Was ist Skill?

Heute will ich mich einem besonders spannenden Thema widmen. Ich will mich mit dem meist verwendeten Wort in der Szene beschäftigen. Skill!

Was ist Skill? Woher kommt Skill? Wie kann man Skill bekommen? Und zu guter letzt wie wichtig ist Skill?

Bevor ihr euch jetzt in meine Gedanken stürzt solltet ihr euch noch einmal in Erinnerung rufen, dass es sich lediglich um meine Schlußfolgerungen handelt und wie immer meine Meinung repräsentiert und nicht als absolute Wahrheit betrachtet werden sollte. Wenn dies klar ist dann viel Spaß mit der Suche nach dem Skill.

Beginnen wir mit der Übersetzung um eine Grundlage zu haben. Skill heißt übersetzt Fertigkeiten/Fähigkeiten. Der Gebrauch liegt jedoch weit davon entfernt. So wird Skill inzwischen auf als sarkastische Äußerung genutzt. Genauso ist es bei dem Wort Meta(game), alle nutzen es aber keine kennt die wahre Bedeutung.

Um euch das Wort und dessen Intention im Spiel näher zu bringen habe ich einige erfolgreiche(/skillbehaftete?) Spieler befragt. Sie erzählten mir was sie denken was Skill eigentlich ist. Ich staunte nicht schlecht über ihre Antworten und will euch diese nun teilweise näher bringen.

Fangen wir jedoch da an wo das Wort benutzt wird. Mitten im Spiel. Wieso spricht der gewinnende Spieler von Skill und der verlierene Spieler von Luck? Wieso nehmen die Wörter die Gefühle der Spieler für den Ausgang des Spiels auf? Wieso sind sich die Spieler nicht einig ob der Gewinner nun durch Skill oder durch Luck gewann? Das scheint an der Mentalität der Yu-Gi-Oh! Spieler zu liegen. Jedoch gibt es einen Widerspruch welcher der Situation wunderbar entspricht. Drawskill. Was ist denn Drawskill? Die Fähigkeit gute Karten zu ziehen? Mal abgesehen von Karten wie Großes Auge ist dies nicht zu beeinflussen und würde sonst als Betrugsversuch geahndet werden. Jedoch sprechen allesamt ständig vom Drawskill, welcher sie zu allem Überfluß auch noch ausmacht. Das was eigentlich vom Glück (im englischen nutzt man das Wort Luck) geprägt ist, nennt sich nun plötzlich Skill. Dies kann nicht als Skill bezeichnet werden sondern sollte nach wie vor heißen: Ich hatte Glück beim Ziehen. Halten wir also fest das Drawskill lediglich eine Verschönigung der Tatsache des Glücks beim Kartenziehen ist. Was meint der Sieger denn nun dann mit seiner Aussage, dass er "rumgeskillt" hat? Nach vielen Spielen, die ich selber spielte und beobachtete, kam ich zu dem Schluss, dass es hier 2 Motivationen gibt von Skill zu sprechen. Die Erste und wohl seltenere Variante ist eine Art Entschuldigung. Die Zweite häufiger genutzte Variante dient der Profilierung. Jeder der viel und oft spielt weiß, dass es bei Yu-Gi-Oh! mehr als schwer ist sich von der Masse abzuheben, da es kaum Unterschiede gibt (eine Tatsache, die hier noch oft auftaucht). Also sprechen sie davon sie hätten den anderen weggeskillt, weil sie ihm überlegen seien. Aber waren sie es auch? Nun, das kann man nur an Beispielen fest machen, jedoch wollen wir uns nun dem Wort selber widmen.


Fangen wir mit der berühmtesten Person der Szene an: Oliver 'soulwarrior' Gehrmann. Zusammenfassend sagte er, dass es wichtig sei die Mechaniken von Yu-Gi-Oh! verstanden zu haben. Die Erarbeitung von Kartenvorteil und das bewahren von Karten für bessere Situationen. So lässt sich hier als simples Beispiel anführen, dass ich die Monster meines Gegners nicht mit Karten wie Smashing Ground entsorgen muss, wenn ich sie auch einfach durch einen Angriff besiegen kann. Schon konnte ich den Smashing Ground auf meiner Hand behalten und ihn später einsetzen, aber ist das bereits Skill? Nun dies wohl selber nicht aber die Idee dahinter. Dies ist ein Zug, bzw. eine Idee, die viele Spieler bereits verinnerlicht haben. Kann man also von einem Zug mit Skill sprechen wenn ich meinen Smashing Ground aufgehoben habe und die Monster stattdessen mit einem Angriff besiegt habe? Teilweise, denn der wohl wichtigere Punkt ist hier, wie soulwarrior noch sagte, das Bewahren der Karten für den richtigen Moment. So wäre es nicht schlecht den Smashing Ground zu spielen um die LP des Gegners schneller auf 0 zu senken. Somit kann man zusammenfassen, dass eine Anwendung der Karten in der richtigen Situation als Skill bezeichnet werden kann. Genau hier liegt ein Teil der Wahrheit:


