So ich hoffe ich bin hier im richtigen bereich, wenn nicht, liebe mods bitte verschieben - danke.
So doch worum gehts??
Im letzten Jahr wurde mir im Rahmen des Deutschunterrichts die Aufgabe gestellt, eine fiktive(=erfunden) Geschichte zu schreiben, bzw. ein Kapitel.
Nun möchte ich euch das vorstellen was dabei rausgekommen ist.
Über Feddback würde ich mich sehr freuen, aber selbst wenn jemand sich dieses Kapitel durchliest freut es mich.
Also, viel Spaß!!!!
Meine Geschichte beginnt im Sommer 1994, am Rande eines alten idyllischen Dorfes
- Chronox – in der Nähe der tschechischen Karpaten. Es ist eines jener Dörfer, welches im Winter aussieht, als wenn es einem Märchen entsprungen wäre, mitten aus Dickens Weihnachtsgeschichte, wobei mir die Hollywoodvariante mit Bill Murray wesentlich besser gefällt. Im Sommer jedoch und auch im Frühling und besonders im Herbst gleicht Chronox jedem anderem Dorf. Genauso trist und genauso langweilig. Selbst die Altstadt Chronox’ ist wie jede andere auch. Um eine sehr alte Kirche stehen sehr alte Häuser, in denen sehr alte Leute wohnen.
Doch warum sollten Jake und Marion Tailor hier wohnen, wo es doch so viel bessere Dörfer und auch Städte gibt? Einen Grund gab es auf jeden Fall.
Trotz alldem, ist das Dorf Chronox doch noch was Besonderes. Alle Häuser stehen in Form eines Kreises um die alte Kirche. Und nicht nur die der Altstadt – Nein – auch die Häuser der Neustadt, behalten diese Tradition bei. Wobei mir nicht bekannt ist woher diese Tradition eigentlich stammt, wahrscheinlich aus längst vergangener Zeit.
Kennt ihr diese riesigen Irrgärten, die die aussehen wie große Kreise. Denn genauso wirkt Chronox mit all seinen Straßen. Aber natürlich ist Chronox kein Irrgarten,
das Wort Sackgasse ist hier ungefähr genauso bekannt wie Dihydrogendinatriumethylendiamintetraacetat, also so gut wie gar nicht.
Doch selbst Traditionen werden irgendwann gebrochen, denn auch wenn die Standpunkte der Häuser immer gleich sind, haben sich die Häuser selber verändert. Sehr Schade wenn ihr mich fragt, denn ich liebe die alte Kunst des Fachwerks, diese alte Baukunst aus Deutschland, wo die Häuser mit viel Holz und weißem Stein gebaut werden.
Doch der Beton findet immer einen Weg, ähnlich dem Licht. Und irgendwann musste das Holz dem grauen Stein weichen. Sie – die Menschen – nennen es Fortschritt, ich nenne es Mut zur Hässlichkeit. Wenigstens haben sie mir das Grün gelassen. Auf jedes Haus, ob aus Holz oder Beton, folgt eine kleine Fläche mit Bäumen, Sträuchern und Blumen. Doch auch nur bedingt, denn je weiter man sich von der alten Kirche entfernt desto grauer wird die Umgebung – leider – und auch moderner – leider –
Ich bin getrost kein Feind der Neuzeit, doch nenne ich Tradition meinen engsten Verwandten. Doch auch ich kann auf Elektronik nicht verzichten. Dies ist eine der vielen Extrema in meinem Leben. Ich liebe die alte Zeit, bin technisch gesehen, aber auf dem neustem Stand.
Hoch sollen die Leben, die es können, hoch sollen die Leben, die in der heutigen Zeit ohne jede Technik leben, hochleben die Amish People.
Die Häuser Chronox’ waren alle mehr oder weniger einheitlich.
