Brauchen wir eine Set-Rotation?

Im heutigen Artikel werde ich zunächst kurz erklären, was eine Set Rotation überhaupt ist. Darauf folgend werde ich diskutieren, welche Konsequen eine solche Set Rotation für uns hätte und ob die Einführung einer solchen bei uns sinnig wäre.


Vorwort


Die Idee zu diesem Artikel ist schon ziemlich alt. Entstanden ist sie damals auf der Rückfahrt vom Austria Championship Weekend, als ich mit Moritz 'Chironomus' Greiwe, Thorsten Wanek und Sebastian Matthies über eben dieses Thema diskutierte. Wenn ich mich recht erinnern, ging die ursprüngliche Idee für diesen Artikel von Moritz aus. Von daher gebühren ihm an dieser Stelle die entsprechenden Credits. Seit dem Mai letzten Jahres habe ich dann über viele Dinge geschrieben, nur dieses Thema schaffte es nicht in meine Kolumne. Das hatte verschiedene Gründe. Zum einen war ich viel mit dem üblichen Tagewerk wie Previews, Banned-Lists, Taktik und ähnlichem Kram beschäftigt, zum anderen bedarf es für einen solchen Artikel einiges an Vorbereitung. Daher empfehle ich - bevor ihr Euch jetzt auf diesen Artikel stürzt - zunächst folgende Artikel noch einmal zu überfliegen.



Einige Artikel entstanden schon vor der Österreichischen Meisterschaft, sind für das Verständnis meiner Argumentation und meiner Sichtweise aber nicht unhilfreich.


Was ist eigentlich eine Set Rotation


Wer sich schon mal ein wenig mit den Formaten von Magic: The Gathering auseinandergesetzt hat kennt das: Im vielgespielten Standard-Format sind aktuell nur die Karten erlaubt, die seit Oktober 2010 erschienen sind. Auch beim Pokémon Sammelkartenspiel sind aktuell nur alle Karten seit Februar 2010 erlaubt. Zusätzlich gibt es in beiden Sammelkartenspielen aber auch Formate, in denen mehr oder weniger alle Karten erlaubt sind, die jemals erschienen sind. Meistens entspricht das in etwa dem, was wir bei Yu-Gi-Oh! als Advanced bezeichnen. Zu starke Karten sind verboten, ansonsten ist alles erlaubt.


Was würde eine Set-Rotation für Yu-Go-Oh! bedeuten


Welche Sets bei Magic oder bei Pokémon erlaubt sind, hängt maßgeblich mit den sogenannten Blöcken zusammen. Aktuell ist bei Magic nur der Scars of Mirodin Block erlaubt. Bei Pokémon sind es die Blöcke Heart Gold & Soul Silver sowie Black & White. Meistens wird ein solcher Block mit Starter Decks und extra großen Boostern eingeleitet. Auch bei Yu-Gi-Oh! gibt es eine solche Einteilung, wenngleich sie den wenigsten bewusst ist. Aktuell befinden wir uns in der Serie 7, wobei jede Serie immer über zwei Jahre geht und dabei einmal den kompletten Booster Pack Rainbow durchläuft. Wenn man will, kann man jede Serie in zwei Blöcke einteilen, die jeweils mit einem Starter Deck eingeläutet werden. Im Großen und Ganzen werden jedes Jahr folgende Produkte eines Blocks veröffentlicht.


1 Starter Deck

4 reguläre Booster Packs

2 Hidden Arsenal / 4 Duel Terminal

1-2 Duelist Packs

2 Structure Decks

diverse Reprints (Gold Series, Legendary Collection)

diverse Promokarten (Special Edition, JUMP, Tin Boxen)


Für den heutigen Artikel soll dies die Definition eines Blocks sein. Schauen wir uns die Blöcke der letzten Jahre doch einmal genauer an.


