Nachdem am letzten Pfingstwochenende 'Teuflisches Spiel' dem Feiertag zum Opfer fiel, gelangen wir heute zum dritten und vorerst letzten Teil der Theoriereihe. Wer die ersten beiden Teile noch nicht gelesen hat, der sei flott auf diese Links verwiesen.


Heute suchen wir nach einer praktischer Anwendung für die vor zwei Wochen eingeführten Ressourcenklassen. Hierzu sei angemerkt, dass ich auf Anregung vieler User die Klasse der problematischen Monster in eine Klasse problematischer Karten geändert habe, in die jetzt auch Karten wie Macro Cosmos oder Necrovalley hineingehören. Ich werde dabei folgende Abkürzungen verwenden:


  • Monster-Removal (MON)

  • Spell- & Trap-Removal (S/T)

  • Aggressiv (AGG)

  • Defensiv (DEF)

  • Kartenvorteil (VOR)

  • Spezialbeschwörungen (SPEZ)

  • problematische Karten (PROB)

  • Qualität und Geschwindigkeit (Q&G)

Das heutige Ziel liegt darin, hinsichtlich dieser Kategorie Unterschiede und Gemeinsamkeiten in verschiedenen erfolgreichen Decks festzustellen. Gibt es für bestimmte Kategorien perfekte Werte? Gibt es andere Kategorien, welche sich ständig unterscheiden und für den Deckbau demnach wohl nur eine geringe Bedeutung haben? Gibt es so etwas wie einen Goldenen Schnitt für Yu-Gi-Oh! Decks?



Ein Beispiel


Die Funktionsweise eine vollständigen Analyse möchte ich Euch anhand des Gewinnerdecks der diesjährigen österreichischen Meisterschaft vorstellen. Hierzu nehmen wir die Deckliste und markieren uns zu den überlegten Kategorien, welche Karten hineinfallen und markieren diese mit einem Kreuz. Ich persönlich mache das zu Hause immer so, dass ich die Deckliste ausdrucke oder aufschreibe und mit farbigen Stiften immer die betreffenden Karten markieren. Jede Farbe symbolisiert dann eine Kategorie. Mann muss dann am Ende nur die farbigen Punkte addieren.


DECKLISTE VON CLAUDIO KIRCHMAIR[1]


Was können wir an dieser Deckliste erkennen? Insgesamt scheint das Deck im Bereich Agressivität bzw. defensivem Verhalten recht ausgewogen zu sein. Des weiteren fällt auf, dass sich die Spezialbeschwörungen weitestgehend auf die Monsterkarten beschränken. Interessant ist, dass sich praktisch alle Aspekte auf verschiedene Kartentypen verteilen. Wird ein Kartentyp z.B. durch Jinzo lahmgelegt, können andere Kartentypen hier in die Breche springen, wenngleich z.B. beim Monster-Removal ein gewisser Schwerpunkt bei den Fallen zu erkennen ist. Große starke Monster und ein Lahmlegen der Fallen könnte diesem Deck also durchaus schaden. Einzig und allein die Spezialbeschwörungen sind einseitig auf die Monster verteilt. Royal Oppression würde also die Hälfte der Monster lahmlegen.


Bemerkenswert ist, dass allein die Hälfte aller Karten dazu dient, Geschwindigkeit aufzubauen und je nach Situation die passenden Karten auf der Hand zu haben. Erwähnenswert ist vielleicht noch die Einordnung der Karte Skill Drain, welche virtuell Kartenvorteil erzeugt, indem sie bestimmte Karten außer Gefecht setzt, und die Qualität eigener Karten wie Destiny Hero Defender verbessert.



Ganz viele Beispiele


Aber schaffen wir doch erst einmal geeignetes Vergleichsmaterial heran. Ich habe mich dabei für eine recht bunte Mischung aus echten Klassikern und den in letzter Zeit erfolgreichen Decks entschieden. Nicht berücksichtigt wurden die richtig aktuellen Decks 'Blackwing' und 'Rescue Synchro'. Verzähler sind selbstverständlich und absolut ausgeschlossen.


