Ich möchte hier zusammenfassend noch einmal ein paar Kritikpunkte anführen, die dafür gesorgt haben, dass ich mich ziemlich geärgert habe, als ich am Freitagabend diesen Artikel gelesen habe. Auch auf die Gefahr hin, dass ich damit ein paar Aussagen des Artikels außer Acht lasse, will ich mich allerdings in erster Linie auf das namenlose belgische Zitat und die Interpretation von Seiten Olis konzentrieren:
Zitat
Original von soulwarrior
Eine Änderung von MAXIMAL 3 Karten sollte das Deck nicht großartig verändern!
Richtig! Mit der Einschränkung, dass das Deck nicht auf diesen (maximal) 3 Karten aufbauen sollte. Falls es das tut (was beispielsweise für das CVT oder das Schwarzgeld OTK gilt), ist es wohl ein OTK Deck...
Wie in diesem Thread bereits einmal angesprochen wurde, ist diese Aussage meiner Meinung nach schlichtweg falsch. Sie bezieht sich nur auf eine Seite der Medaille, und zwar die, die die Bannings – zumindest auf den ersten Blick – in einem positiven Licht erscheinen lassen: den OTK-Spielern werden ihre Decks weggenommen. Darauf, dass ich dieser Tatsache, zumindest in dieser konkreten Situation, kaum etwas Positives abgewinnen kann, will ich später zu sprechen kommen; zunächst einmal gilt aber, dass selbstverständlich nicht nur OTK-Spieler von der Banned List-Änderung betroffen sind, sondern eben auch diejenigen, die versucht haben, auf diese Decks – die man wohl zurecht als entscheidendes Element des Metagames für die Deutsche Meisterschaft erwartet hatte – zu reagieren. Ich habe mich zwar nicht wirklich mit der Materie beschäftigt, doch aus diversen Forenposts meinte ich herauszulesen, dass eine solche Vorbereitung kaum leicht gefallen ist; dementsprechend groß wäre auch meine Frustration, wenn ich wochenlang an einem Anti-Deck gebaut und es zu perfektionieren versucht hätte, nur damit der Großteil meiner Vorbereitung für die Deutsche Meisterschaft drei Tage vorher zunichte gemacht werden. Gleiches gilt auch für eine – unabhängig vom Ergebnis für das eigene Deck – ausgeführte Metagameanayse, die durch die Änderung der Banned List zumindest in Teilen irrelevant wird.
Zitat
Original von soulwarrior
OTK Spieler schimmeln
Auch richtig! Es muss einfach mal gesagt werden... OTKs sucken einfach derbstens. Niemand will dagegen verlieren und eigentlich sollte sie auch niemand spielen wollen, da das in etwa so interessant ist wie an der Münzwurf DM teilzunehmen. Und Münzwurf-DM schimmelt auch.
OTK Spieler machen sich's leicht
E-ben-falls richtig! Oder mit anderen Worten: OTK Spieler haben kleine Schwänze. Es ist einfach so... Ein OTK Deck erfordert in 95% aller Fälle deutlich weniger Skill als irgendein Deck, das über die Dauer des Spiels Vorteil erarbeitet und dann nach und nach den Sieg sichert. Es sind ja doch immer die fast identischen Abläufe, die man durchführt, nur um dann den OTK vorzubereiten und zuzuschlagen. Nicht ganz so cool.
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OTKs sind, wenn ich das richtig interpretiere, schon immer, besonders aber gerade in letzter Zeit, ein Problem des Yu-Gi-Oh!-TCGs. Dass man versucht, diesem mit der Änderung der Banned List entgegenzuwirken, halte ich für akzeptabel. Deine Aussage jedoch, dass niemand ein OTK spielen wollen sollte, halte ich für etwas gewagt. Dafür gibt es mehrere Gründe:
a) mehrfach wurde im Thread bereits angesprochen, dass OTKs von vielen Spielern der skilllose Charakter, der dieser Deckart vorgeworfen wird, gar nicht mehr zugesprochen wird. Dadurch ergibt sich schon einmal, dass aus einem OTK-dominierten Metagame nicht zwingend einer Münzwurf-DM hervorgehen muss.
b) die Frage danach, ob man ein bestimmtes Deck – in diesem Fall eben ein OTK – spielen will, ist in erster Linie auch durch die Alternativen dazu bedingt: soll ich ein alternatives Deck spielen, wenn meine Chancen, mit diesem Deck Erfolg zu haben, deutlich niedriger sind, als mit einem andere? Ich würde diese Frage als Wettbewerbs-Spieler wohl immer mit „Nein“ beantworten – und ich hätte auch kein großes Problem damit, ein OTK zu spielen, wenn ich davon überzeugt bin, dass es sich dabei um das Deck handelt, mit dem ich mir die besten Chancen ausrechne (lieber eine Münzwurf-DM als eine DM, bei der vorn vornerein weiß, dass ich spätestens mit 1:3 droppen werde).
