Die 3 Spielertypen und warum sie sich nicht leiden können


Immer wieder kann man in unserer Community beobachten, wie Spieler sich altbekannte Phrasen an den Kopf werfen - „unkreative Netdecker/Metaspieler“ oder Begriffe wie „Hobby-League Kiddie“ sind nur einige davon. Vor ein paar Monaten schrieb *shin* bereits einen Artikel, in dem er sich mit dem Phänomen beschäftigte, dass Spieler, die gerne auf Meta Decks zurückgreifen, von der Community oft verteufelt und als „unskillig“ bezeichnet werden. Dieser beschrieb sehr gut, auf welche Art und mit welchen Argumenten solcherlei Spieler oft von vielen angefeindet werden, doch kann man das Ganze auch noch umfassender betrachten:


Mark Rosewater, ein in der Magic the Gathering Communtiy recht bekannter Kolumnist und Spieldesigner bei Wizards of the Coast, schrieb vor längerer Zeit einen Artikel über die drei Spielertypen, in die sich die Community seiner Meinung nach unterteilte. Diese nutzten er und seine Kollegen in der R&D (Research & Development) Abteilung zwar hauptsächlich als Richtlinien, um für möglichst jeden Geschmack passende Karten entwerfen zu können, doch bieten diese bei näherer Betrachtung auch eine gute Antwort darauf, weshalb es in unserer Community zwischen verschiedenen Spielern immer wieder zu Konflikten kommt.


Die drei Spielertypen


Doch bevor ich dazu kommen kann, warum man an Rosewaters Spielertypen klassische Konflikte unter Yugispielern gut erklären kann, müssen wir zunächst einmal klären, worum es bei den drei Spielertypen überhaupt geht. Im Grunde genommen sind sie grobe psychologische Profile der verschiedenen Spieler. Was motiviert einen Spieler zum Spielen? Was für Karten und Decks spielt er gerne und mit welcher Einstellung geht er an das Spiel heran? All dies sind elementare Punkte jedes Typs, die jedoch gleichzeitig von jedem Spielertyp anders beantwortet werden. Der Einfachheit halber gab Mark Rosewater damals jedem Typen einen simplen Namen, der seiner Ansicht nach den Charakter jedes Typen besonders prägnant beschreibt.


Timmy


Der erste der drei Typen ist die Art Spieler, die in unserer Community gerne als „Kiddie“ beschrieben wird (obwohl er keineswegs jung sein muss) und unter den besonders Anfänger oft fallen. Ein typischer „Timmy“ gewinnt gerne groß und überwältigend mit tollen und „mächtigen“ Monstern. Er spielt Karten und Decks nicht, weil er sie besonders interessant oder spielstark findet, sondern in erster Linie, weil sie in seinen Augen „cool“ sind. Dies gilt insbesondere für TCGs wie Magic und Hearthstone, in denen große und „teure“ Karten (im Sinne von hohe Manakosten, nicht hoher Kaufpreis) noch eine ganz andere Rolle spielen als im YuGiOh TCG, obwohl es auch bei uns einige Kandidaten gibt – beispielsweise Karten wie Urteilsdrache. Eine weitere Rolle spielen für den typischen Timmy gerade in unserem TCG, was im Gegensatz zu Hearthstone und Magic eine TV-Serie hat, Anime Decks, die direkt aus der Fernsehserie adaptiert werden können.


Timmy ist in erster Linie motiviert durch den Spaß am Spiel, er spielt typischerweise gerne mit Freunden und genießt es ihnen gegenüber zu sitzen, während er sein neues Deck ausprobiert. Dies alleine reicht ihm meist schon aus, um Spaß zu haben, es ist für ihn nicht unbedingt nötig zu gewinnen. Ihn interessiert vielmehr die Qualität, als die Quantität (Menge) seiner Siege.


Johnny


Manchmal, wenn ich mich durch die Tiefen der Strategie Threads in unserem Forum wühle, habe ich das Gefühl, dass unsere Community auf eTCG zu 90% aus Johnnys oder mindestens „Johnny-artigen“ Spielern besteht - das ist jedoch keinesfalls etwas schlechtes. Der typische Johnny ist kreativ und mag es sich selbst über das Spiel auszudrücken. Er würde niemals eine Deckliste einfach kopieren (oder „netdecken“), ihm ist es ganz im Gegenteil sehr wichtig eigene und einzigartige Decklisten zu spielen. Er mag die Herausforderungen mit innovativen Decks zu gewinnen und investiert unter Umständen viel mehr Zeit darin neues zu erkunden, als tatsächlich zu spielen. Der Deckbau liegt ihm fast mehr als das Spielen an sich.


Er versucht zwar mehr als Timmy mit seinen Decks auch tatsächlich etwas zu erreichen, doch ist es ihm immer noch wichtiger mit „Stil“ zu siegen anstatt um jeden Preis seine Spiele zu gewinnen. Dies ist auch der Grund, warum ich oben unsere Strategiethreads als Beispiel herangezogen habe: Auch in diesen wird meistens nach neuen und innovativen Möglichkeiten gesucht bestimmte Decks zu bauen, selten sieht man es, dass schlicht irgendeine Liste kopiert wird.


