• So ich hoffe ich bin hier im richtigen bereich, wenn nicht, liebe mods bitte verschieben - danke.


    So doch worum gehts??


    Im letzten Jahr wurde mir im Rahmen des Deutschunterrichts die Aufgabe gestellt, eine fiktive(=erfunden) Geschichte zu schreiben, bzw. ein Kapitel.
    Nun möchte ich euch das vorstellen was dabei rausgekommen ist.


    Über Feddback würde ich mich sehr freuen, aber selbst wenn jemand sich dieses Kapitel durchliest freut es mich.


    Also, viel Spaß!!!!


    Meine Geschichte beginnt im Sommer 1994, am Rande eines alten idyllischen Dorfes
    - Chronox – in der Nähe der tschechischen Karpaten. Es ist eines jener Dörfer, welches im Winter aussieht, als wenn es einem Märchen entsprungen wäre, mitten aus Dickens Weihnachtsgeschichte, wobei mir die Hollywoodvariante mit Bill Murray wesentlich besser gefällt. Im Sommer jedoch und auch im Frühling und besonders im Herbst gleicht Chronox jedem anderem Dorf. Genauso trist und genauso langweilig. Selbst die Altstadt Chronox’ ist wie jede andere auch. Um eine sehr alte Kirche stehen sehr alte Häuser, in denen sehr alte Leute wohnen.
    Doch warum sollten Jake und Marion Tailor hier wohnen, wo es doch so viel bessere Dörfer und auch Städte gibt? Einen Grund gab es auf jeden Fall.
    Trotz alldem, ist das Dorf Chronox doch noch was Besonderes. Alle Häuser stehen in Form eines Kreises um die alte Kirche. Und nicht nur die der Altstadt – Nein – auch die Häuser der Neustadt, behalten diese Tradition bei. Wobei mir nicht bekannt ist woher diese Tradition eigentlich stammt, wahrscheinlich aus längst vergangener Zeit.
    Kennt ihr diese riesigen Irrgärten, die die aussehen wie große Kreise. Denn genauso wirkt Chronox mit all seinen Straßen. Aber natürlich ist Chronox kein Irrgarten,
    das Wort Sackgasse ist hier ungefähr genauso bekannt wie Dihydrogendinatriumethylendiamintetraacetat, also so gut wie gar nicht.
    Doch selbst Traditionen werden irgendwann gebrochen, denn auch wenn die Standpunkte der Häuser immer gleich sind, haben sich die Häuser selber verändert. Sehr Schade wenn ihr mich fragt, denn ich liebe die alte Kunst des Fachwerks, diese alte Baukunst aus Deutschland, wo die Häuser mit viel Holz und weißem Stein gebaut werden.
    Doch der Beton findet immer einen Weg, ähnlich dem Licht. Und irgendwann musste das Holz dem grauen Stein weichen. Sie – die Menschen – nennen es Fortschritt, ich nenne es Mut zur Hässlichkeit. Wenigstens haben sie mir das Grün gelassen. Auf jedes Haus, ob aus Holz oder Beton, folgt eine kleine Fläche mit Bäumen, Sträuchern und Blumen. Doch auch nur bedingt, denn je weiter man sich von der alten Kirche entfernt desto grauer wird die Umgebung – leider – und auch moderner – leider –
    Ich bin getrost kein Feind der Neuzeit, doch nenne ich Tradition meinen engsten Verwandten. Doch auch ich kann auf Elektronik nicht verzichten. Dies ist eine der vielen Extrema in meinem Leben. Ich liebe die alte Zeit, bin technisch gesehen, aber auf dem neustem Stand.
    Hoch sollen die Leben, die es können, hoch sollen die Leben, die in der heutigen Zeit ohne jede Technik leben, hochleben die Amish People.
    Die Häuser Chronox’ waren alle mehr oder weniger einheitlich.
    Doch das Haus in dem ich lebte war anders, natürlich war es anders, denn es war das Haus eines Amerikaners, das Haus von Jake Tailor meinem Vater. Die Tatsache das Jake Amerikaner ist macht mich auch zu einem, doch nur auf dem Papier. Was einen typischen Mann aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten hierhin verschlug, weiß ich nicht, vermutlich Steuern oder anderer finanzieller Scheiß von dem ich keine Ahnung habe. Finanzen brauchten mich auch nicht zu interessieren, denn war Jake reich. Und das sah man sofort. Generell ist der Unterschied zwischen Arm und Reich sofort zu erkennen, erst recht wenn man in Tschechien lebt. Das Haus von Jake war das pompöseste in ganz Chronox, selbst die alte Barockkirche konnte hier nicht mithalten und damit das erst richtig zur Geltung kam, warf Jake alle Tradition über Bord und baute dieses Haus außerhalb von Chronox, kaufte sich aber für genug Geld in die Gemeinde ein. Es war ein riesiges Haus, gebaut aus dunklen Backsteinen. Im jeden der insgesamt drei Stockwerken befanden sich riesige Fenster, umrandet von einem weißen Marmorbogen. Balkone hatte das Haus keine, wozu auch bei dem Grundstück. Der Garten war so groß das neben Pool, Tennisplatz, einer kleinen Obstplantage und genug Beeten, eine Baseballmannschaft ungestört hätte trainieren können.
