "Swordsman_Deluxe" Madaj (der mich nicht mehr mag) tolle Geschichten von der Weltmeisterschaft erzählen, bei der ihn viele andere Top-Spieler fragten, wie er ein Spiel noch gewinnen konnte, obwohl er "2 Karten hinten dran war". Adrian meinte dann, dass er einfach kontinuierlich angegriffen hat und der Gegner nur 1 Monster pro Runde setzen kann. So dass er früher oder später genügend Schaden an den Life Points macht, um den Gegner einfach zu überrennen - selbst wenn der mehr Handkarten hat.


Es ist also möglich gezielt darauf zu spielen, den Gegner zu überrennen. Und dann zahlt sich auch der größte Vorteil an Handkarten nicht aus. Derzeit gibt es noch viel zu wenige Decks, die sich dies zu nutze machen. Und vor allem viel zu wenige Spieler, die dieses Spielprinzip richtig verstanden haben.


Das Recruiter-Deck baut darauf, dass man ständig angreift und Druck entwickelt. Nachdem es von Adrian (der mich nicht mehr mag) recht erfolgreich durch einige größere Turniere gesteuert wurde, wurde es nachgebaut - wenig erfolgreich. Denn die ehemaligen (und zukünftigen) Monarchen Spieler spielten das Deck wie ihre Monarchen Decks. Und setzten munter Monster und gingen in die Defensive, bis ein paar Schlüsselkarten (beispielsweise Monarch + Frosch) auf die Hand aufgezogen wurden und dann wollten sie so das Spiel kippen.

Das funktioniert aber nicht, denn das Recruiter Deck baut darauf, den Gegner langsam zu zermürben und immer und immer wieder anzugreifen. Erst wenn man das verstanden hat und offensiv aufspielt, kann man auch Erfolge damit einfahren.



Die Folgen der Ignoranz


***

Ich behaupte ja überdurchschnittlich oft, dass der Großteil der Yu-Gi-Oh! Spieler das Spiel noch nicht wirklich verstanden hat. Ja, der Grund, dass immer die gleichen Leute auf Turnieren gewinnen ist gar nicht nur und unbedingt, dass diese Leute so gut sind, sondern dass viele anderen Spieler relativ schlecht sind.


Nachdem inzwischen klar wurde, dass Kartenvorteil erst seit knappen 1,5 Jahren wichtig wurde, sollte nach der Lektüre des Großteils dieses Artikels auch klar geworden sein, warum Life Points wichtig sein können. Viele Spieler haben inzwischen verstanden, dass Vorteil wichtig ist - doch sind viele von ihnen noch weit davon entfernt, auch die Bedeutung der Life Points richtig abzuschätzen.


Die Folgen davon sind recht offensichtlich. Beispielsweise das Demise OTK. Dieses Deck wäre - genauso wie das Cyber-Stein OTK - nie so erfolgreich (gewesen), wenn mehr Leute offensiv aufspielen würden und voll auf Druck und Schaden spielen würden. Denn häufig hätte der Demise, bzw. Cyber-Stein Spieler gar nicht mehr die nötigen Life Points, um seinen spielentscheidenden Effekt zu nutzen. Oder der D-Hero Gate Spieler müsste seine Dimensionsfusion als Bluff verdeckt runter legen, da er sie nicht mehr ausspielen kann. Oder der Lily OTK Spieler könnte direkt einpacken. Oder oder oder...


Es steckt viel Potential in durchweg offensiv ausgerichteten Decks - man muss es nur erkennen und die Decks richtig spielen!

Lasst es euch nicht immer von Leuten wie Adrian (die mich nicht mehr mögen) vormachen, packt selbst zum Zettel und zum Stift (oder alternativ zum eTCG.de Deckeditor) und entwerft Decks, die gezielt die Schwächen anderer Decks angreifen und gewinnt mit euren Entwicklungen die kommenden Turniere!



Trends der Woche


Cliffhanger


Ihr kennt das bestimmt: Ihr seht gerade eure Lieblingsserie (alternativ darf man sich auch denken, dass man gerade sein Lieblingscomic liest) und die komplette Folge lang wurde nur auf einen bestimmten Moment hin gearbeitet. Der scheint dann endlich zu kommen und...


...die Folge ist vorbei! Und man darf am nächsten Tag auch wieder einschalten, um zu erfahren, wie es weitergeht. Diese 9 Live-Taktik (Der Countdown läuft ab - es hat sich nichts geändert - aber Hauptsache mal nen Countdown durchgeführt) fesselt Millionen Frauen täglich an schrecklich schlechte Soaps wie GZSZ und erfreut sich weiterhin bester Beliebtheit. Diese Woche ist sie extrem in, da sie sogar schon von Diplom-Psychologen adaptiert wurde, um die treue Artikel-Leserschaft mehrere Wochen lang auf Folgeartikel warten lässt...


...nur um dann zu verkünden, dass diese ausbleiben.



Wie bringe ich mich ins Abseits?


Wenn man ganz alleine in einem Fußball-Team spielt, ist es absolut unmöglich, jemals ins Abseits zu geraten...


Es sei denn, man heißt Donnerdrache.


Wie zum Teufel kann man denn auf die wahnwitzige Idee kommen und in einem von Millionen von treuen soul-Fans verfolgten Feedback-Thread zu einer tollen Kolumne öffentlich preisgeben, dass man weiß, wie Toki/yo Hotel geschrieben wird?


Ganz großes Eigentor mein Freund!!!

Böser TH Fanboy!



Österreichische Opens


Open Qualifier sind schon eine feine Sache: Man hat noch mal eine wirklich letzte Chance, sich einen der wenigen übrigen Startplätze bei der jeweiligen Nationals zu sichern. Während man in Deutschland wirklich hart kämpfen muss, sieht das in Österreich ganz anders aus.


Da kommen auf eine Open 46 Spieler und mit Platz 24 qualifiziert man sich immer noch! Wow, das Nachrücksystem schlägt voll zu.

Ich prophezeie übrigens, dass dieses Jahr ein "bekannter Spieler" die Österreichische Meisterschaft gewinnt. Das liegt daran, dass es anscheinend fast nur bekannte Spieler in Österreich gibt - so viele sind es ja nicht.



soul


* An dieser Stelle sind meine Cookies zu Ende gegangen. Kombiniert mit der Enttäuschung, dass meine Cookies unglaublich teuer sind, wird im folgenden Text eine Depression einsetzen und ich bitte meine Leser, dies zu entschuldigen. Cookie-Spenden werde gerne angenommen, um solche Ärgernisse zukünftig zu vermeiden.


** Dieser tolle Begriff wird wohl bei Früher war alles besser Pt. III erklärt. Oder so.


*** Möglicherweise merkt man an dieser Stelle, dass ich heute viel Spaß am Schreiben habe. Kein Wunder, es geht ja nicht um eine Metagameanalyse und das Thema ist sogar recht spannend.


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