Das missverstandene Format

Mittlerweile ist es schon Ende Februar und dass im Garten die ersten Blumen Blüte tragen, ist immer ein sicheres Zeichen, dass die nächste Banned-List ins Haus steht. Im Forum wird bereits fleißig über sie diskutiert, gestritten und orakelt. Und jedes halbe Jahr auf neue ist dieser Thread auch immer eine Bewertung des aktuellen Metagames. Je mehr geschimpft und geflamed wird, desto schlechter war in der Regel das Format. Welche Decks waren zu stark? Gegen wen und gegen was habe ich ständig verloren? Die Einen finden den Crush Card Virus zu stark oder zu teuer, wieder Andere schimpfen über den Dark Armed Dragon. Ein oder zwei Spieler hatten sogar zu viele Royal Oppression ausgemacht. Und mittlerweile könnte man sogar den Eindruck bekommen, dass einzig und allein Decks mit 3 Mezuki etwas gerissen haben. Aber war dieses Format, dass offensichtlich so sehr vom Kin-Tele-DAD dominiert wurde, wirklich so schlecht?



The Duelist Genesis


Mit dem Erscheinen dieser Edition begann sich das Spiel unwiderruflich zu verändern. Die Synchro-Monster rund um Stardust Dragon und Colossal Fighter begannen das Geschehen zu dominieren und insbesondere der Drache des neuen Hauptcharakters Yusei Fudo ließ Decks rund um Gladiator Beast Gyzarus ganz schnell wieder verschwinden. Gleichzeitig stellten diese Monster die Spieler vor völlig neue Herausforderungen. Zur richtigen Zeit das richtige Synchro-Monster zu wählen, nicht zu früh alles auf eine Karte zu setzen, darum ging es in diesem Format. [1]

Tatsächlich war dieses Format vielleicht eines der am schwersten zu spielenden überhaupt. Denn wo das Kin-Tele-DAD in seiner Perfektion so schwer zu beherrschen ist und so viele Entscheidungen getroffen werden müssen, stellte insbesondere die Frage nach einem konkurrenzfähigen Anti-Deck die Duellanten vor eine unlösbar scheinende Aufgabe. Aber dazu später mehr.


Mittlerweile hat sich herausgestellt, dass die zweite Frage nicht nur lautete, wann man wie alles auf eine Karte setzt, sondern auch, wie man den Großangriff richtig absicherte: No-Tele-DAD [2] (auch bekannt als Dark Oppression) war geboren. Der Deckbau des so dominierenden Dark-Decks hat sich in den letzten Monaten stetig gewandelt. Da wurden Threatening Roars erfolgreich ins Deck gepackt, Psi-Commander ausprobiert und Anti-Elemente ins Deck eingebaut. Damit wären wir bei den vier großen Fragen angekommen, die in diesem Format viel zu selten gestellt wurden:

  1. Welches Synchro-Monster ist das richtige?

  2. Wann riskiere ich einen Großangriff?

  3. Wie sichere ich diesen Großangriff richtig ab?

  4. Wie baue ich ein funktionierendes Deck?


Die Qual der Wahl


Umut Serin ist der erste Fortune-Tour-Sieger in der Geschichte. Und wie schon im letzten Jahr Mario Konrath hatte der Sieger auch in diesem Jahr die wohl beste und durchdachteste Ansammlung von 70 Karten in einer Deckbox, die auf dem gesamten Turnier zu finden war. [3] In Japan dominierte Synchro-Undead die Turnierszene schon lange. Und eigentlich ist das Deck hier auch 1:1 nachbaubar, hätte die Sache nicht einen klitzekleinen Haken gehabt. Dieser Haken war vom Typ Sea-Serpent, hat 6 Sterne und heißt Brionac, Dragon of the Ice Boundary. Diese Karte ermöglicht den Japanern, Mezuki in den Grave zu werfen, Goblin Zombie vom Friedhof aufs Spielfeld zu bringen, nur um diesen dann zu synchronisieren und sich für den Goblin den nächsten Mezuki aus dem Deck zu suchen. Ganz nebenbei wird das gegnerische Spielfeld dabei geräumt um bedenkenlos zum gefürchteten OTK anzusetzen.