    Doch der wirkliche Reichtum war erst durch die Einrichtung festzumachen.
    Und hier in diesem Haus lebte ich, zusammen mit Jake und Marion und meinen Geschwistern Janine, Nicole und Gregory.
    Jake war ein älterer Mann, mitte 50. Sein Haar hatte sich schon stark gelichtet und auch seine einst blonde Haarfarbe musste einem sehr hellen Grau weichen. Er hatte eisblaue Augen, welche anscheinend schon so gut wie alles gesehen haben. Früher einmal muss Jake ein gut aussehender junger Mann gewesen sein, doch diese Zeiten waren schon lange vorbei.
    Heute ist er fett. Ohne alte Fotos hätte ich Marion nie geglaubt, was für ein toller Kerl er gewesen sein musste.
    Marion war meine Mutter. Eine Frau, welche gerade erst ihre Wechseljahre erreicht hatte.
    Doch auch in ihrem, für eine Frau, hohem Alter sah sie prächtig aus. Sie hatte langes schwarzes lockiges Haar, eine wunderschöne reine und braungebrannte Haut, lange Beine und war durchtrainiert ohne Ende. Einst war sie Schauspielerin, früher jedenfalls, oft erzählte sie mir wie es früher auf es Broadway gewesen war, wie sie in verschiedenen Musicals mitgewirkt hatte. Ich lauschte gerne ihren Geschichten als ich noch jünger war, danach sang sie mich immer in den Schlaf. Ich glaube wenn sie nicht meine Mutter gewesen wäre, hätte ich mich glatt in sie verliebt. Ihr wisst schon, nicht die Liebe die ein Sohn zu seiner Mutter empfindet, sondern richtige Liebe, Liebe die durch Mark und Bein geht, die die das Herz entflammen lässt. Jedenfalls fühlte ich mich so stark zu ihr hingezogen, dass ich sie beim Duschen beobachtet habe. Noch heute erinnere ich mich mit großer Freude daran. Oh, wie schön doch diese festen großen Büste waren. Makellos – für einen Menschen. Doch natürlich blieb diese Tat nicht unentdeckt. Jake hatte mich dabei erwischt, wie ich seiner Frau beim Duschen zusah. Ich fing mir die Tracht Prügel meines Lebens ein.
    Die Beiden haben sich auf einer Party kennen gelernt. Liebe auf den ersten Blick sagten sie.
    Ich denke eher, das Jake es nur auf das große Geld von Marion abgesehen hatte. Sie hatte es ja als Schauspielerin. Er bekam das Geld dann auch. Und Jake ist zwar keine Leuchte, aber dumm war er allemal nicht. Er investierte es in Aktien. Und durch einen glücklichen Zufall, explodierte der Markt, dadurch kam das ganz große Geld zusammen. Das soll ein Jahr vor meiner Geburt gewesen sein, damals lebten sie noch in New York.
    Natürlich ist es nicht schade dass die Beiden so viel Geld haben, denn ich profitierte ja auch davon, nicht zu knapp.
    Meine Geschwister waren alle normale Jugendliche, nichts besonderes, außer, das sie alle bevorzugt wurden. Und der älteste Gregory, ist ungefähr so hellen im Kopf, wie die Sonne finster ist.
    Ich schaute gerade dem Sonnenuntergang zu. Die Sonne verlies das Firmament und verschwand langsam hinter den Karpaten. Ich genoss diesen Anblick jeden Abend aus neue, doch musste ich zu diesen sommerlichen Zeiten sehr lange darauf warten, aber es lohnte sich.
    Die letzten Strahlen fielen durch einige Bäume und Sträucher, welche auf den Bergspitzen standen, die Strahlen die auf Gewächs trafen, hinterließen malerische Schatten auf Chronox, welches immer mehr im Dunkel verschwand. Es sollte niemals enden, doch wie so oft im Leben wurde man enttäuscht. Nur wenige Minuten später war die Sonne komplett verschwunden. Ein letzter roter Schleier am Himmel blieb der einzige Beweiß dafür das der Flammenball immer noch existierte.
    Die Nacht ist hereingebrochen. So schön auch der Sonnenuntergang ist oder gerade weil Sonnenuntergang ist, die Nacht ist die schönste Zeit überhaupt. Gibt es schönere Gezeiten, sollte man mir Bescheid sagen.