2008

Starter Deck: 5D's

The Duelist Genesis

Crossroads of Chaos

Crimson Crisis

Raging Battle

Hidden Arsenal

Hidden Arsenal 2

Duelist Pack: Yusei Fudo

Duelist Pack: Yugi

Structure Deck: Zombie World

Structure Deck: Spellcaster's Command


Mit der Einführung von 5D's in die Yu-Gi-Oh! Welt gelangte die Synchromonster und dank diesen das Kin-Tele-DAD an die Macht und regierten flankiert von Lightsworn und Zombies die Szene. Vereinzelt gab es noch Gladiatorenungeheuer und Blackwings zu sehen. Morphtronics erblickten das Licht der Welt und das war es eigentlich auch schon.


2009

Starter Deck: 2009

Ancient Prophecy

Stardust Overdrive

Absolute Powerforce

The Shining Darkness

Hidden Arsenal 3

Hidden Arsenal 4

Duelist Pack: Yusei Fudo 2

Duelist Pack: Kaiba

Structure Deck: Warrior's Strike

Structure Deck: Machina Mayhem


Mit Ancient Prophecy wurden die X-Saber endlich mal richtig gut. In The Shining Darkness wurden noch Infernity eingeführt. Zwischendurch spielen einige noch Monarchen, Cat Synchro oder Quickdraw Plant. Blackwings und Gladiatoren erlebten hier ihre letzte große Blüte.


2010

Starter Deck: Duelist Toolbox

Duelist Revolution

Starstrike Blast

Storm of Ragnarok

Extreme Victory

Hidden Arsenal 5

Hidden Arsenal 6

Duelist Pack: Yusei Fudo 3

Duelist Pack: Crow

Structure Deck: Marik* (*Ausnahmen bestätigen die Regel)

Structure Deck: Dragunity Legion

Structure Deck: Lost Sanctuary


2010 stand ganz im Licht der Plant Synchro Decks, die dank Glow-Up Bulb, Spore, Formula Synchron und T.G. Hyper Librarian richtig gut waren . Auch Scraps, Gravekeeper, Tech Genus, Karakuri und Six Samurai waren vertreten. Gegen Ende des Formats wurde dann auch Agent Angel spielbar.


2011

Starter Deck: Dawn of the Xyz

Generation Force

Photon Shockwave

Order of Chaos

Galactic Overlord

Hidden Arsenal 7

Duelist Pack: Yuma

Structure Deck: Gates of the Underworld

Structure Deck: Dragons Collide


Das aktuelle Xyz Zeitalter hingegen wird dominiert vom Nachfolger des Plant Synchro. Außerdem gelten Agents, Karakuri und Dark World als halbwegs spielbar. Jüngst dazu gekommen sind dann noch Rabbit Laggia, Inzektor, Ninja und Wind-Up.


Set Rotation würde das Spiel zerstören?


Zunächst sollten wir uns eine Diskussionsgrundlage schaffen. Gehen wir in Anlehnung an Pokemon (Februar 2010) und Magic (Oktober 2010) einfach mal davon aus, es wären nur noch die Karten erlaubt, die seit dem 2010er Block (dh. Duelist Revolution). Gehen wir weiter davon aus, dass mit Ausnahme der Structure Decks keinerlei Reprints erlaubt sind, um die Bedingungen mal ein wenig zu verschärfen.


An dieser Stelle sei mit einem wichtigen Mythos aufgeräumt: Eine Set-Rotation würde das Spiel mit Sicherheit nicht zerstören. Tatsächlich hätte eine solche Set Rotation praktisch keine Konsequenzen. Wer bitteschön spielt heute noch ernsthaft Kin-Tele-DAD, Lightsworn, Zombie, Gladiatoren, X-Saber, Morphtronic, Blackwing, Infernity? Nicht einmal die Scraps, die nach dieser Regelung komplett turnierlegal wären, werden aktuell gespielt. Einzig die sich immer wieder bis auf Unkenntlichkeit verändernden Plant-Builds sind auch heute noch halbwegs spielbar. Würde man kürzliche Reprints wie Dandylion und Spore zulassen, wären sogar dieses Deck noch vollständig Spielbar.