Doch das Haus in dem ich lebte war anders, natürlich war es anders, denn es war das Haus eines Amerikaners, das Haus von Jake Tailor meinem Vater. Die Tatsache das Jake Amerikaner ist macht mich auch zu einem, doch nur auf dem Papier. Was einen typischen Mann aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten hierhin verschlug, weiß ich nicht, vermutlich Steuern oder anderer finanzieller Scheiß von dem ich keine Ahnung habe. Finanzen brauchten mich auch nicht zu interessieren, denn war Jake reich. Und das sah man sofort. Generell ist der Unterschied zwischen Arm und Reich sofort zu erkennen, erst recht wenn man in Tschechien lebt. Das Haus von Jake war das pompöseste in ganz Chronox, selbst die alte Barockkirche konnte hier nicht mithalten und damit das erst richtig zur Geltung kam, warf Jake alle Tradition über Bord und baute dieses Haus außerhalb von Chronox, kaufte sich aber für genug Geld in die Gemeinde ein. Es war ein riesiges Haus, gebaut aus dunklen Backsteinen. Im jeden der insgesamt drei Stockwerken befanden sich riesige Fenster, umrandet von einem weißen Marmorbogen. Balkone hatte das Haus keine, wozu auch bei dem Grundstück. Der Garten war so groß das neben Pool, Tennisplatz, einer kleinen Obstplantage und genug Beeten, eine Baseballmannschaft ungestört hätte trainieren können.
Doch der wirkliche Reichtum war erst durch die Einrichtung festzumachen.
Und hier in diesem Haus lebte ich, zusammen mit Jake und Marion und meinen Geschwistern Janine, Nicole und Gregory.
Jake war ein älterer Mann, mitte 50. Sein Haar hatte sich schon stark gelichtet und auch seine einst blonde Haarfarbe musste einem sehr hellen Grau weichen. Er hatte eisblaue Augen, welche anscheinend schon so gut wie alles gesehen haben. Früher einmal muss Jake ein gut aussehender junger Mann gewesen sein, doch diese Zeiten waren schon lange vorbei.
Heute ist er fett. Ohne alte Fotos hätte ich Marion nie geglaubt, was für ein toller Kerl er gewesen sein musste.
Marion war meine Mutter. Eine Frau, welche gerade erst ihre Wechseljahre erreicht hatte.
Doch auch in ihrem, für eine Frau, hohem Alter sah sie prächtig aus. Sie hatte langes schwarzes lockiges Haar, eine wunderschöne reine und braungebrannte Haut, lange Beine und war durchtrainiert ohne Ende. Einst war sie Schauspielerin, früher jedenfalls, oft erzählte sie mir wie es früher auf es Broadway gewesen war, wie sie in verschiedenen Musicals mitgewirkt hatte. Ich lauschte gerne ihren Geschichten als ich noch jünger war, danach sang sie mich immer in den Schlaf. Ich glaube wenn sie nicht meine Mutter gewesen wäre, hätte ich mich glatt in sie verliebt. Ihr wisst schon, nicht die Liebe die ein Sohn zu seiner Mutter empfindet, sondern richtige Liebe, Liebe die durch Mark und Bein geht, die die das Herz entflammen lässt. Jedenfalls fühlte ich mich so stark zu ihr hingezogen, dass ich sie beim Duschen beobachtet habe. Noch heute erinnere ich mich mit großer Freude daran. Oh, wie schön doch diese festen großen Büste waren. Makellos – für einen Menschen. Doch natürlich blieb diese Tat nicht unentdeckt. Jake hatte mich dabei erwischt, wie ich seiner Frau beim Duschen zusah. Ich fing mir die Tracht Prügel meines Lebens ein.
Die Beiden haben sich auf einer Party kennen gelernt. Liebe auf den ersten Blick sagten sie.
Ich denke eher, das Jake es nur auf das große Geld von Marion abgesehen hatte. Sie hatte es ja als Schauspielerin. Er bekam das Geld dann auch. Und Jake ist zwar keine Leuchte, aber dumm war er allemal nicht. Er investierte es in Aktien. Und durch einen glücklichen Zufall, explodierte der Markt, dadurch kam das ganz große Geld zusammen. Das soll ein Jahr vor meiner Geburt gewesen sein, damals lebten sie noch in New York.
Natürlich ist es nicht schade dass die Beiden so viel Geld haben, denn ich profitierte ja auch davon, nicht zu knapp.
Meine Geschwister waren alle normale Jugendliche, nichts besonderes, außer, das sie alle bevorzugt wurden. Und der älteste Gregory, ist ungefähr so hellen im Kopf, wie die Sonne finster ist.