Während bei uns der Mezuki immerhin mit Hilfe eines Zombie Masters in den Friedhof wandern kann, fehlt den Zombies bei uns das nötige OTK-Potenzial. Dies ist der entscheidende Punkt, an dem das Deck von Umut ansetzt: Lumina, Lightsworn Summoner bietet nicht nur zusätzliche Abwurfmöglichkeiten, sondern ermöglicht auch die Synchrobeschwörung von Karten wie Tempest Magician und Avenging Knight Parshath. [4] Genau diese beiden Monster sind in diesem Deck das Zünglein an der Waage. Beide Karten ermöglichen es, Spiele zu entscheiden, was in den Featured Matches von Umut auch sehr schön nachzulesen ist. Gleichzeitig ist in den Featured Matches auch zu sehen, wie oft seine Gegner gegen ihn das falsche Synchromonster ausgepackt haben. Colossal Fighter macht dem Deck von Umut z.B. extrem zu schaffen. Einzig Crush Card Virus, Mirror Force und Brain Control können dieses Monster für Umut entsorgen. Zusätzlich noch die Option über den Parshath und dem gefürchteten Black Rose Dragon.


An diesem Beispiel kann man zwei Dinge sehen: zum Einen wird der Deckbau sehr viel abhängiger von den Synchro-Monstern, die man mit seinem Deck holen kann, welches den meisten Spielern nicht bewusst ist. [5] Für viele gibt es ein Standard-Extra-Deck, welches sie in jedes Deck stopfen und auch die Coverage hatte im Deckfeature dem so entscheidenden Extra-Deck keines Blickes gewürdigt.



Nur tote Fische schwimmen mit dem Strom


Aber Umut's Zombiesworn ist gegen Ende dieses Formates nicht der einzige Lichtblick gewesen. So hat sich das Kin-Tele-DAD mittlerweile stark gewandelt: mindestens eine Royal Oppression ist mittlerweile fast schon zur Pflicht geworden. Auch Zombies erfreuen sich so langsam immer größerer Beliebtheit. Was viele gerne vergessen ist die Tatsache, dass wir in diesem Format nicht nur Kin-Tele-DAD gesehen haben: Gladiatoren, Lightsworns, Gadgets, Burner, Oppression Monarch und diverse Anti-Builds durften wir in den Tops großer Turniere bestaunen. Deck Destruction, Black Garden und andere Decks waren kurz davor. Die große Frage, die sich stellt, lautet: war Kin-Tele-DAD soviel besser oder hatten einfach nur die besseren Spieler und die Mehrheit der Duellanten auf dieses Pferd gesetzt? Kaum spielte ein Spieler wie Vittorio Wiktor ein Zombie-Deck, schafft es das Deck in die Tops. Zufall? Tatsächlich war meiner Meinung nach dieses Format wie kein Format vor ihm von den spielerischen Fähigkeiten und der Intelligenz beim Deckbau geprägt.


Gleichzeitg wurde beim Bau der verschiedenen Anti-Decks ein entscheidender Fehler gemacht, dessen Auswirkungen jetzt ebenfalls im Thread zur neuen Banned-List zu bewundern sind: da wird sich beschwert, wie oft man doch wg. Crush Card Virus verloren hätte und dass die Karte auf jeden Fall gebanned gehört. So übermächtig die Karte auch ist, dass man wegen ihr verliert, ist in der Regel aber auf schlechten Deckbau zurückzuführen. Nicht ohne Grund spielt ein normaler Dark-Build nur ca. 5 Karten, die überhaupt vom Crush Card Virus betroffen sind. Die richtig großen Brocken kommen hingegen als Synchro-Beschwörung aufs Feld. Schaut man sich jetzt gängige Anti-Builds an, die dann 3 Thunder King Rai-Oh, 3 Banisher of the Radiance und 3 [Kycoo the Ghost Destroyer spielen und da evtl. sogar noch Gorz, the Emissary of Darkness und Breaker, the Magical Warrior hinzukommen, muss man sich nicht wundern, dass man bei einem aktivierten Crush Card Virus das Spiel verliert. Auch andere beliebte Anti-Karten wie King Tiger Wanghu haben eine ATK von mehr als 1500. Überlegt man sich jetzt, dass man auf einem Turnier mit 8-9 Runden nur 2 wegen dem Virus verlieren muss, um nicht in die Tops zu kommen, weiß man, warum Anti-Decks keine Chance haben. In den Tops kommen dann nochmal 4 Spiele zu einem Sieg dazu.