Natürlich ist weder der erste noch der zweite Grund als ein Argument gegen die Änderung der Banned List aufzufassen – auch ich bin kein Anhänger von übermächtigen OTKs –, nein, sie zielen auf ein ganz anderes Ergebnis ab. Sie sollen erklären, warum ich der Ansicht bin, dass es absolut falsch ist, OTK-Spieler zu diskriminieren – eine Vorgehensweise, die in diesem Artikel mehrfach gewählt wird. Ich bin überzeugt davon, dass es nicht der Spieler ist, der das OTK schafft, sondern das Spiel selbst. Der erfolgsorientierte Spieler, der bei der Deutschen Meisterschaft wohl den höchsten Prozentsatz ausmachen wird, reagiert lediglich auf die Grundbedingungen des Spiels – und beeinflusst werden können diese nur von denjenigen, die die Möglichkeit haben, in den Fluss von Kartenerscheinungen und die Veränderungen der Banned und Restricted List einzugreifen.
Mit dem Term „einen kleinen Schwanz haben“ – den ich übrigens rein vom sprachlichen Niveau in einem Artikel für völlig unangebracht halte (ebenso wie die „Schwuchtel“ aus den Trends der Woche) – kann ich grundsätzlich nur eine Schwäche asoziieren, die du allerdings hier überhaupt nicht ansprichst: Feigheit. Das jedoch nur am Rande.
Zitat
Original von soulwarrior
Faulheit und Dummheit sollten nicht belohnt werden
Verdammt wahr! Wenn ein Spieler nicht dazu bereit ist, sich eigene Gedanken zu machen und einfach nur das nächstbeste Deck, das im Internet kursiert, kopiert, hat er den Sieg auf der Deutschen // Schweizer // Österreichischen // irgendeiner Meisterschaft nicht verdient. Wir wollen innovative Sieger und wir wollen GUTE Sieger. Nicht die Person, die an dem Tag das meiste Glück beim Ziehen der Starthand hatte.
Schon im oberen Abschnitt habe ich erwähnt, dass ich die Anwesenheit von OTKs im Metagame meiner Meinung nach nicht durch die Schwäche der Spieler bedingt ist, sondern durch die Unfähigkeit der Verantwortlichen, eine akzeptable Metagamegrundlage zu schaffen. Ich nehme allerdings an, dass dieser Abschnitt bereits auf die veränderte Situation nach Abänderung der Banned List und auf diejenigen anspielt, die mit ihr nicht zufrieden sind: ich persönlich wage stark daran zu zweifeln, dass die Spieler die sich über die Änderungen beschwert haben, das taten, weil sie nicht bereit waren, sich eigene Gedanken zu machen und weil sie grundsätzlich Netdecker sind. Der Grund ist – zumindest für mich – ein anderer: der kurze Zeitraum, der gegeben war, um bereits gebaute Decks für die Deutsche Meisterschaft anzupassen! Ausführlicher werde ich darauf gleich zu sprechen kommen.
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Original von soulwarrior
Wenn man sich nicht auf die Situation einstellen kann, mit 0 – 3 unterschiedlichen Karten im eigenen Deck auf die DM zu kommen und erfolgreich zu sein, hätte man sowieso keine größere Rolle in diesem Turnier spielen sollen
BAM! Diese Aussage erklärt uns im Grunde, dass alle Spieler, die jetzt großartig weinen, sich selbst nicht zutrauen, mit Skill auf der DM zu gewinnen. Jeder, der jetzt groß behauptet, er hat nun keinerlei Chancen mehr, auf der DM vorne mitzuspielen, gibt dadurch gleichzeitig zu, dass er kein guter Spieler ist.
Klingt hart, ist aber so.
In diesem Abschnitt ist die Rede von „auf die Situation einstellen“. Die Formulierung ist so allgemein gehalten, dass man ihr eigentlich nur zustimmen kann. Problematisch wird es jedoch, wenn man die Aussage auf die momentane, sicherlich absonderliche Situation, anwendet. Nein, ich finde nicht, dass man behaupten kann, dass jemandem, dem lediglich drei Tage Zeit bleiben, eine Änderung im Metagame von „drei Karten“ zu verarbeiten und der damit nicht zurechtkommt, vorgeworfen werden kann, er hätte keine größere Rolle in dem Turnier spielen sollen. Die Bezeichnung „0-3“ Karten ist meiner Ansicht nach ohnehin geschönt – es ist ja nicht so, dass es sich hierbei um irgendwelche beliebigen Karten handeln würde, sondern eben um drei der Karten, die bisher metagamedominierend waren. Auch die weitere Ausführung „im eigenen Deck“ ist deutlich vereinfacht; wenn es nur um das eigene Deck ginge, wären drei Tage vielleicht eher akzeptabel (wenn auch für mich immer noch nicht akzeptabel genug, um das hinzunehmen!) gewesen, Tatsache ist jedoch, dass nach den Bannings das Metagame vollkommen neu kalkuliert werden musste und – fast noch schlimmer – womöglich ganze Deckarten verworfen werden mussten. Und die Spieler, die sich mit diesem Problem konfrontiert sehen, stehen plötzlich mit leeren Händen da.