Ich schaute gerade dem Sonnenuntergang zu. Die Sonne verlies das Firmament und verschwand langsam hinter den Karpaten. Ich genoss diesen Anblick jeden Abend aus neue, doch musste ich zu diesen sommerlichen Zeiten sehr lange darauf warten, aber es lohnte sich.
Die letzten Strahlen fielen durch einige Bäume und Sträucher, welche auf den Bergspitzen standen, die Strahlen die auf Gewächs trafen, hinterließen malerische Schatten auf Chronox, welches immer mehr im Dunkel verschwand. Es sollte niemals enden, doch wie so oft im Leben wurde man enttäuscht. Nur wenige Minuten später war die Sonne komplett verschwunden. Ein letzter roter Schleier am Himmel blieb der einzige Beweiß dafür das der Flammenball immer noch existierte.
Die Nacht ist hereingebrochen. So schön auch der Sonnenuntergang ist oder gerade weil Sonnenuntergang ist, die Nacht ist die schönste Zeit überhaupt. Gibt es schönere Gezeiten, sollte man mir Bescheid sagen.
Ich lief durch mein Zimmer auf die andere Seite des Hauses. Der Mond stand schon hoch oben am Himmelszelt und auch ferne Sterne wurden immer sichtbarer. Die Nacht ist wunderschön. Es sind noch drei Tage bis zum nächsten Vollmond. Drei lange Tage.
Ich war schon immer ein wenig anders, schon immer ein wenig seltsam.
Während andere sich trafen um zu spielen, zu reden oder in der Sonne zu liegen, saß ich in meinem Zimmer, las Bücher, schrieb, hörte Musik oder schlief einfach nur. Das war schon immer so. Und wenn ich das gerade nicht machte, dachte ich über die Welt nach, philosophierte ich mich hinein.
Marion machte sich große Sorgen um mich, etwas in ihrer heilen Welt passte nicht.
Diese Sorge brachte mich sogar zum Arzt, doch dieser konnte nichts feststellen. Er war sich ziemlich sicher, dass ich ein psychisches Problem hätte, denn nach all seinen Tests konnte er nichts Besonderes feststellen außer einer leichten Anfälligkeit gegen UV-Strahlung. Er reichte mich an einen Psycho-Doc weiter.
Unter Tränen aufgelöst, brachte Marion mich dorthin.
Auch hier musste ich einige Tests absolvieren, einige Fragen beantworten. Der Doc meinte ich hätte eine Solphobie. Alles Schwachsinn, wenn ihr mich fragt, nur weil ich jemanden nicht leiden kann, habe ich doch nicht direkt Angst vor ihm. Ich mochte die Sonne einfach nicht, Punkt. Denn im Sonnenlicht wird man gesehen, am Tag wird man gesehen. Und ich möchte nicht gesehen werden. Sicherlich fragt ihr euch warum, wer kann es euch verübeln, denn zu diesem Zeitpunkt war ich erst Vierzehn. Um es nett auszudrücken, ich hasste mein Aussehen. Wobei ich aber nur hasse sage, weil Hass die größte Abscheu ausdrücken kann. Wenn es ein Wort gibt, welches Hass noch übersteigt, würde ich dieses wählen. Wenn mich die Leute ansahen lachten sie über mich. Dabei hatten sie keine Ahnung. Sie kannten mich nicht. Aber das tat ich selber auch nicht. Wenn mich die Leute anstarrten und lachten hasste ich es, wenn sie mich ignorierten hasste ich es noch mehr. Für mich gab es nur diese Extrema.
So lebte ich in den Tag hinein, immer darauf bedacht nicht gesehen zu werden, immer darauf bedacht alleine zu sein.
Erst heute weiß ich was mit mir los war, erst heute habe ich verstanden warum ich so war.
Aber wie sollte ich es auch wissen, in „Mom’s“ Welt war ja alles in Ordnung.
Deshalb machte es auch keinen Sinn über Problem zu reden.
„Marion, mir geht es schlecht“
„Das wird schon wieder“
„Es ist aber schlimm“
„Dann nimm Medikamente“
Über Gefühle zu sprechen habe ich nie gelernt. Der große starke Jake war ja noch da. Charles Darwins größter Befürworter. „Kämpf oder stirb“ Stark war ich nicht, also blieb mir nur noch die Flucht. Ich war der geborene Verlierer, gäbe es da nicht noch eine weitere Sache.