  • Deckname: Chaos Return

    Spieler: Vincent Wielandt

    Karten insgesammt: 42

    Monster Removel: 17

    S/T-Removal: 4

    Agressiv: 20

    Defensiv: 20

    Kartenvorteil: 22

    Spezialbeschwörungen: 11

    problematische Karten: 7

    Qualität und Geschwindigkeit: 10


  • Deckname: Machine Beatdown

    Spieler: Roland Gress

    Karten insgesammt: 42

    Monster Removel: 17

    S/T-Removal: 3

    Agressiv: 19

    Defensiv: 21

    Kartenvorteil: 15

    Spezialbeschwörungen: 10

    problematische Karten: 9

    Qualität und Geschwindigkeit: 16


  • Deckname: Twilight

    Spieler: Sven Schuurhuis

    Karten insgesammt:

    Monster Removel: 7

    S/T-Removal: 8

    Agressiv: 17

    Defensiv: 6

    Kartenvorteil: 17

    Spezialbeschwörungen: 14

    problematische Karten: 6

    Qualität und Geschwindigkeit: 27


  • Deckname: New Age Chaos

    Spieler: Ziv Cohen

    Karten insgesammt: 40

    Monster Removel: 17

    S/T-Removal: 6

    Agressiv: 17

    Defensiv: 23

    Kartenvorteil: 19

    Spezialbeschwörungen: 11

    problematische Karten: 6

    Qualität und Geschwindigkeit: 17


Die große Auswertung


Ich denke dies sollten erst einmal genug Beispiele sein. Mit Ausnahme von Claudio Kirchmairs Skill Drain Deck und dem holländischem Twilight spielen alle Decks ziemlich genau 17 Monster-Removel. Hier könnte man übrigens eine ganze Reihe weiterer Beispiele aufbringen sowohl aus jüngster Vergangenheit als auch historischem Interesses. Merkwürdigerweise scheinen knapp 20 Monster-Removal ein geeigneter Wert für 'normale' Decks zu sein. Dieser Wert ist theoretisch auch relativ leicht zu erklären. Das durchschnittliche Deck spielt ziemlich genau 20 Monster. Geht man davon aus, dass man 2 oder 3 Monster im Kampf besiegen kann, kommt man zusammen mit 17 Monster-Removal auf ziemlich genau eben diese 20 Monster.


Warum kann das Twilight Deck nur so wenige Monster-Removal spielen? Ganz einfach: den Gegner durch Kontrolle und Beatdown zu besiegen ist nur zweitrangig. Tatsächlich werden die meisten Spiele eher durch den gefürchteten Dark Dive Bomber entschieden. Gleichzeitig kann das Deck so explosiv sein, dass es in einer Runde sämtliche Lebenspunkte ausradieren kann. Es muss nicht ständig das Feld neu säubern um im Spiel zu bleiben. Ein einziger, brutaler Schlag reicht in der Regel aus. Gleichzeitig impliziert dies natürlich eine oft abwartende und vorsichtige Spielweise. Außerdem kompensiert sie diesen Mangel ähnlich wie das Deck Claudios durch den intensiven Einsatz geschwindigkeitsfördernder Karten. Ein Skill Drain Deck hat aufgrund seiner Fallenkarte auch deutlich weniger Probleme mit gegnersichen Monstern und kann den Gegner im Idealfall sogar sämtlicher Optionen berauben, so dass es quasi ein 'One-Turn-Lockdown' ist.


Betrachten wir den Punkt S/T-Removel, scheint sich ein Wert um die 7 etabliert zu haben, während früher nur 3-4 Karten dieser Kategorie gespielt wurden. Zu verdanken ist dieser Anstieg universell einsetzbaren Karten Ryko, Lightsworn Hunter oder Solemn Judgement, welche damals entweder noch nicht auf dem Markt waren oder nicht in dieser Intensität gespielt wurden.


Aggressive und defensive Karten scheinen sich bei allen Decks die Waage zu halten. Einzig und allein das Twilight schert in diesem Punkt wieder einmal aus. Auch Claudio spielt diesbezüglich weniger Karten als andere, wobei sie sich immer noch im Gleichgewicht befinden. Dies ist wiederum auf die vielen Geschwindigkeitskarten wie Destiny Draw zurückzuführen.