    Ich lief durch mein Zimmer auf die andere Seite des Hauses. Der Mond stand schon hoch oben am Himmelszelt und auch ferne Sterne wurden immer sichtbarer. Die Nacht ist wunderschön. Es sind noch drei Tage bis zum nächsten Vollmond. Drei lange Tage.
    Ich war schon immer ein wenig anders, schon immer ein wenig seltsam.
    Während andere sich trafen um zu spielen, zu reden oder in der Sonne zu liegen, saß ich in meinem Zimmer, las Bücher, schrieb, hörte Musik oder schlief einfach nur. Das war schon immer so. Und wenn ich das gerade nicht machte, dachte ich über die Welt nach, philosophierte ich mich hinein.
    Marion machte sich große Sorgen um mich, etwas in ihrer heilen Welt passte nicht.
    Diese Sorge brachte mich sogar zum Arzt, doch dieser konnte nichts feststellen. Er war sich ziemlich sicher, dass ich ein psychisches Problem hätte, denn nach all seinen Tests konnte er nichts Besonderes feststellen außer einer leichten Anfälligkeit gegen UV-Strahlung. Er reichte mich an einen Psycho-Doc weiter.
    Unter Tränen aufgelöst, brachte Marion mich dorthin.
    Auch hier musste ich einige Tests absolvieren, einige Fragen beantworten. Der Doc meinte ich hätte eine Solphobie. Alles Schwachsinn, wenn ihr mich fragt, nur weil ich jemanden nicht leiden kann, habe ich doch nicht direkt Angst vor ihm. Ich mochte die Sonne einfach nicht, Punkt. Denn im Sonnenlicht wird man gesehen, am Tag wird man gesehen. Und ich möchte nicht gesehen werden. Sicherlich fragt ihr euch warum, wer kann es euch verübeln, denn zu diesem Zeitpunkt war ich erst Vierzehn. Um es nett auszudrücken, ich hasste mein Aussehen. Wobei ich aber nur hasse sage, weil Hass die größte Abscheu ausdrücken kann. Wenn es ein Wort gibt, welches Hass noch übersteigt, würde ich dieses wählen. Wenn mich die Leute ansahen lachten sie über mich. Dabei hatten sie keine Ahnung. Sie kannten mich nicht. Aber das tat ich selber auch nicht. Wenn mich die Leute anstarrten und lachten hasste ich es, wenn sie mich ignorierten hasste ich es noch mehr. Für mich gab es nur diese Extrema.
    So lebte ich in den Tag hinein, immer darauf bedacht nicht gesehen zu werden, immer darauf bedacht alleine zu sein.
    Erst heute weiß ich was mit mir los war, erst heute habe ich verstanden warum ich so war.
    Aber wie sollte ich es auch wissen, in „Mom’s“ Welt war ja alles in Ordnung.
    Deshalb machte es auch keinen Sinn über Problem zu reden.
    „Marion, mir geht es schlecht“
    „Das wird schon wieder“
    „Es ist aber schlimm“
    „Dann nimm Medikamente“
    Über Gefühle zu sprechen habe ich nie gelernt. Der große starke Jake war ja noch da. Charles Darwins größter Befürworter. „Kämpf oder stirb“ Stark war ich nicht, also blieb mir nur noch die Flucht. Ich war der geborene Verlierer, gäbe es da nicht noch eine weitere Sache.
    Ich war intelligent. Wer es nicht in den Armen hat der hat es im Kopf – und andersherum.
    Gregory ist der beste Beweiß dafür. Noch so eine Extrema. Mein Bruder und ich.
    Ich habe drei Klassen übersprungen – Wahnsinn oder? – Aber was bringt das einem, außer Zeit. Gar nichts. Also legte ich mich drei Jahre lang auf die faule Haut, was Jake nicht gerade recht kam.
    Doch auch drei Jahre gehen irgendwann vorüber und seit neustem besuchte ich wieder die Schule. Der Ort an dem der Grundstein zum eigenem Traum gelegt werden soll – schon klar.
    Doch eine gute Sache hatte der Wiedereintritt in die Schule.
    Ich habe Rupe kennen gelernt.
    Es dauerte nur sehr kurz und schon kamen wir ins Gespräch, mittlerweile sind wir gute Freunde. Bei Rupe konnte ich vergessen wer ich war und besonders wie ich war. Rupe brachte das menschliche Sozial in mir zum Vorschein. Wir hatten sogar eine Band gegründet, eine Rockband. Eines meiner Hobbys. Meine anderen Hobbys waren mir aber viel lieber, denn die konnte ich ganz alleine ausführen. So gerne ich auch bei Rupe war alleine war es immer noch am besten. Und außerdem, was kann schon mit dem Mystischem, dem Unwahrscheinlichem, dem Nichtexistierendem das Wasser reichen.