Zitat
Original von soulwarrior
Diese Änderung ist kein "Desaster". Die Kurzfristigkeit dieser Ankündigung ist keine "Katastrophe" – es trifft IMMER irgendein Land, wenn so etwas angekündigt wird, da dessen National am folgenden Wochenende ist.
Ich gehe mit dem ersten Satz d’accord – ein Desaster ist diese Änderung definitiv, für mich, der inzwischen allerdings zugegebermaßen nicht mehr mehr als ein Yu-Gi-Oh!-Laie ist, erscheint sie sogar als ein Schritt in die richtige Richtung. Genauso vehement würde ich allerdings der Behauptung widersprechen, die Kurzfristigkeit der Änderung sei keine Katastrophe. Genau als eine solche sehe ich sie nämlich! Spielern, die sich intensiv mit dem Metagame und den Möglichkeiten des Formats auseinandergesetzt haben, wird mit dieser kurzfristigen Änderung jegliche durch Fleiß erarbeitete Testgrundlage genommen (da spreche noch einmal jemand davon, wir wollten keine faulen Spieler als Deutsche Meister!), Spieler mit Anti-Decks leiden ebenso – genau wie Teilnehmer mit wenig Connections und geringem Budget, die sich keine kurzfristigen Deckveränderungen leisten können. Selbst wenn ich mich als Yu-Gi-Oh!-Spieler über die Veränderung der Banned List freuen würde, würde der negative Beigeschmack, den die Kurzfristigkeit ausgelöst hätte, diese Freude in jedem Fall überschatten. Warum wird die Liste nicht zwei Wochen bevor sie legal wird, deklariert? Ich nehme an, es war unmöglich, die Liste zwei Wochen vor der Deutschen Meisterschaft zu veröffentlichen (alles andere würde ich als unheimliche Dreistigkeit auffassen!), doch in diesem Fall wäre ich schon aus Prinzip glücklicher damit, die Meisterschaft trotz Bekanntmachung eines neuen Formats noch im alten auszutragen – schon der Chancengleichheit zu Liebe. Das ist grundsätzlich mein Hauptkritikpunkt – und ich bedauere, dass auf diese Problematik im Artikel kaum eingegangen wurde.
Zitat
Original von soulwarrior
Diese Änderung sorgt für die spannendste Deutsche Meisterschaft, die wir jemals hatten. Diese Änderung sorgt dafür, dass der innovativste Spieler plötzlich eine riesige Chance hat, sich auf dem Turnier durchzusetzen! Dies ist genau das, was alle besseren Spieler sich eigentlich wünschen müssten.
Und genau das war es, was ich mir zum krönenden Abschluss nicht gewünscht hatte. Von einem drei Tage alten Format Kreativität und Innovation zu fordern, halte ich für illusorisch und ich behaupte, die DM hat mich da keines Besseren belehrt.
Was hatte ich mir von diesem Artikel erhofft? Eine Entschuldigung bei all den Spielern, die unter der kurzfristigen Änderung, die man – und da bin ich mir ganz sicher – auch bei der größten Verblendung (die ich Oli nicht unterstellen will!) ambivalent sehen muss, leiden mussten. Vielleicht die Erklärung, dass der Vorteil des Verlusts der OTKs, die ja auch nahezu allen Spielern auf die Nerven gehen, als hochwertiger angesehen wird, als die Probleme, die einige Spieler durch die Änderung erhalten. Damit wäre ich wohl schon zufrieden gewesen – definitiv bin ich es aber nicht mit einer Schmähschrift gegenüber OTK-Spielern, die ihre leidige Situation meiner Meinung nach kaum selbst zu verantworten haben, und mit einer – nach meiner Ansicht – kurzsichtigen Lobpreisung der Banned List. Genau als das erscheint mir jedoch dieser Artikel!
Ich hoffe, ich kann ab kommender Woche wieder öfter zustimmen!
Grüße,
David
/edit :
@ Lex: ich wollte lediglich darauf hinaus, dass ich finde, dass rein von der sprachlichen Ebene das Wort "Schwuchtel" in einem Artikel nichts zu suchen hat.