Die Werte für Spezialbeschwörungen und Kartenvorteil wiederum scheinen sich immer in dem Bereich gut 10 bzw. knapp 20 zu bewegen. Zu beiden Kategorien sei gesagt, dass wohl jeder Spieler bestrebt ist, diese Werte so hoch wie möglich zu halten. Dass diese Werte im Laufe der Zeit konstant geblieben sind, ist wohl eher der Banned List zu verdanken, als dass es sich hier um einen ideellen Wert handelt, den man wie z.B. beim Monster-Removel theoretisch begründen kann. Trotzdem zeigt es sehr gut auf, wo momentan bei einem 'normalen' Deck die Messlatte liegt. Mit sehr viel weniger Karten in dieser Kategorie sollte man vermutlich nicht versuchen, ein konkurrenzfähiges Deck zu bauen.


Bleibt noch der letzte Punkt Qualität und Geschwindigkeit, welcher ein uneinheitliches Bild zeigt, aber ganz klar andeutet, wohin der Trend geht: immer schneller werden die Decks. Wo 2006 noch 10 Karten in dieser Kategorie ausgereicht haben, sind wir mittlerweile schon beim doppelten Sollwert angekommen.



Regeln für den Deckbau


Hieraus lassen sich ein paar Regeln für den Deckbau ableiten, die diesen Artikel als Fazit beenden sollen. Es sei dabei angemerkt, dass dies nur für klassische controllastige Decks gilt und somit Burner, One-Turn-Kill und ähnliche Decks eher nicht betroffen sind.


  1. knapp 20 Monster-Removel sollten es schon sein

  2. Spezialbeschwörungen sind möglichst hoch zu halten; aktuell sollten sich mindestens 10 Karten dieser Aufgabe widmen

  3. kartenvorteilgenerierende Karten sind möglichst hoch zu halten; aktuell sind knapp 20 Karten in dieser Kategorie das Maß der Dinge

  4. geschwindigkeitsaufbauende Karten sind möglichst hoch zu halten; aktuell sind ca. 20 Karten der Durchschnitt

  5. aggressive und defensive Karten sollten sich die Waage halten

  6. die verschiedenen Ressourcentypen sollten nach Möglichkeit auf verschiedene Kartentypen verteilt werden

Selbstverständlich sind dies keine absolut vergoldeten Regeln. So hat das israelische Chaos-Deck einen deutlich defensiven Einschlag und scheint 'trotzdem' zu funktionieren. Ich würde auch nie behaupten, dass ein Deck, welche diese Kriterien nicht erfüllt, nicht funktionieren kann. Aber diese hier gefundenen Werte bilden einen guten Vergleich, wenn man sein eigenes Deck auf die Funktionsfähigkeit testen will. Sie bilden eine Orientierungshilfe, worauf man beim Deckbau achten sollte.


Ich würde mich freuen, wenn sich im Diskussionsthread ein paar Leute finden, die eine solche Analyse mit ihrem Deck durchführen und ihre Zahlenwerte mitteilen. Vielleicht lassen sich so noch andere interessante Punkte finden.


Viel Spaß beim analysieren eurer Decks wünscht,


Nimrod Hellfire





Anmerkung: ich habe lange Versucht die Tabelle mit Claudios Deck in diesen Artikel zu integrieren. Nach ca. 2h rumprobieren möchte ich Euch den Artikel nicht länger vorenthalten und habe die Lösung mit Megaupload gewählt. Mittlerweile könnt ihr den Artikel bis nach ganz unten scrollen und dort die Deckliste entdecken.







































































































































MONS/TAGGDEFVORSPEZPROBQ&G
2x Rose, Warrior of RevengeXX
2x Cyber ValleyXXX
2x Destiny Hero - MaliciousXX
2x Summon PriestXX
2x Destiny Hero - DefenderXX
1x Dark Armed DragonXXXXXX
1x Cyber DragonXX
1x Elemental Hero StratosXXXX
1x Dark GrepherXX
1x Blackwing - Gale the WhirlwindXXXX
1x SanganXXX
1x Plaguespreader ZombieXX
2x Gold SarcophagusX
2x Allure of DarknessX
2x Destiny DrawX
2x Mind ControlXXX
1x Heavy StormXXX
1x Mystical Space TyphoonXXX
1x Monster RebornXXX
1x Brain ControlXXX
1x Reinforcment of the Army X
3x Solemn JudgmentXXXX
2x Skill DrainXXX
1x Torrential TributeXXX
1x Mirror ForceXXX
1x Crush Card VirusXXX
1x Trap DustshootXXX
1x Scrap-Iron ScarecrowXX
MonS/TAggDefVorSpezProbQ&G
Monster gesammt:2246511510
Zauber gesammt:32605108
Fallen gesammt:73476023
Total:12714131612721