    Je intelligenter eine Person ist, desto weniger weiß sie. Das klingt komisch, ist aber so. Ein einfacher Feldarbeiter wird sich nie fragen wo der Ursprung liegt. Gregory wird nie fragen warum Ketchup rot ist. Die geben sich mit dem zufrieden was sie wissen. Doch ich nicht. Ich will alles wissen, alles hinterfragen.
    Die größte Frage die ich mir je gestellt habe, ist die Frage nach einer vampirischen Existenz. Woher kommen all die Überlieferungen? Und gab es Hexen wirklich? Oder Werwölfe? Könnte auch ich zaubern? Die Frage nach dem Ursprung allen Lebens habe ich mir nie gestellt. Ich meine wer könnte diese Frage schon beantworten? So was würde einen nur psychisch krank machen. Und die menschliche Psyche ist auch ein Mysterium. Ist sie nicht gleichbedeutend dem Universum? Kann man sie vollständig verstehen?
    Also, ich kann. Jedenfalls in großen Stücken. Es ist mir möglich menschliche Verhaltensweisen zu analysieren. Das konnte ich schon von Anfang an. Freud und ich hätten große Freude gehabt. Nur eins blieb verborgen. Eines konnte ich nie analysieren. Meine Psyche. Ist das nicht verrückt. Der größte Heiler ist nicht in der Lage sich selbst zu heilen. Der Mensch ist abhängig von anderen. Alleine kann ein Mensch nichts ändern noch nicht mal sich selbst, nur in den seltensten Fällen. Auch ich änderte nichts. Jeder Tag verlief gleich, ebenso jede Nacht.
    Ich schlenderte durch mein Zimmer. Kurze Zeit später entledigte ich mich meiner Kleidung, warf diese auf einen Haufen – das Chaos könnte ich auch mal beseitigen, aber ich beherrschte es ja – und stand nun nackt in meinem Zimmer, so wie ein angeblich existierendes Wesen, welches von der größten Verleugnern unserer Zeit, als Gott angesehen wird, mich geschaffen hatte. Dem Christentum habe ich schon vor langer zeit abgeschworen, denn wenn es ein allmächtiges Wesen wie Gott geben würde, würde ich es hassen, weil allmächtig kann es ja nicht sein, dazu gibt es zu viel Probleme.
    Ich denke das Gott und der Mensch in einer Meister – Lehrling – Beziehung stehen, doch in diesem Fall hat der Meister die Kontrolle über seine Schützlinge verloren. Nur ein guter Meister behält die Kontrolle. Gott ist nicht gut, denn er hat die Kontrolle verloren und da das Christentum diesem götterähnliche Wesen huldigt, kann auch das Christentum nicht gut sein. Falls die Menschheit das Problem ist, was ja auch gut möglich, würde sich nichts ändern. Das was schlechte Menschen huldigen, kann nicht gut sein.
    Ich machte mich nackt auf ins Badezimmer. Noch so eine Extrema, aber ich wusste, dass mich keiner sehen würde. Ich verlies mein Zimmer und betrat den großen Flur, welcher an jedes Zimmer in diesem Haus grenzte. Er lag komplett im Dunkeln und dabei beließ ich es auch. Dies war eine Eigenart von mir. Wenn ich selbst keinen Beweis für eine vampirische Existenz fand, warum sollte ich nicht selber der Beweiß sein.
    Jedenfalls, das Licht blieb aus.
    Ich bewegte mich ganz normal durch den Flur, wenn musste es ja authentisch sein und zudem kenne ich jenen Raum. Doch wie sollte es auch anders sein, ich lief gegen den kleinen Beistelltisch der direkt neben der Treppe stand.
    - Pock –
    Mein Zeh fing an zu schmerzen. Einer dieser unangenehmen, der pochende. Ich konnte gerade noch einen Aufschrei unterdrücken. Zum Glück. Jake war zwar alt, aber nicht taub. Ich biss mir auf die Unterlippe. Verdammt tat mein Zeh weh.
    Ich machte einen kleinen Bogen um den blöden Tisch. Auf dem Fußballen schlich ich weiter Richtung Badezimmer. Als meine Nasenspitze die Tür berührte, wusste ich, dass ich ohne weitere Blessuren angekommen war. Ich öffnete leise die Tür, und trat ein. Auch das Badezimmer lag komplett im Dunkeln.