Ich war intelligent. Wer es nicht in den Armen hat der hat es im Kopf – und andersherum.
Gregory ist der beste Beweiß dafür. Noch so eine Extrema. Mein Bruder und ich.
Ich habe drei Klassen übersprungen – Wahnsinn oder? – Aber was bringt das einem, außer Zeit. Gar nichts. Also legte ich mich drei Jahre lang auf die faule Haut, was Jake nicht gerade recht kam.
Doch auch drei Jahre gehen irgendwann vorüber und seit neustem besuchte ich wieder die Schule. Der Ort an dem der Grundstein zum eigenem Traum gelegt werden soll – schon klar.
Doch eine gute Sache hatte der Wiedereintritt in die Schule.
Ich habe Rupe kennen gelernt.
Es dauerte nur sehr kurz und schon kamen wir ins Gespräch, mittlerweile sind wir gute Freunde. Bei Rupe konnte ich vergessen wer ich war und besonders wie ich war. Rupe brachte das menschliche Sozial in mir zum Vorschein. Wir hatten sogar eine Band gegründet, eine Rockband. Eines meiner Hobbys. Meine anderen Hobbys waren mir aber viel lieber, denn die konnte ich ganz alleine ausführen. So gerne ich auch bei Rupe war alleine war es immer noch am besten. Und außerdem, was kann schon mit dem Mystischem, dem Unwahrscheinlichem, dem Nichtexistierendem das Wasser reichen.
Je intelligenter eine Person ist, desto weniger weiß sie. Das klingt komisch, ist aber so. Ein einfacher Feldarbeiter wird sich nie fragen wo der Ursprung liegt. Gregory wird nie fragen warum Ketchup rot ist. Die geben sich mit dem zufrieden was sie wissen. Doch ich nicht. Ich will alles wissen, alles hinterfragen.
Die größte Frage die ich mir je gestellt habe, ist die Frage nach einer vampirischen Existenz. Woher kommen all die Überlieferungen? Und gab es Hexen wirklich? Oder Werwölfe? Könnte auch ich zaubern? Die Frage nach dem Ursprung allen Lebens habe ich mir nie gestellt. Ich meine wer könnte diese Frage schon beantworten? So was würde einen nur psychisch krank machen. Und die menschliche Psyche ist auch ein Mysterium. Ist sie nicht gleichbedeutend dem Universum? Kann man sie vollständig verstehen?
Also, ich kann. Jedenfalls in großen Stücken. Es ist mir möglich menschliche Verhaltensweisen zu analysieren. Das konnte ich schon von Anfang an. Freud und ich hätten große Freude gehabt. Nur eins blieb verborgen. Eines konnte ich nie analysieren. Meine Psyche. Ist das nicht verrückt. Der größte Heiler ist nicht in der Lage sich selbst zu heilen. Der Mensch ist abhängig von anderen. Alleine kann ein Mensch nichts ändern noch nicht mal sich selbst, nur in den seltensten Fällen. Auch ich änderte nichts. Jeder Tag verlief gleich, ebenso jede Nacht.
Ich schlenderte durch mein Zimmer. Kurze Zeit später entledigte ich mich meiner Kleidung, warf diese auf einen Haufen – das Chaos könnte ich auch mal beseitigen, aber ich beherrschte es ja – und stand nun nackt in meinem Zimmer, so wie ein angeblich existierendes Wesen, welches von der größten Verleugnern unserer Zeit, als Gott angesehen wird, mich geschaffen hatte. Dem Christentum habe ich schon vor langer zeit abgeschworen, denn wenn es ein allmächtiges Wesen wie Gott geben würde, würde ich es hassen, weil allmächtig kann es ja nicht sein, dazu gibt es zu viel Probleme.
Ich denke das Gott und der Mensch in einer Meister – Lehrling – Beziehung stehen, doch in diesem Fall hat der Meister die Kontrolle über seine Schützlinge verloren. Nur ein guter Meister behält die Kontrolle. Gott ist nicht gut, denn er hat die Kontrolle verloren und da das Christentum diesem götterähnliche Wesen huldigt, kann auch das Christentum nicht gut sein. Falls die Menschheit das Problem ist, was ja auch gut möglich, würde sich nichts ändern. Das was schlechte Menschen huldigen, kann nicht gut sein.
