Medienpräsenz durch Yu-Gi-Oh!

Am Donnerstag dem 27. August 2015 kam endlich der Moment, auf den wirklich viele Yu-Gi-Oh! Spieler sehr lange gewartet haben: Yu-Gi-Oh! wird im Fernsehen vorgestellt. Im Rahmen der Unterhaltungsshow TV-Total versuchten die bekannten Spieler Joshua Schmidt, Norman Wilde und Michel Grüner den Zuschauern ihr Hobby näher zu bringen. Sie kamen wohl selbstständig auf die Idee, schrieben TV Total an und bekamen dann einen Drehtermin. Dieser Auftritt hat natürlich für einige Diskussionen gesorgt. Dabei ging es um inhaltliche, konzeptionelle und sogar persönliche Dinge. Im folgenden Artikel möchte ich mich mit dieser Sendung beschäftigen, meine Eindrücke wiedergeben und die Resonanz analysieren.

Ich arbeite zwar mit Joshua in einem Team, habe ihn aber absichtlich nicht dazu befragt, da ich relativ frei an die Sache herangehen möchte und weil es in einigen Tagen einen Podcast geben wird, in dem Joshua beschreiben kann, wie es wirklich abgelaufen ist. Außerdem ist dieser Artikel ein subjektiver Eindruck. Jeder kann selber entscheiden, wie er bestimmte Dinge sehen möchte.


Erste Reaktion und der Ablauf der Sendung


Als ich zum ersten Mal davon gehört habe, dass „Mein Hobby“ eine Plattform im Fernsehen bekommt, dachte ich natürlich an einen Scherz. Ich war der Meinung, dass das Spiel nicht relevant genug ist, um wirklich Aufmerksamkeit zu bekommen. Nach einigen Stunden war man sich dann aber doch relativ sicher, dass es kein Scherz war. Daraufhin dachte ich – wie viele andere Personen – dass Stephan Raab ein paar Nerds einlädt, um sich über sie lustig zu machen. Meine Erwartungen waren also relativ niedrig. Trotzdem wollte ich mir den Auftritt unbedingt ansehen, da es doch eine Möglichkeit gab, dass er einen positiven Eindruck von unserem Hobby vermitteln konnte, besonders da Stephan relativ erfolgreiche und „semi-professionelle“ Spieler eingeladen hat, die auch von ihren Erfolgen erzählen können.


Für Personen, die den Auftritt verpasst haben, hat der offizielle Youtube-Kanal von Myspass.de das Video noch einmal hochgeladen. Die größte Überraschung für mich war, dass Joshua, Michel und Norman relativ viel Zeit zur Verfügung hatten. Sie waren nicht nur ein „Einschub“ zwischen wichtigeren Gästen, sondern hatten knapp 15 Minuten, um das Spiel zu erklären Insofern waren die Startbedingungen also besser als erwartet. Nachdem anfangs natürlich erklärt wurde, was Yu-Gi-Oh! überhaupt ist, wurde noch kurz über die Preise der Karten diskutiert. Dann durfte Stephan endlich die Karten selber in die Hand nehmen und sich mit „Der Legende“ duellieren. Dabei bemerkte man relativ schnell, dass Stephan sich – wie eigentlich zu jeder Sendung – gar nicht selber vorbereitet hatte und die Jungs deshalb Probleme hatten, ihm das Spiel vernünftig beizubringen. Nach einigen Zügen musste man das Spiel auch wieder abbrechen. Es wurde noch kurz über die Berufe der Gäste und das Aussehen der anderen Yu-Gi-Oh! Spieler geredet und der Auftritt war auch schon wieder vorbei. Die wichtigste Frage ist am Ende also: War der Auftritt gelungen?. Um Das zu beantworten muss man erst einmal eine andere Frage beantworten, die soulwarrior im eTCG Thread gestellt hat.


Das Ziel des Auftritts


Ich denke das größte Problem vieler User ist, dass sie nicht genau darüber nachgedacht habe, welches Ziel der Auftritt der Jungs bei TV Total überhaupt haben sollte. Aus diesem Grund gibt es auch viele verschiedene Meinungen zu dem Auftritt. ReturnWinner sagt im eTCG Thread zum Beispiel:


Dieses Interview hätte eine riesige Werbung für das Spiel sein können, aber es war nur plumpe Selbtsprofilierung und imo eine verpasste Chance.