    So oft ich auch versuchte wie ein Vampir zu sein, konnte ich nie vollständig diese Rolle annehmen und dazu gehörte auch, das ich nicht im Dunkeln sehen kann. Widerwillig schaltete ich das Licht ein, welches mich kurz darauf einige Male blinzeln ließ. Das Badezimmer war ein großes Zimmer. Es befanden sich Badewanne, Dusche, Toilette, BD und der ganze andere Kram der hier reingehörte hier drin. Darüber hinaus zierten zwei lange Sideboards zwei Wände. Die komplette Einrichtung war königsblau, perfekt kontrastiert zu weißem Metall und noch weißerer Emaile. Der Kachelboden wurde von einem Teppich verdeckt. Ich stellte mich ans Waschbecken und ließ einen kurzen Blick in den darüber hängenden Spiegel gleiten. Nicht zu lange, denn Jakes Rasierklingen, lagen in unmittelbarer Nähe. Doch dieser kurze Blick reichte aus um das zu erblicken, was ich so verabscheute. Aus dem fensterähnlichem Gehäuse blickte ein fast erwachsener Mann, der vor wenigen Monaten genau Zwanzig geworden ist. Sein Gesicht glich dem einer Kartoffel, einer handelsüblichen, lang und schmal. Eine viel zu Hohe Stirn und ein sehr tief sitzendes Kinn trugen dazu bei.
    Leichter Bartwuchs ließ auf das ungefähre Alter schließen. Zwischen grün-braunen Augen, welche des Lebens müde waren, saß ein viel zu lange Nase. Langes Schwarzes Haar fiel auf seine Schultern, am Ansatz jedoch zeigte es braune Stellen. Es machte den Anschein, als sei ich ein schlaksiger Kerl, doch abseits des Halses zeichnete sich eine dickliche Statur ab .Ich hatte männliche Brüste und mein Bauch glich dem einem Ballon. Wie gesagt mein Leben war voller Extrema. Das war der Dan Tailor vor genau dreizehn Jahren. Dick und hässlich. Ich drehte meinen Kopf schnell weg, denn eigentlich wollte ich mir nur ein Handtuch nehmen welches neben dem Waschbecken hing.
    Früher habe ich mich immer vor dem Spiegel gestellt und habe versucht meine Eckzähne wachsen zu lassen. Naiv oder? Wenn ich es lang genug versucht hatte, bildete ich mir immer ein, dass es mir wirklich gelungen ist. Noch naiver.
    Ich griff nach einem Handtuch, warf es über die Badewanne und drehte anschließend die Wasserhähne auf. Die Extrema meine Freunde. Doch ich wollte nicht pingelig sein. In einer Wechselwirkung aus eiskaltem Wasser und Kochwasser, duschte ich mich. Wie lange ich das tat weiß ich nicht mehr, doch als das Wasser ein letztes Mal sich Richtung Gefrierpunkt bewegte, sprang ich aus der Kabine raus. Nur wenige Minuten später, war ich abgetrocknet, nur die Harre ließen darauf schließen, was ich kurz vorher getan habe. Ich warf das Handtuch in einen Wäschekorb und machte mich auf in Richtung Flur. Ein letzter prüfender Blick, denn Jake war pingelig und ich schaltete das Licht aus. Erneut trat ich in den dunklen Flur. Erneut verlies ich mich auf meine imaginären vampirischen Sinne. Ich glaubte schon immer daran, dass ein Vampir der Adler der Nacht ist.
    Bedingt durch das letzte Zusammentreffen mit Kumpane Beistelltisch, flüsterte ich mir selber zu.
    „Pass auf den Tisch auf“
    Aber ich hatte es mir ja selber schwer gemacht, man könnte es ja auch einfach haben.
    - Pock –
    Diesmal war es der andere Zeh, der Schmerz jedoch war derselbe. Nur diesmal gelang es mir nicht einen Aufschrei zu unterdrücken.
    „Argh, verdammte Scheiße“
    In meiner Wut schlug ich gegen den kleinen Störenfried. Das ich selber Schuld an dieser Misere hatte kam mir nicht in den Sinn. Wieso denn auch der Tisch stand ja mir im Weg.
    Meine Aktion machte einen Heiden Lärm.
    Plötzlich ging das Licht an. Wie erstarrt stand ich nun im hell erleuchteten Korridor.
    Der jenige der das Licht eingeschaltet hatte, kam mit schnellen schweren Schritten die Treppe runter gerannt. Da meine Augen noch leicht betäubt waren, von dieser schnellen Lichtzufuhr, konnte ich nur eine Silhouette vor mir erkennen. Doch meine Ohren funktionierten einwandfrei.
    „Was glaubst du eigentlich, wie spät es ist?“
    Jakes laute tiefe Stimme polterte los. Ich antwortete angriffslustig.
    „Keine Ahnung, sag du es mir.“
    „Pass auf wie du mit mir redest, Junge, siehst du nicht, dass wir schlafen“
    Ich provozierte weiter.