Tatsächlich starke Auswirkungen hätte diese verschärfte Form der Set Rotation vermutlich nur auf die gespielten Zauber- und Fallenkarten. Aber seien wir ehrlich: Seit 6 Jahren haben sich die gespielten Zauber- und Fallenkarten kaum verändert. Es wird immer noch Dark Hole, Mystical Space Typhoon und Bottomless Trap Hole gespielt. Ein bisschen mehr Bewegung in diesem Sektor würde dem Spiel ganz bestimmt nicht schaden. Vielleicht würden sich endlich sogar themenspezifische Zauber- und Fallenkarten durchsetzen? Würden Reprints turnierlegal sein, würde sich diese Problematik natürlich sofort in Luft auflösen. Man könnte auch ein neues Set releasen, das 'ähnliche Karten' enthält und somit den Übergang vereinfacht.


Und um das an dieser Stelle noch einmal klar zu stellen: Wir haben bereits eine Pseudo Set-Rotation! Es merkt nur niemand.


Das Problem mit der KONAMI Taktik!


Wenn wir aber eh schon eine Pseudo Set-Rotation haben: Wieso muss trotzdem eine 'echte' Set-Rotation eingeführt werden? Zunächst einmal müssen wir uns klar machen, wie diese Pseudo-Set Rotation zustande kommt. Mein Artikel

  • Warum das Spiel immer schneller wird! erläutert diese Problematik sehr gut. Hier ein kurzer Auszug:


    Zusammenfassend lässt sich dieser Mechanismus also folgendermaßen beschreiben: Zunächst veröffentliche ich eine Hand voll superkrassermegageilstarker Karten für ein funkelniegelnagelneues Themendeck. Dieses Deck lasse ich ein paar Monate dominieren so dass alle Spieler auf dieses Deck umschwenken. Dann verbiete ich ein paar der stärksten Karten und veröffentliche gleichzeitig ein noch viel stärkeres Themendeck. Die Spieler kaufen fleißig die neuen Karten und spielen jetzt dieses Deck. Mit der nächsten Banned-List wird dann auch dieses Themendeck eingeschränkt und das nächste Deck kommt auf den Markt. Der Kreislauf beginnt von neuen.


    Um die logische Schlussfolgerung ganz klar zu machen: Weil wir KEINE Set-Rotation haben, MÜSSEN die neuen Karten immer stärker und krasser werden. Weil die Karten aber immer heftiger werden MÜSSEN, wird das Spiel ZWANGSLÄUFIG immer schneller und OTK-lastiger. Dies ist ein Teufelskreis der nur durchbrochen werden kann, indem man entweder die Banned-List um gefühlte 100 Karten erweitert oder indem man eine Set-Rotation einführt. Es gibt in meinen Augen keine echten Alternativen zu diesen Vorgehensweisen.


    Weil wir KEINE Set-Rotation haben ist auch die Anzahl guter Karten pro Booster massiv eingeschränkt. Würde jeder Booster 40-60 Karten vom Kaliber einer Tour Guide from the Underworld oder Reborn Tengu haben, würde die OTK-Rate innerhalb weniger Monate explodieren. Weil es KEINE Set-Rotation gibt, kann KONAMI also nur WENIGE spielstarke Karten pro Edition drucken. Das Ergebnis kennen wir alle: In jeder Edition gibt es 1-3 spielstarke Karten und der Rest ist mehr oder weniger Müll. Löbliche Ausnahme ist aktuell 'Order of Chaos', aber auch hier mehren sich Stimmen, das bestimmte Decks wie Inzektor schlicht zu gut sind und das Spiel kaputt machen. Nicht ohne Grund ist Inzektor Hornet auf der Banned-List-Wünschliste der meisten Spieler enthalten.