Ich machte mich nackt auf ins Badezimmer. Noch so eine Extrema, aber ich wusste, dass mich keiner sehen würde. Ich verlies mein Zimmer und betrat den großen Flur, welcher an jedes Zimmer in diesem Haus grenzte. Er lag komplett im Dunkeln und dabei beließ ich es auch. Dies war eine Eigenart von mir. Wenn ich selbst keinen Beweis für eine vampirische Existenz fand, warum sollte ich nicht selber der Beweiß sein.
Jedenfalls, das Licht blieb aus.
Ich bewegte mich ganz normal durch den Flur, wenn musste es ja authentisch sein und zudem kenne ich jenen Raum. Doch wie sollte es auch anders sein, ich lief gegen den kleinen Beistelltisch der direkt neben der Treppe stand.
- Pock –
Mein Zeh fing an zu schmerzen. Einer dieser unangenehmen, der pochende. Ich konnte gerade noch einen Aufschrei unterdrücken. Zum Glück. Jake war zwar alt, aber nicht taub. Ich biss mir auf die Unterlippe. Verdammt tat mein Zeh weh.
Ich machte einen kleinen Bogen um den blöden Tisch. Auf dem Fußballen schlich ich weiter Richtung Badezimmer. Als meine Nasenspitze die Tür berührte, wusste ich, dass ich ohne weitere Blessuren angekommen war. Ich öffnete leise die Tür, und trat ein. Auch das Badezimmer lag komplett im Dunkeln.
So oft ich auch versuchte wie ein Vampir zu sein, konnte ich nie vollständig diese Rolle annehmen und dazu gehörte auch, das ich nicht im Dunkeln sehen kann. Widerwillig schaltete ich das Licht ein, welches mich kurz darauf einige Male blinzeln ließ. Das Badezimmer war ein großes Zimmer. Es befanden sich Badewanne, Dusche, Toilette, BD und der ganze andere Kram der hier reingehörte hier drin. Darüber hinaus zierten zwei lange Sideboards zwei Wände. Die komplette Einrichtung war königsblau, perfekt kontrastiert zu weißem Metall und noch weißerer Emaile. Der Kachelboden wurde von einem Teppich verdeckt. Ich stellte mich ans Waschbecken und ließ einen kurzen Blick in den darüber hängenden Spiegel gleiten. Nicht zu lange, denn Jakes Rasierklingen, lagen in unmittelbarer Nähe. Doch dieser kurze Blick reichte aus um das zu erblicken, was ich so verabscheute. Aus dem fensterähnlichem Gehäuse blickte ein fast erwachsener Mann, der vor wenigen Monaten genau Zwanzig geworden ist. Sein Gesicht glich dem einer Kartoffel, einer handelsüblichen, lang und schmal. Eine viel zu Hohe Stirn und ein sehr tief sitzendes Kinn trugen dazu bei.
Leichter Bartwuchs ließ auf das ungefähre Alter schließen. Zwischen grün-braunen Augen, welche des Lebens müde waren, saß ein viel zu lange Nase. Langes Schwarzes Haar fiel auf seine Schultern, am Ansatz jedoch zeigte es braune Stellen. Es machte den Anschein, als sei ich ein schlaksiger Kerl, doch abseits des Halses zeichnete sich eine dickliche Statur ab .Ich hatte männliche Brüste und mein Bauch glich dem einem Ballon. Wie gesagt mein Leben war voller Extrema. Das war der Dan Tailor vor genau dreizehn Jahren. Dick und hässlich. Ich drehte meinen Kopf schnell weg, denn eigentlich wollte ich mir nur ein Handtuch nehmen welches neben dem Waschbecken hing.
Früher habe ich mich immer vor dem Spiegel gestellt und habe versucht meine Eckzähne wachsen zu lassen. Naiv oder? Wenn ich es lang genug versucht hatte, bildete ich mir immer ein, dass es mir wirklich gelungen ist. Noch naiver.