    „Wie denn, das Licht war ja aus.“
    Langsam gewöhnten sich meine Augen an das grelle Licht. Ich konnte Jake direkt vor mir erkennen. Er hatte nur seine weißen Shorts an, sein fetter Bauch hing über dem Bund. Mit hochrotem Kopf, wutverzerrtem Gesicht und mit schwerer Atmung, äffte er mich nach.
    „Das Licht war aus“
    Ich sagte nichts.
    „Geh ins Bett, und zwar sofort, sonst knallt es.“
    Ich konnte ein Grinsen nicht unterdrücken.
    „Richtig schön amerikanisch – DAD“
    Das war zu viel des guten. Mit der vollen Faust versetzte er mir einen Kinnhaken. Ich taumelte. Eine leise Stimme meldete sich zu Wort.
    „Jake-Liebling, was ist los?“
    Jake musste nach so einer schnellen Bewegung, erst mal wieder zu Atem kommen.
    Kurze Zeit später lieb säuselte er eine Antwort.
    „Dan ist nur gegen den Tisch gelaufen, ich wollte schauen ob alles in Ordnung ist.“
    „Komm wieder ins Bett Liebling.“
    Jake wandte sich wieder mir zu, zeigte mit dem Finger auf mich und drohte mir.
    „Ein Wort und du erlebst dein blaues Wunder, Junge.“
    Er schaute an mir runter.
    „Und zieh dir was an, das ist ja widerlich.“
    Ohne eine Antwort abzuwarten, machte er kehrt und stapfte die Treppe hoch.
    „Ich komme Marion.“
    Das Licht ging wieder aus. Mittlerweile musste ich gegen Tränen ankämpfen. Nicht weil der Schmerz der langsam spürbar wurde unerträglich war. Physischer Schmerz ist doch nichts. Es geht viel mehr um den psychischen, der den man empfindet, wenn man von Menschen die einen eigentlich lieben sollte, hintergangen wird. Der Schmerz in meinem Herzen. Ich machte mich auf in mein Zimmer. Wut keimte in mir auf. Wut auf Jake, weil er mich zum wiederholten male geschlagen hatte. Wut auf mich, weil ich aus meinen Fehlern nicht lernte.

  • Jedes Mal war es dasselbe. Jake hatte schlechte Laune und ich wurde dafür verantwortlich gemacht. Wenn ich einen Fehler machte, bin ich ein schlechter undankbarer Mensch. Doch wenn Jake schlechte Laune durch meine angebliche Unfähigkeit hat…
    Jedenfalls wollte ich ein erneutes Treffen mit Jake so kurz nach dem letzten tunlichst vermeiden. Diese Situation brachte mich dazu in meinem Zimmer ein paar Kerzen zu entzünden, denn ich wollte nicht schon wieder gegen etwas laufen. Nachdem ich in jeder Ecke eine Kerze entzündet hatte und das daraus hervorgehende Kerzenlicht mein Zimmer vollständig erleuchtete, fing ich an mich zu beruhigen. Ich fühlte mich besser.
    Doch eins war klar, die Nacht werde ich bestimmt nicht hier verbringen. Hier wo man sich fürchten musste einen falschen Schritt zu wagen. Es war beschlossene Sache. Entschlossen setzte ich mich in Bewegung und warf in aller Eile, alle Sachen heraus, welche ich für morgen, oder eher heute brauchen würde.
    Mittlerweile war es schon finstere Nacht.
    Und es war Freitag, der letzte nervende Tag einer Schulwoche. Ein letztes Mal musste ich mir diese Idioten, ausgenommen Rupe, aus meiner Klasse antun. Nebst Schreibheften, Schulbüchern, Stiften und Sportkleidung, fischte ich auch ein noch nicht gelesenes Buch aus dem Regal und legte einige Flaschen fertig abgefüllte Pina Colada und eine Flasche Jack Daniel’s auf mein Bett. Mein Zimmer…
    Vor ein paar Jahren fragte ich Jake und Marion, ob ich mein Zimmer selbst einrichten durfte.
    Nach einer kurzen und sinnlosen Diskussion, in der Jake immer wieder angepriesen hat, wie hart er für sein Geld arbeiten musste, durfte ich selber Hand anlegen. Jake warf mir ein kleines Bündel mit scheinen zu und fügte noch hinzu:
    „Hier nimm das Geld, mach was du willst, aber lass das Haus stehen. Und jetzt lass uns in Ruhe“
    Als wenn ich das nicht immer versuchen würde, mein lieber Jack, nur leider war ich finanziell von dir abhängig. Nur zwei Tage später, hatte ich mein Zimmer fertig eingerichtet. Ich habe die Wände bordeauxrot gestrichen, die Decke bekam einen schwarzen Anstrich. Auf einem genauso schwarzen Teppichboden, standen meine Möbel, allesamt in schwarz und rot und alle aus Metall. Ein langes Regal, welches bis zur Decke reichte, enthielt genug Platz für die kleine Bibliothek, welche ich mir angesammelt hatte. Zudem hatte es ein Geheimfach, welches äußert praktisch war. Früher versteckte ich hier die Romane von meinem Lieblingsautoren Richard Laymon, welche ich nicht lesen durfte. Für wie blöd hältst du mich eigentlich Jake. Heute bewahre ich Alkohol drin auf, denn auch sehnte ich mich früh nach einem Freund der mir immer treu zur Seite stand.