Skill ist Karten für den richtigen Moment zu bewahren


Aber! Wie immer gibt es ein aber. Woran erkenne ich diesen richtigen Moment? Dies ist wohl ein weiterer Teil der Wahrheit, denn so ist das erkennen dieses Momentes noch wichtiger. Dies ist etwas, was weit weniger Spieler beherschen. So ist es nötig hier verschieden Faktoren zu beachten. Was könnte der Gegner dagegen haben ist eine der Fragen die hier in den Gedanken des Spielers im Vordergrund stehen sollte. Ebenso ist die Überlegung wichtig was man selber noch hat wenn die geplante Aktion schief geht. Also braucht der Spieler eine Übersicht über folgende Dinge: Was für ein Deck spielt mein Gegner und was könnte er noch haben, bzw. was hat er sogar auf seiner Hand? Welche Karten in meinem Deck werden mich bei meinem Plan unterstützen können und wie hoch ist die Chance diese zu bekommen. Also lässt sich zusammenfassen:


Skill ist es eine Übersicht über das Spiel zu haben


Einer der am meisten umstrittenen Punkte ist die Frage nach dem Skill beim Deckbau. Eins ist klar man braucht Skill um gute Decks bauen zu können. Aber ist dies wichtig für einen Spieler? Hier gibt es wie fast immer 2 Aspekte. Die einfachste und am meisten genutzte Variante ist die des netdeckens. So sucht man sich ein erfolgreiches Deck, wie z.B. die Top 8 Decklisten der großen Turniere und kopiert dann die Decklisten. Das Resultat ist, dass man sich lediglich um die Harmonie im Deck Gedanken machen muss, aber nicht das Deck von Grund auf neu erstellen muss. Doch kann ein Spieler ein kopiertes Deck genauso gut spielen wie der, der es erstellt hat? Ja, denn die meisten Taktiken und Ideen hinter dem Deck werden schnell klar. Doch der 2. Aspekt und damit der Nachteil des Kopierens ist die Tatsache, dass der Spieler kaum seine eigene Kreativität aufbaut und ihm die Fähigkeit dazu abhanden kommt, welche wichtig für das Spiel ist. Individualität ist nicht zwingend erforderlich, ebenso braucht man keine komplett neuen Decks zu bauen. Aber ein stures Kopieren hilft einem nicht dabei im Spiel weiterzukommen. Wichtig ist das Bauen eines Decks zu beherrschen, welches man z.B. bei Booster Draft und Sealed Pack Turnieren erlernen kann. Falls jedoch lediglich das Kopieren eines Deckes als Möglichkeit gewählt wird, so ist es wichtig, den/die Gedanken hinter dem Deck zu begreifen und fortführen zu können. Nicht nur das Deck muss harmonieren, sondern vorallem muss der Spieler mit dem Deck harmonieren. Wenn man dies als Ziel angesetzt hat, so ist dies mit dem eigentlichen Ziel ein gutes Deck zu bauen gleichzusetzen. Der wohl ebenfalls sehr wichtige Part ist wie ich im Gespräch mit Tim 'Wassergeist' Rettig zusammen resumierte, das Bauen eines guten Sideboards. Zusammengefasst heißt dies also:


Skill ist es Decks zu bauen, welche effektiv sind und dem eigenen Stil entsprechen


Jedoch hört man mehr als oft folgende Aussage: Er spielte einfach von oben. Dieses einfache ausspielen der Karten, die man zur Verfügung hat, wird als skilllos bezeichnet. Jedoch ist die Frage, ob dies zu Recht so geschieht. Auch hier muss man zwischen 2 Seiten unterscheiden. Ein dauerhaftes stupides Ausspielen kann als skilllos bezeichnet werden, aber auch dies kann überlegt sein und wenn die Karten von oben so kommen, wie ich sie brauche, dann spiele ich sie auch so. Also ist es auch hier der Fall, dass stets unterschieden werden muss. Es gibt keinen Fall, bei dem man eindeutig sagen kann dieser Zug entstand durch den Skill des Spielers oder durch das glückliche Ausspielen eben jenes.