    Um den Gedankenganz fortzusetzen: Weil es KEINE Set-Rotation gibt, gibt es nur wenige gute Karten im Booster. Weil sich der Booster aber trotzdem verkaufen soll, MÜSSEN diese Karten aus Sicht von KONAMI zwangsweise extrem selten sein. Die Fehlende Set-Rotation ist also hauptverantwortlich für die extrem hohen Kartenpreise. Da es sich - wie schon mehrfach erwähnt - um einen Teufelskreis handelt, werden die guten Karten zwangsweise auch immer stärker, seltener und damit teurer. Die Preisentwicklung der letzten 6 Jahre illustriert dies sehr deutlich. Und bei dieser Problematik hilft nicht mal mehr eine Banned-List. Hier hilft in meinen Augen nur noch eine 'echte' Set-Rotation. Mit einer Set-Rotation wäre endlich eine andere Seltenheitsverteilung und günstigere Kartenpreise möglich.


    Veränderungen


    Natürlich könnte man eine solche Set-Rotation nicht von heute auf morgen einführen. Ein solcher Schritt würde entsprechender Vorbereitung und Ankündigung bedürfen. Wenn von heute auf morgen die Hälfte der Karten wertlos wäre, würde völlig zurecht ein Aufschrei durch die Community gehen. Hätten wir aber eine Vorwarnzeit von 1-2 Jahren, sähe die Sache sicher anders aus. In der Zwischenzeit hätten eh alle wertvollen Karten einen Reprint bekommen. Würde man im Gegenzug vielleicht sogar auf diese Reprints verzichten (und dies auch entsprechend kommunizieren), wäre der Übergang für die meisten Spieler sicherlich verschmerzbarer.


    Trotzdem würde man für den Übergang sicherlich nicht darum herum kommen, intensiven Gebrauch von der Banned List zu machen, will man das Spiel langsamer machen. Erst wenn der Großteil der uberkrassen Karten nach 2-3 Jahren wegfiele, würde sich die Banned-List deutlich entschlacken bis wir irgendwann vielleicht gar keine Banned-List mehr brauchen würde. Damit würde auch das halbjährliche Zittern vor dem Wertverlust der eigenen Karten wegfallen. Wir würden wissen: Ich kann die Karte jetzt 2-3 Jahre spielen und dann halt nicht mehr.


    Natürlich würde ein solcher Umbau des Sammelkartenspiels auch bedeuten, dass man die Booster neu ausrichten müsste. Man müsste weniger auf Themendecks setzen und stattdessen mehr auf Attribute und Typen. Denn seien wir ehrlich: Wenn 6 Attribute und 21 Typen alle spielbar wären, wären wir alle mehr als zufrieden. Bei der Gelegenheit könnte man die Booster auch gleich fürs Draften kompatibel machen.


    Zu guter Letzt müsste man natürlich ganz offiziell klären, wie mit Reprints umgegangen werden soll. Hier jetzt sämtliche Vor- und Nachteile zu diskutieren, wäre sicherlich noch einmal ein Thema für sich. Ich fände es aber cool, wenn aktive Magic oder Pokémon Spieler im Diskussionsthread beschreiben könnten, wie es in den jeweiligen Sammelkartenspielen gehandhabt wird.


    Bei all den Unannehmlichkeiten für Designer, Vertreiber und Spieler ist eine Einführung der Set-Rotation auf lange Sicht aber unausweichlich. Schon jetzt ist das Sammelkartenspiel an einem Punkt angekommen, an dem es für viele Spieler zu schnell, zu glücksabhängig und zu OTK-lastig geworden ist. Ohne eine Set-Rotation wird sich diese Entwicklung mehr und mehr verschlimmern und langfristig das Spiel zerstören. Eine Set-Rotation ist alternativlos.


    Euer,

    Nimrod Hellfire

  • Navigation

    1. Startseite
    2. News
    3. Dashboard
    4. Artikel
      1. Regelmäßige Kolumnen
      2. Eingestellte Kolumnen
      3. Kolumnenfreie Artikel
      4. Podcasts
      5. Card Ratings
    5. Forum
    6. Mitglieder
    7. Tools
    8. Zum eTCG Discord
    1. Datenschutzerklärung
    2. Disclaimer
    3. Nutzung von Cookies
    4. Impressum
    5. Kontakt

    Aktueller Ort

    Diese Seite verwendet Cookies. Durch die Nutzung unserer Seite erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies setzen.