    Ich fand sogar zwei, Jim und Jack – welche Ironie.
    Gegenüber dem Regal stand mein Kleiderschrank und direkt daneben ein Futonbett. Die Bettwäsche war aus echter Seide. In einer Ecke befand ich meinen Schreibtisch auf, in der anderen meine Musikanlage, dort bewahrte ich alle meine Cds auf. Den Schreibtisch nutzte ich um Texte zu schreiben oder um einfach nur durch das Fenster dahinter in die Nacht zu schauen. Überall in meinem Zimmer standen Kerzen rum.
    Ich prüfte ob ich alles zusammengelegt hatte. Kurz später war es an der Zeit sich anzuziehen.
    Ich öffnete meinen Kleiderschrank. Natürlich trug ich nur schwarze Klamotten, was anderes kam nicht in Frage. Ich zog eine Hose, ein Hemd, Jacke und Schuhe aus meinem Schrank. Natürlich auch Boxershorts und Socken. Wenige Augenblick stand ich fast komplett angezogen in meinem Zimmer. Ich war kaum wieder zu erkennen, denn mit Klamotten machte ich ein wenig her. Ich stylte mir noch die Haare, ein paar Strähnen ins Gesicht, den Rest glatt runter. Ich schminkte mir die Augenränder mit einem schwarzen Kajal, als mir erstmalig der Gedanke kam wohin ich überhaupt gehen konnte. Das entschied ich als ich den Nagellack auftrug, der selbstverständlich auch schwarz war.
    Theoretisch konnte ich überall hingegen, mir stand die Welt offen, aber das wäre ein wenig übertrieben. Ich versuchte realistisch zu bleiben. Und realistisch gesehen gab es zwei Möglichkeiten. Die erste war Rupe, doch auch die war eher unwahrscheinlich, denn auch Ruperts Eltern besaßen eine Toleranzgrenze, das diese wesentlich höher lag als die von Jake dürfte wohl klar sein. Die andere Möglichkeit, für die ich mich letztendlich entschieden hatte, da mir ja so viele Alternativen blieben, war mein Lieblingsort. Nicht das das schlimm wäre, aber er lag ein ganzes Stück außerhalb Chronox’, dennoch gut erreichbar. Ich wartete noch bis der Nagelack trocken war, bevor ich meine Bikerboots anzog und mir meine Lederjacke überwarf. Ich griff nach einer Tasche, warf achtlos alles herein was ich zusammengesucht hatte, entschied mich dann aufgrund des Platzmangels, die Pina Coladas hier zulassen und machte mich dann auf den Weg nach draußen, auf zu jenem Ort, welchen ich vor einigen Jahren entdeckt hatte. Ich löschte vorher noch die Kerzen und ließ kurz einen Blick durch mein Zimmer streifen. Es schien alles in Ordnung zu sein.
    Erneut trat ich in den dunklen Flur und begann einen Spießroutenlauf der besonderen Art. Leise fragte ich mich selber:
    „Ob ich es wagen kann das Licht anzumachen? Jake schläft doch immer mit offener Tür.“
    Diese Information hatte ich unfreiwillig von Marion erhalten, als sie beim Höhepunkt laut Jakes Namen gerufen hat. Allein die Vorstellung wie dieser Bastard auf diesem zarten Wesen liegt…
    Ich entschied mich dazu das Licht anzuschalten, vielleicht denkt Jake er hätte vergessen es auszumachen. Ich schaute den Flur entlang. Ein roter Teppich versteckte teilweise das teure Parkett, an den Wänden hingen vereinzelt wenige Gemälde, welche einen sehr hohen Preis hatten. Wofür braucht man solche Bilder? Die nehmen Platz an der Wand ein und machen sich auf dem Konto bemerkbar. Kopfschüttelnd ging ich in Richtung Wendeltreppe.