Zu allem Überfluß gibt es ein weiteres Gebiet der Skillanwendung. Landläufig wird es als Pokerface bezeichnet, betrifft hier aber weit mehr Sachen. Was denkt man wenn der Gegner seine Karte zieht und dann rumflucht und wir nach Einschätzung der Spielsituation wissen, dass uns der Sieg so gut wie sicher ist? So kann der Gegner stets leichte Rückschlüsse ziehen aus dem Verhalten der jeweiligen Verhaltensweisen. Was sollte man also tun? Niemand sollte zum Stein werden oder nicht mehr reden, jedoch sollte vermieden werden viel über die eigenen Optionen zu verraten. Zu einem skillvollen Spiel gehört auch dies offen bis zum letzten Moment zu gestalten. Dies beinhaltet auch, dass man beim setten einer Magie- oder Fallenkarte nicht derart viel Geschwindigkeit an den Tag legt, so dass der Gegner sofort weiß, dass es eine Karte ist, die wirklich einen Angriff aufhält. Die meisten Bluffs werden weit langsamer ausgespielt. Also sollte man alle Karten, egal ob Bluff oder nicht in der gleichen Geschwindigkeit ausspielen. Wenn man all dies durchschaut hat kann man dazu übergehen und differenzierter spielen, dies beinhaltet sowohl das eigene Spieltempo als auch die Art des Spielens zu verändern. Aber es sollte euch hauptsächlich darum gehen eure eigenen Pläne geheim zu halten. Hierzu gehört dann vorallem auch das innovative Spielverhalten, welches für mich die Grundlage des Skills ist. So ist es wichtig stets reagieren zu können. Dies nicht nur im Spiel sondern vorallem in Gedanken. Wenn euer Gegner bereits weiß, was ihr machen werdet, wird er sich darauf einstellen und ihr werdet trotz eurer Überlegungen verlieren. Somit ist Kreativität und Individualität etwas, das an vielen Stellen ein Ziel sein sollte (dazu später noch ein Beispiel).


Skill ist es kreativ und individuell handeln zu können


Eine der tragischsten Personen der Szene ist Florian 'Master1' Chitic, welcher auch ansprach, dass Regelkenntnisse durchaus zum Skill gehören. Recht hat er. Denn! Nur wer weiß wann welche Karten gespielt werden dürfen kann sich darauf einstellen und muss nicht erst dann - wenn es zu spät ist - den Judge rufen. Zusätzlich verschafft einem dies mehr Sicherheit im eigenen Spiel. Jeder Spieler sollte also genug Grundkenntnisse über die Regeln haben. Ebenfalls fällt in dieses Gebiet das Wissen über Strafen und Verhaltensweisen auf Turnieren.


Skill ist es Ahnung von allen Gegenbenheiten außerhalb des Spiels Ahnung zu haben


Dieser Punkt muss jedoch noch erweitert werden und so sagt Huy 'Huy' Dinh bildet dies den Unterschied zwischen fortgeschrittenen und professionellen Spielern. Recht hat er! Weiter ausführen braucht man dieses wunderbare Zitat nicht, also lest selbst:


Skill ist es, vom Gegner so viele Informationen wie möglich zu bekommen, ohne selbst mehr Informationen als notwendig preiszugeben


Unabhängig vom Spiel selber ist es laut einem Gespräch mit Ergun 'RedGun' Yavuz auch die Fähigkeit die Stärke von Karten aus den neuen Editionen richtig einschätzen zu können. Dies gestaltet sich derzeit schwierig, da im Vorfeld meist schon all die guten Karten besprochen werden, aber überlegt für euch selber. Würdet ihr sie erkennen, wenn man es euch nicht verraten hätte?

Eine der Königsdisziplinen ist das Erkennen der Schwachstellen der neusten Bannedlist. Wer hier schon im Vorfeld abschätzen kann welche Karten nun neu auftrumpfen können und welche nun unspielbar werden kann viele Erfolge einfahren. Was jedoch dazu gebraucht wird ist das wohl am meisten mit Skill behaftete, die Spielerfahrung. Es ist wichtig viel Erfahrung zu sammeln. Dies beinhaltet viele Turniere mitzuspielen, aber auch viel beim Deckbau und bei den Regeln immer aktiv zu bleiben.

Weiterhin muss noch festgestellt werden, dass die meisten Spieler mehr als nur ähnlich spielen. Dies lässt sich nicht nur durch die begrenzten Möglichkeiten erklären, sondern auch durch das festgefahrene Spiel. So ist es z.B. fraglich ob ein Zug welcher aus der Spezialbeschwörung vom Cyber Drache mit anschließendem Nobleman of Crossout und dann einer Beschwörung eines Spirit Reaper noch als Skill bezeichnet werden kann. Dies ist ein normaler Zug, welcher fast so oft wie die afghanische Eröffnung stattfindet. Diese Züge sind schon fast Automatismen und zeugen keineswegs von Individualität und Skill. Lediglich von der Fähigkeit Züge kopieren zu können. Was zwar nicht schlecht ist, jedoch keinen herausragenden Spieler aus einem macht. An diesem Beispiel sieht man wunderbar, wie aus einem ehemals skillvollen Zug ein Standardzug wurde.


Skill ist es die Bannedliste beurteilen und daraus handeln zu können


Lasst mich also zusammenfassen. Insofern sich das Wort in einigen wenigen Sätzen erklären lässt, dann wahrscheinlich so:

Skill ist es alle Gegebenheiten des Spiels zu kennen und sie alle zu seinen Gunsten nutzen zu können. Weiterhin ist Skill das Erkennen und Erarbeiten von Chancen im Spiel und hierbei stets Kreativität und Individualität zu bewahren.

Diese 2 Sätze versuchen viel zu erklären und sind, wie sollte es anders sein, lediglich eine Umschreibung dessen, was man sich unter Skill bei Yu-Gi-Oh! vorstellen kann. Es gibt viele Unterschiede, aber auch viele Gemeinsamkeiten.


Edgar Block