Ihm gefiel der Auftritt gar nicht und er hätte sich andere Impulse und Ideen gewünscht. Er denkt zum Beispiel, dass man das Spiel nicht hätte vorstellen sollen, sondern dass es viel interessanter gewesen wäre, sich über die Community zu unterhalten. Er dachte also, dass es das Ziel des Auftritts hätte sein sollen, die Community in ein gutes Licht zu rücken. Marc Erlhöfer schreibt hingegen auf Facebook:


“You represented the Yugioh community very well and gave Stefan few opportunities to make fun of the game. Nice job, guys!“


Für ihn ging es anscheinend darum, dass man ins Fernsehen geht und einfach das Hobby vorstellt, ohne sich komplett zu blamieren. Er findet nicht, dass es ein Problem ist, dass Stephan ein paar Witze über das Spiel gemacht hat.


Ich denke, dass der Auftritt mehrere Ziele hatte und dabei unterschiedlich erfolgreich war. Auf der einen Seite sollte er natürlich anderen Personen zeigen, was das Yu-Gi-Oh! Sammelkartenspiel überhaupt ist. Dabei ist es – meiner Meinung nach – nicht unbedingt wichtig, dass die anderen Personen die Regeln verstehen, sondern dass sie wissen, dass es ein Kartenspiel ist, bei dem man mit unterschiedlichen Karten gegeneinander kämpfen kann. Das haben die Jungs natürlich gemacht. Gleichzeitig wäre es natürlich auch gut – im Bezug auf ReturnWinner – zu zeigen, dass Yu-Gi-Oh! Spieler keine Socially Awkward Penguins sind und sich wenigstens einigermaßen ausdrücken können. Auch dies haben die drei Spieler ziemlich gut hinbekommen. Besonders Norman wirkte sehr professionell und selbstsicher und konnte auf Raabs kleine Witze immer gut reagieren.


Die Frage, die man sich nun stellen kann ist, ob so ein Auftritt auch dafür genutzt werden sollte, neue Spieler zu rekrutieren. Eigentlich sollten öffentliche Fernsehauftritte nämlich auch genau dafür genutzt werden, da es – auch durch den schwindenden Animeanteil im deutschen Fernsehen – immer schwieriger wird, neue Spieler anzuwerben. Dies dürfte der Auftritt wohl nicht geschafft haben, da niemand das Spiel durch diesen kleinen Ausschnitt so richtig verstanden hat. Ein neuer Zuschauer wird sich eher gelangweilt haben, da die Regeln nicht richtig erklärt wurden und man nicht wusste, was genau auf diesem Tisch passiert. Da die Erklärung etwas schleppend voran ging, war es natürlich auch nicht so einfach, den Spaß zu zeigen, den man beim Yu-Gi-Oh!-Spielen haben kann. Am Ende war ein letztes Ziel natürlich auch noch die Selbstvermarktung des Teams. Der Fernsehauftritt wird in der Szene sicherlich bekannt werden und dadurch könnte man eventuell noch weitere Sponsoren generieren. Inwieweit dieses Ziel erfüllt wurde, kann ich natürlich nicht wissen.


War also nicht alles schlecht?


Wenn man sich die Kommentare in Foren oder auf sozialen Netzwerken durchliest, könnte man meinen, dass der Auftritt extrem schlecht war und dass das Spiel nicht vernünftig repräsentiert wurde. Ich denke hingegen, dass die drei Spieler sich – gemessen an den Umständen – relativ gut geschlagen haben, auch wenn es sicherlich einige Kritikpunkte gibt. Im Grunde genommen wirkte – wie ich schon erwähnte – besonders Norman ziemlich sicher in seinem Auftreten und konnte die Zuschauer sicherlich überzeugen. Weiterhin haben die drei Spieler einen kurzen Einblick in das Leben eines Duellanten gegeben und konnten den Zuschauern immerhin einigermaßen zeigen, warum sie das Spiel überhaupt spielen und dass das Spiel nicht nur von kleinen Kindern gespielt wird. Wenn man diesen Beitrag beispielsweise mit Beiträgen über Gamer oder Cosplayer in anderen Formaten vergleicht, muss man den Dreien danken, dass sie es so gut hinbekommen haben.

Auf der einen Seite war die Wahl für TV Total dabei sicherlich hilfreich, da die Sendung sich zwar gerne über andere Menschen lustig macht, aber doch vielen verrückten Hobbys eine Chance gibt. Auf der anderen Seite wäre eine andere Plattform für die Präsentation eventuell noch besser gewesen, da es gut gewesen wäre, wenn sich Stephan Raab etwas auf das Interview eingestellt hätte. Es wäre gut gewesen, wenn der Moderator sich wenigstens ein paar Minuten vor der Sendung mit dem Thema beschäftigt hätte. Das scheint Stephan Raab aber schon seit sehr langer Zeit nicht mehr zu machen, sodass die Drei einen extrem schwierigen Job hatten.