    Die Treppe wurde erst vor wenigen Tagen repariert. Doch so neu wie die Treppe auch sein mochte, sicherlich würde sie unter meinem Gewicht anfangen zu knarren und zu ächzen. Doch warum sollte ich kehrt machen. Ich setzte vorsichtig einen Fuß auf die Treppe, horchte gleichzeitig ob Jake sich bewegte und ob die Treppe knarrte. Beides trat nicht ein. Ich zog eine Augenbraue hoch, damit hatte ich nicht gerechnet. Sichtlich durch diesen Teilerfolg motiviert, setzte ich den anderen Fuß vor. Als jedoch mein ganzes Gewicht auf einer Stelle ruhte machte die Treppe ein Geräusch, als wenn sie gleich einbrechen würde. Ich hielt die Luft an. Panik breitete sich in mir aus. Ich wusste nicht was ich machen sollte. Ich zwang mich selber zur Ruhe, damit ich wieder klar denken konnte. Das erste was mir in den Sinn kam, war die Heftpflastertheorie – Reiß ein Pflaster so schnell du kannst ab und desto schneller ist es vorbei. Warum auch immer, aber es erschien mir sehr sinnvoll in dem Moment.
    Ich zählte einen kurzen Countdown an.
    „3“
    „2“
    „1“
    „Los“
    Ich hechtete so schnell ich konnte die Treppe hinunter, wie laut ich dabei war konnte ich nicht vernehmen. Mein gesamter Gehörsinn war auf Jake gerichtet. Aber anscheinend hat er nichts gehört, denn ich vernahm keinen Laut. Der schwierigste Teil wäre somit geschafft, ich war heilfroh, dass die Treppe hinter mir lag. Der Rest war nicht schwer. Ich musste nur noch durch die Eingangshalle in der ist stand. Ja Jakes Reichtum kannte keine Grenzen. Jake musste eine Eingangshalle besitzen. Der rote Teppich verlief hier weiter, jedoch bedeckte dieser jetzt einen weißen Marmorboden. In den vier Ecken der Halle stand jeweils eine Lampe, welche genug Licht spendete, um zusammen mit den anderen drei die Halle schwach zu erleuchten.
    Ich konnte somit leicht erkennen was vor mir lag. Ich löschte das Licht im Flur bevor ich in Richtung Eingangstür marschierte. Je näher ich der Tür kam desto schneller wurden meine Schritte, am Ende glich das ganze schon mehr einem kleinem Spurt. Ich erreichte die Eingangstür, konnte mein Glück kaum fassen. Ein breites Grinsen zierte mein Gesicht. Ich drehte mich noch einmal um. Warum sehen eigentlich alle Eingangshallen gleich aus. Und dann kam mir eine Idee. Wie jeder Mensch, der ein wenig zu viel Glück auf einmal erlebte, gerade wenn er es nicht gewohnt ist, überstrapazierte ich es, ich übertrieb. Ich öffnete die Eingangstür, eine kühle Prise wehte mir entgegen. Einen kurzen Moment, überlegte ich noch einmal ob ich es wirklich tun wollte.
    Doch Jake hatte es nicht anders verdient, diese Nacht würde er nicht mehr schlafen.
    Ich nahm die Tür in beide Hände holte weit aus und schmiss die Tür mit aller Kraft die ich aufbringen konnte zu. Es gab ein lautes Donnern, welches innerhalb der Eingangshalle noch einmal weiter verstärkt wurde. Ich lachte einmal kurz auf, dann machte ich auf dem Absatz kehrt, hinaus in eine wunderschöne Nacht.
    Fick dich ins Knie Jake, du kannst mich mal.
    Ich schlurfte die große Einfahrt entlang. Abseits des Weges stand ein bunter Mix aus Blumen, alle gut gepflegt, dahinter waren riesige Rasenflächen angelegt. Das war das einzige was ich an Jake schätzte.
    Plötzlich wurde die Einfahrt hell erleuchtet, als wenn ein Blitz sie getroffen hätte. Ich fuhr erschrocken herum. Durch ein Fenster konnte ich zwei Personen erkennen die die Treppe runtersprinteten. Mir war es egal, trotzdem beschleunigte ich meine Schritte, auf ein sofortiges Zusammenkommen mit Jake konnte ich gut verzichten. Als ich das Ende der Einfahrt ereichte blickte ich über die Schulter noch einmal zurück. Er stand in der Tür, der Mann vor dem ich mich fürchtete.
    „Dan Tailor, wage es ja nicht zurückzukommen, wenn ich dich noch einmal in die Finger kriege…“
    Ich weiß nicht ob er mich noch gesehen hat, eigentlich hoffte ich, dass er mich sah, gleichzeitig wünschte ich mir aber, dass wir beide uns nie mehr sehen müssen. Aber früher oder später würde dies passieren, das war so sicher wie der nächste Sonnenaufgang.
    Doch jetzt brauchte ich nicht daran denken, jetzt war ich frei, jetzt gab es nur mich.
    Mich und die Nacht.