Wie man es richtig macht, kann man wieder bei den Japanern sehen. Dort ist Light Undead [6] ein sehr beliebtes Anti-Deck und auch bei der Fortune Tour Neuseeland konnte man ein solches Deck in den Tops bewundern. [7] Wie auch ein normales Zombie-Deck recht unbeeindruckt von der Tatsache ist, dass seine eigenen Monster im Friedhof sind, hat auch dieses Deck in keinster Weise ein Problem damit. Ganz im Gegenteil, es kann sich darüber fast schon freuen. [8] Dass so ein Deck dann zwangsweise stabiler laufen muss, sollte klar sein. Leider wurde dieses Deck, trotz der exzellenten Arbeit von kc_alex, kaum gespielt. [9]



Nicht mehr als 1500!


Dieses Motto soll leider nicht nur für Angriffskraft der Monster gelten, sondern auch für die Anzahl der Wörter in einem Artikel. Wenn dieser Artikel erscheint (sofern er den erscheint ^^), dürfte die nächste Liste der verbotenen Karten bereits bekannt sein. Ich für meinen Teil hoffe, dass nicht allzu viel passiert ist, denn das Format fängt gerade erst an, sich so richtig zu entwickeln. Denn wenn an der Dominanz von Kin-Tele-DAD minimal geschraubt wird (z.B. Destiny Hero Malicious semi-limitieren) haben wir eine ganze Reihe von Decks, die dann nicht nur in den Tops vorbeischauen, sondern auch wieder Turniere gewinnen werden. Davon bin ich überzeugt.


Dieses Format war bei weitem nicht so schlecht, wie es viele machen. Ja, es war z.T. extrem teuer. Ja, es wurde größtenteils von einem einzigen Deck dominiert. Aber dieses Format hat uns vor so viele neue Herausforderungen gestellt, dass ich es in guter Erinnerung behalten werden. Besonders schön ist: viele Herausforderungen sind noch gar nicht bewältigt worden. Ich schimpfe ja sonst viel über UDE, über Konami und insbesondere über die Preispolitik. [10] Dieses Plädoyer für unser geliebtes Hobby wollte ich trotzdem einmal unters Volk bringen.


Danke fürs Lesen und über Feedback würde ich mich natürlich sehr freuen. :)




[1] http://metagame.com/yugioh.aspx?tabid=33&ArticleId=10529, http://metagame.com/yugioh.aspx?tabid=33&ArticleId=10522, http://metagame.com/yugioh.aspx?tabid=33&ArticleId=10531

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[2] http://metagame.com/yugioh.aspx?tabid=33&ArticleId=10582, Jerry Wang

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[3] http://www.etcg.de/coverages/coverage/show/Fortune-Tour-Finale-Stuttgart/article/article/14965/

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[4] http://metagame.com/yugioh.aspx?tabid=33&ArticleId=10003

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[5] Nicht ganz ohne Grund konnte auch ein Shonen Jump gewonnen werden, indem man neben Krebons auch noch einen Psi-Commander ins Deck packte, welche die Synchrobeschwörung eines Black Rose Dragon ermöglichte.

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[6] http://ocgworld.twoday.net/stories/13122008-hurricane-kawanishi-store-celebration-open-commemoration-tour

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[7] http://www.etcg.de/forum/thread.php?threadid=365410&sid=, Tony Matthews

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[8] Den gleichen Vorteil haben mit Abstrichen auch Lightsworns.

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[9] http://www.etcg.de/forum/thread.php?threadid=356532&sid=

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[10] Bei diesem Punkt scheint sich glücklicherweise ganz langsam Besserung einzustellen. Momentan haben wir noch mit den Folgen des „schwarzen Sommers 2008“ zu kämpfen.

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