Also ich habe den Artikel bzw. die Kolumne gerade gelesen. Fand es sehr interessant, aber eigentlich wirft der Text mehr Fragen auf, als er beantwortet. Gerade deshalb eignet er sich aber hervorragend für eine Diskussion, also bin ich hierher gekommen um meine Meinung zu sagen.
Eines gleichmal vorneweg: mir geht es im aktuellen Meta-Game absolut nicht gut. Auch bei kleineren Turnieren fahre ich Platzierungen bei den hinteren 50% der Teilnehmer ein, obwohl ich zu Monarchen-Zeiten regelmäßig in den Top 8 vertreten war. Woran das liegt, das hat vermutlich viele Gründe, vor allem aber denke ich, dass es etwas mit dem Spiel an sich zu tun hat, welches sich in den letzten Monaten gravierend verändert hat. Es ist sehr viel schneller geworden, man denke nur daran welche Draw-Effekte bei den Monarchen genutzt wurden (Elegante Wohltäterin vielleicht, sonst gar nix), heute bestehen Decks zu einem Gutteil nur noch aus einer Card-Search- und Draw-Engine, den Rest erledigt der DAD bzw. das Synchro-Monster eures Vertrauens. Ich sage es ganz offen: ich spiele gerne YGO, aber ich kann und will mir kein Kin-Tele-DAD oder Lightsworn-Deck leisten, also muss ich gezwungenermaßen auf andere Alternativen zurückgreifen - so wie heute beim Pflanzen-Deck. Gerade hier hat man oftmals viele verschiedene Möglichkeiten, wie man spielen KANN, gerade Gigaplant eröffnet bei vollem Friedhof oftmals ungeahnte Möglichkeiten. Ich spiele also spaßhalber gegen ein vollständiges Gladi-Deck, habe einige Zuschauer und bei jedem meiner Züge wird hinter mir gemeckert was ich doch alles falsch machen würde (mir wäre beinahe der Hut hochgegangen, btw...), letzten Endes hat es aber dann trotz extrem schlechtem Draw gegen den Gladi-Spieler gereicht. Man kann also auch mit "unorthodoxen" Zügen gewinnen, wenn man es richtig anstellt.
Gerade im aktuellen Metagame finde ich aber, dass es sich mit dem Vorausplanen von Spielzügen so verhält wie mit dem Vorausplanen beim Schere-Stein-Papier nach der ersten Runde, wenn diese unentschieden ausgeganen ist. Was wird der Gegner machen? Nochmal das Gleiche, oder eines von den anderen beiden? Es ist meiner Meinung nach absolut sinnlos drüber nachzudenken, weil es rein auf Zufall basiert. Daher finde ich es auch in YGO übertrieben, weiter als maximal bis zum nächsten eigenen Zug vorauszuplanen - und das ist schon manchmal zu viel, weil ein gegnerischer Sturm/DAD/JD usw. wieder alles umkrempeln kann, und wenn man dann noch versucht, von der ursprünglichen Taktik zu retten was noch zu retten ist, übersieht man dabei manchmal sicherlich neue Mittel und Wege, die sich aufgrund der veränderten Spielsituation aufgetan haben, weil man so erpicht darauf ist, die schön ausgeklügelte Strategie auch anzuwenden, koste es was es wolle. Das SPIELEN von YGO erfordert also mehr Glück als Taktik. Deckbau ist natürlich etwas anderes, aber jeder der sich für ein strategisches Genie hält, weil er bei YGO gewinnt, ist meiner Meinung nach zu bemitleiden. Langes vorausplanen ist gerade im aktuellen Metagame weder erforderlich noch zielführend - was ich persönlich sehr schade finde. "Wenn alles klappt bist du in 10 Runden tot!" - jeder DAD-Spieler wird sich bei dieser Aussage krumm und kringlig lachen, ist ja klar weil er dadurch 5 mal die Chance hat, per OTK zu finishen. Taktik, Planung, Strategie? Fehlanzeige.
Was ist es also, das Leute konstant siegen lässt? Einerseits ihr Ruf, der sich wirklich nicht unwesentlich auf das Duellverhalten auswirkt - in dieser Hinsicht hat YGO auch eine psychologische Komponente. Andererseits ist es die Fähigkeit, die eigenen Karten richtig einzusetzen, das kann aber auch ein fortgeschrittener Spieler auch, dazu muss man kein Veteran sein, man muss ja lediglich die Kartentexte lesen. Zu guter Letzt kommt noch das entscheidende Etwas: Glück. Es ist wirklich so, YGO ist und bleibt in seinen Grundzügen ein Glücksspiel, auch wenn viele es offenbar nicht so recht wahr haben wollen. Und manche Spieler haben eben "konstant" Glück, während andere (so wie ich) konstant Pech haben und es schaffen, genau jene Karten auf der Starthand vorzufinden, die man eigentlich aus dem Deck searchen wollte, ja die so sogar nutzlos auf der Hand vergammeln. Dazu kommt noch, dass die Reihenfolge der Karten im Deck niemals wirklich ZUFÄLLIG ist. Sie ist immer abhängig davon, wie gemischt wurde und welche Karten wann im vorherigen Duell verwendet wurden. Die einzige Möglichkeit, wirklich zufällige Reihenfolgen beim Ziehen von Karten zu erhalten, wäre meiner Meinung nach die, jede Deckkarte, eine nach der Anderen, in einer Reihe vor sich hinzulegen, dann vom Taschenrechner eine Zufallszahl ausgeben zu lassen und die Karten anschließend durchzuzählen bis man bei der ausgegebenen Nummer angelangt ist - aber ganz ehrlich: das wäre in der Praxis nicht durchführbar. Deshalb wird es immer wieder so sein, dass man Leute als gute Spieler bezeichnet, weil sie aus exzellenten Starthänden gute Spiele machen können, obwohl andere Leute mit weniger Ansehen aus einer miesen Starthand immer noch ein halbwegs gutes Duell machen können, was meiner Ansicht entsprechend ENTSCHIEDEN schwieriger zu bewerkstelligen ist.