Als ich das Video das erste mal mit einigen Personen geschaut habe, hatten alle die gleiche Frage: “Warum spielen sie das Spiel, erklären die Regeln aber nicht?“. Ich denke leider, dass dieser Umstand die zweite Hälfte des Beitrags unnötig komplex gemacht hat. Um den User Chironimus zu zitieren und zu zeigen, dass man relativ einfach das Spiel erklären kann:


“ygo ist ein sammelkartenspiel, dass zwischen 2 spielern ausgetragen wird. zu beginn des spiels erhält jeder spieler 8000 lebenspunkte. ziel des spiels ist es, die gegnerischen lebenspunkte auf 0 zu reduzieren. dazu benutzt man seine eigenen karten, die man..."“


Stephan wusste in dem Demospiel natürlich gar nicht was er tun sollte, da er anfangs nicht einmal den Unterschied zwischen Zauber- und Monsterkarten verstanden hatte und er auch nicht wusste, wie das Spiel überhaupt abläuft. Er konnte nicht wissen, dass er Schnappstahl und Schwarzes Loch nicht aktivieren kann, wenn Michel ein Monster spielt, da niemand es ihm gesagt hat. Das liegt meiner Meinung auch daran, dass die Decks für das Testspiel eventuell etwas zu kompliziert waren. Ich denke, dass eine Karte wie Cyber Drache, für einen Anfänger etwas zu schwer zu verstehen ist. Es wäre eventuell besser gewesen sich auf ganz einfache Monster und ein paar wenige Zauber- und Fallenkarten zu beschränken. Das Bauen dieser Decks würde aber sicherlich einen enormen Aufwand bedeuten, da man bestenfalls diese Testdecks an anderen Menschen, die das Spiel nicht kennen, testet.

Eventuell wäre es auch besser gewesen, Stephan überhaupt nicht selber spielen zu lassen, sondern einfach ein Spiel zwischen Joshua und Michel ablaufen zu lassen. Wenn die beiden das vorher richtig geübt hätten und jeden einzelnen Zug erklärt hätten, hätte man so eventuell 3,4 Züge spielen können, die auch Laien verstanden hätten (dafür hätte man das Deck auch stacken können). Eine Freundin schaute den Beitrag mit mir zusammen und war schon nach einiger Zeit – trotz dem Interesse an dem Spiel selbst – nicht mehr gefesselt, da ihr der Beitrag einfach zu langweilig war. Das Spiel mit Stephan hat alles zu sehr in die Länge gezogen.


Persönliche Einschätzung


Es ist natürlich schwierig so einen öffentlichen Auftritt zu bewerten. Auf der einen Seite muss man den Jungs Respekt zollen, dass sie diesen Schritt gewagt haben. Mit etwas Pech hätte Stephan Raab sie auch fertig machen können. Trotzdem gibt es sicherlich einige Kritikpunkte, die man an diesem Auftritt äußern kann. Ich denke beispielsweise auch, dass es besser gewesen wäre, den Auftritt zu zweit durchzuziehen, da Michel relativ wenig erzählt hat und als „nicht so wichtig“ wirkte. Eventuell wäre es auch interessant gewesen, Bilder von Turnieren zu zeigen, damit die Zuschauer einen besseren Einblick in die Szene bekommen und sehen, wie viele Leute wirklich auf diesen Turnieren sind.

Am Ende kann man sicherlich darüber diskutieren, wer unsere Community repräsentieren sollte und ob es wirklich gut ist, einen so kontroversen Spieler wie Michel Grüner in die Öffentlichkeit zu stellen, nicht mal weil er ein schlechtes Bild abgibt (ich denke wie man dazu steht, sollte jeder selber entscheiden), sondern einfach weil man sich denken kann, dass sein Auftritt zu Diskussionen und Shitstorms führen wird. Aber – wie soulwarrior schon schrieb – sollte man versuchen abseits der persönlichen Neigungen versuchen, den Auftritt zu bewerten und ich denke, dass der Auftritt sicherlich nicht besonders spannend oder herausragend war, aber immerhin ein positives Bild abgegeben hat und somit kein Reinfall war.

Viele von euch haben ja schon ihre Meinung im Thread geteilt. Hat sich diese geändert? Denkt ihr, dass ich zu nett war oder habt ihr eine ähnliche Meinung? Habt ihr den Beitrag schon Yu-Gi-Oh!-fernen Personen gezeigt? Über Feedback würde ich mich wie immer freuen. Und tut mir einen Gefallen (weil ich es schon einmal hatte): Es geht hier in dem Artikel NICHT um Michel Grüner. Also bitte lasst mich keine Flames lesen.


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