Ich griff nach einem Handtuch, warf es über die Badewanne und drehte anschließend die Wasserhähne auf. Die Extrema meine Freunde. Doch ich wollte nicht pingelig sein. In einer Wechselwirkung aus eiskaltem Wasser und Kochwasser, duschte ich mich. Wie lange ich das tat weiß ich nicht mehr, doch als das Wasser ein letztes Mal sich Richtung Gefrierpunkt bewegte, sprang ich aus der Kabine raus. Nur wenige Minuten später, war ich abgetrocknet, nur die Harre ließen darauf schließen, was ich kurz vorher getan habe. Ich warf das Handtuch in einen Wäschekorb und machte mich auf in Richtung Flur. Ein letzter prüfender Blick, denn Jake war pingelig und ich schaltete das Licht aus. Erneut trat ich in den dunklen Flur. Erneut verlies ich mich auf meine imaginären vampirischen Sinne. Ich glaubte schon immer daran, dass ein Vampir der Adler der Nacht ist.
Bedingt durch das letzte Zusammentreffen mit Kumpane Beistelltisch, flüsterte ich mir selber zu.
„Pass auf den Tisch auf“
Aber ich hatte es mir ja selber schwer gemacht, man könnte es ja auch einfach haben.
- Pock –
Diesmal war es der andere Zeh, der Schmerz jedoch war derselbe. Nur diesmal gelang es mir nicht einen Aufschrei zu unterdrücken.
„Argh, verdammte Scheiße“
In meiner Wut schlug ich gegen den kleinen Störenfried. Das ich selber Schuld an dieser Misere hatte kam mir nicht in den Sinn. Wieso denn auch der Tisch stand ja mir im Weg.
Meine Aktion machte einen Heiden Lärm.
Plötzlich ging das Licht an. Wie erstarrt stand ich nun im hell erleuchteten Korridor.
Der jenige der das Licht eingeschaltet hatte, kam mit schnellen schweren Schritten die Treppe runter gerannt. Da meine Augen noch leicht betäubt waren, von dieser schnellen Lichtzufuhr, konnte ich nur eine Silhouette vor mir erkennen. Doch meine Ohren funktionierten einwandfrei.
„Was glaubst du eigentlich, wie spät es ist?“
Jakes laute tiefe Stimme polterte los. Ich antwortete angriffslustig.
„Keine Ahnung, sag du es mir.“
„Pass auf wie du mit mir redest, Junge, siehst du nicht, dass wir schlafen“
Ich provozierte weiter.
„Wie denn, das Licht war ja aus.“
Langsam gewöhnten sich meine Augen an das grelle Licht. Ich konnte Jake direkt vor mir erkennen. Er hatte nur seine weißen Shorts an, sein fetter Bauch hing über dem Bund. Mit hochrotem Kopf, wutverzerrtem Gesicht und mit schwerer Atmung, äffte er mich nach.
„Das Licht war aus“
Ich sagte nichts.
„Geh ins Bett, und zwar sofort, sonst knallt es.“
Ich konnte ein Grinsen nicht unterdrücken.
„Richtig schön amerikanisch – DAD“
Das war zu viel des guten. Mit der vollen Faust versetzte er mir einen Kinnhaken. Ich taumelte. Eine leise Stimme meldete sich zu Wort.
„Jake-Liebling, was ist los?“
Jake musste nach so einer schnellen Bewegung, erst mal wieder zu Atem kommen.
Kurze Zeit später lieb säuselte er eine Antwort.
„Dan ist nur gegen den Tisch gelaufen, ich wollte schauen ob alles in Ordnung ist.“
„Komm wieder ins Bett Liebling.“
Jake wandte sich wieder mir zu, zeigte mit dem Finger auf mich und drohte mir.
„Ein Wort und du erlebst dein blaues Wunder, Junge.“
Er schaute an mir runter.
„Und zieh dir was an, das ist ja widerlich.“
Ohne eine Antwort abzuwarten, machte er kehrt und stapfte die Treppe hoch.
„Ich komme Marion.“
Das Licht ging wieder aus. Mittlerweile musste ich gegen Tränen ankämpfen. Nicht weil der Schmerz der langsam spürbar wurde unerträglich war. Physischer Schmerz ist doch nichts. Es geht viel mehr um den psychischen, der den man empfindet, wenn man von Menschen die einen eigentlich lieben sollte, hintergangen wird. Der Schmerz in meinem Herzen. Ich machte mich auf in mein Zimmer. Wut keimte in mir auf. Wut auf Jake, weil er mich zum wiederholten male geschlagen hatte. Wut auf mich, weil ich aus meinen Fehlern nicht lernte.