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Antworten 33

  • sehr interessante artikel, fast wissenschaftlich^^


    doch ich denke viele bauen decksdoch recht intuitiv oder dann halt netd.....^^

  • glaub zwar auch, dass viele nicht bewusst darauf achten, aber dennoch zeigt sich eine erkennbare struktur bei erfolgreichen decks...


    bei meinen decks ergab sich folgendes:


    Synchro-Skill Drain:


    MON: 12
    S/T: 7
    AGG: 14
    DEF: 13
    VOR: 14
    SPEZ: 20
    PROB: 7
    Q&G: 21


    ähnlich wie das von Claudio ;)


    D-Hero Synchro:


    MON: 15
    S/T: 7
    AGG: 16
    DEF: 16
    VOR: 15
    SPEZ: 14
    PROB: 8
    Q&G: 18


    MfG

  • Mein Dark Synchro:


    MON: 11
    S/T: 3
    AGG: 23
    DEF: 19
    VOR: 18
    SPEZ: 12
    PROB: 9
    Q&G: 16


    Blackfeathers


    MON: 12
    S/T: 7
    AGG: 25
    DEF: 15
    VOR: 22
    SPEZ: 13
    PROB: 15
    Q&G: 23



    Ist natürlich klar, dass einige Karten mehrfach gezählt wurden, da sie aufgrund von starker Flexibilität zu vielen Bereichen zählen, Allrounder sind.
    Beide Decks bestehen aus 40 Karten.

  • Ich finde den Artikel recht interessant. Wenn ich Decks teste, achte ich im Normalfall auch darauf, ein gewisses gleichgewicht zw. den einzelnen Bereichen zu finden, allerdings geschieht das bei mir nicht ganz so wissenschaftlich sondern eher intuitiv. :zwinker: Ich mache es meistens so, dass ich mir irgendwelche Situationen mit verschiedenen Decks vorstelle (z.B. Heraklinos mit 2 Backrowkarten) und dann die Möglichkeiten untersuche, wie ich so eine Spielsituation nochmal rumreißen könnte. So merkt man eig. auch recht schnell, was man noch verbessern kann. Allerdings ist die von dir geschilderte Variante wohl etwas besser, einfach weil es universeller ist und man so mit nicht erwarteten Decks auch fertig wird.
    Nochmals, guter Artikel, weiter so.


    So far
    greez
    Sym

  • das ist echt mal wieder ein super artikel !!


    großes lob an dich nirmond!!


    ich mein klar achtet man da immer intuitiv drauf, aber ich finde s echt gut, dass dus geschafft hast das auf eine nicht zu komplizierte formel zu bringen.


    meiner meinung können anfänger damit sich verbessern und verstehen dann auch das spiel besser... denn wer hat nicht schon mal versuht einem anfänger zu erklären, dass karten die nachteil bringen nur unter umständen ins dec integriert werden sollten...


    und spieler die sich so wie die mehrheit in der grauen masse der mittelmäßigkeit treiben ( so auch ich) können doch einige vorteile aus dieser variante der deckanalyse ziehen.


    also :daumen: :daumen:


    mach weiter so!



    wer jetzt mal alle decks direkt in das rasta eingeben ^^

  • erst ma toller artikel, aber auf mein exodia deck kann man das leider nich wirklich anwenden, habs aus spaß trotzdem mal gemacht:
    Mon: 0
    S/T: 0
    Agg: 0
    Def: 9
    Vor: 9
    Spez: 6
    Prob: 5
    Q&G: 32

  • Hi,


    Sehr guter Artikel war gut zu lesen & interessant!

  • Sieht ganz gut aus , hast du es schon getestet ?

  • Finde den Artikel auch sehr spannend und muss fragen, was ihr zu meinen Werten sagt:


    MON 15
    S/T 6
    AGG 22
    DEF 13
    VOR 11
    SPEZ 18
    PRO 7
    O & G 26


    es ist ein Assault mode deck


    das geniale am deck ist aber irgendwie meist nur die start hand, weil die oft sofort einen sternenstaubdrachen angriffsmodus impliziert. Zu dieser Karte kann ich eh nur sagen, dass sie eine extreme PRO Karte ist. Sie ist gar nicht so einfach zu umgehen, wenn dann noch ein Jadbomber kommt ist das Spiel meist in 2 Runden vorbei

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