Spike


Während Johnny der Spielertyp ist, den ich oft in unseren Strategiethreads sehe, ist Spike klassischerweise die Art von Spielern, über die in besagten Threads gerne hergezogen wird (siehe shins Artikel). Grund dafür: Spike ist der klassische Turnier Spieler, der nicht spielt, um irgendwelche tollen Monster zu beschwören oder unkonventionelle Decks zu bauen, sondern um zu gewinnen. Er spielt stets das beste Deck, mit dem er die besten Chancen hat seine Spiele für sich zu entscheiden. Falls nötig besorgt er sich dieses aus dem Internet oder leiht es sich, er hat im Gegensatz zu Timmy und Johnny in der Regel keine emotionale Bindung zu seinem Deck.


Er findet Spaß daran seine Gegner mit spielerischem Geschick auszuspielen und somit seine Spiele zu gewinnen. Ihn interessiert es nicht mit was für Karten oder mit welcher Qualität er seine Spiele gewinnt, ihm kommt es auf die Quantität der Spiele an, die er gewinnt.




Dass war es soweit zur Erklärung der verschiedenen Spielertypen. Mark Rosewater ging in seinem Artikel an dieser Stelle noch auf verschiedene Hybriden zwischen den verschiedenen Typen ein und erklärte diese etwas detaillierter, für diesen Artikel sind sie jedoch weniger relevant und würden den Rahmen sprengen (allen, die mehr zum Thema lesen wollen, empfehle ich einfach nochmal einen Blick auf seinen Artikel zu werfen). Stattdessen möchte ich lieber zur eigentlichen Frage des Artikels kommen: Warum kommt es zwischen verschiedenen Spielern immer wieder zu Konflikten?


Verschiedene Herangehensweisen


Der Grund ist sobald man sich die drei Spielertypen anguckt recht einfach: Jede der drei Gruppen hat eine komplett andere Herangehensweise in der Art wie und aus welchen Gründen sie das Spiel spielen. Ihre Beweggründe, warum sie das Spiel genießen sind total verschieden. Jedoch – und hier kommt es oft zum Konflikt - gehen alle drei Spielertypen meist davon aus, dass ihre Art das Spiel zu spielen die einzig richtige ist.


Zugegeben, Timmy ist bei der ganzen Diskussion vermutlich ein wenig außen vor. Das Einzige, was ihm vielleicht fehlen könnte, wäre Verständnis für die anderen Spieler, die stets nur darauf aus sind zu gewinnen. Ansonsten baut er sich sein Deck, das er gerne spielt, geht zu seiner Hobby League und hat seinen Spaß. Von den beiden Anderen wird ein Timmy meist eher belächelt, jedoch nicht wirklich ernst genommen. Zum tatsächlichen Konflikt kommt es vor allem zwischen Johnny und Spike, beide verachten sich aus verschiedenen Gründen.


Wie bereits gesagt: Johnny spielt das Spiel, um sich kreativ auszuleben, individuelle und innovative Decks zu bauen. Jemand, der seine Decks schlicht aus dem Internet kopiert und sich nicht im geringsten darum kümmert was er gerade spielt, solange er damit gewinnt, ist das genaue Gegenteil von seiner Vorstellung, wie man das Spiel spielen sollte. Es widerspricht seinen Idealen so sehr, dass er keinerlei Verständnis für Leute haben kann, die das Spiel wie ein Spike spielen, weshalb er in Diskussion dauerhaft über diese herziehen muss. Ginge es rein nach Johnny, so würde sich jeder sein Deck selber bauen, es gäbe kein Netdecking und wir hätten auf einem 50 Mann Turnier 50 verschiedene Decks.


Auf der komplett anderen Seite steht der klassische Spike, der in erster Linie darauf aus ist seine Spiele zu gewinnen. Er wiederum hat kein Verständnis für Johnnys, die ihn ständig dafür kritisieren „einfallslos und unkreativ“ zu sein, während sie gleichzeitig mit ihren „Mülldecks“ auf jedem größeren Turnier einen „stabilen 1-3 Drop“ hinlegen. Er kann sich nicht vorstellen, warum man sich absichtlich Steine in Weg legen sollte, wenn man mit einem anderen Decks viel bessere Chancen hätte das Turnier zu gewinnen. Zwar ist er in den meisten Diskussionen eher auf der defensiven Seite, nachdem nach einem Großturnier, was mal wieder von einem Meta Deck gewonnen wurde, die Johnnys im Forum Amok laufen, doch zeigen die meisten Spikes auch dann wenig Verständnis für die andere Seite.


So oft, wie ich das Wort in den vergangenen Absätzen bereits benutzt habe, liegt auch das Schlüsselwort zu Lösung schon auf der Hand: Verständnis. Alle drei Spielertypen müssen sich ganz einfach klar machen, dass sie nicht der einzige Typ auf der Welt sind und dass es stets noch zwei andere Perspektiven gibt, aus denen man das Spiel betrachten kann. Es gibt nicht den einen Weg das Spiel zu spielen, ein Timmy hat genauso seine Daseinsberechtigung, wie ein Johnny oder Spike. Wenn ihr also das nächste Mal dabei seid in einer solchen Diskussion einen Post zu verfassen und dabei null Verständnis für die Position der anderen Partei habt, macht euch klar, dass es schlicht andere Arten und Beweggründe gibt das Spiel zu spielen, auch wenn diese mit euren Ansichten nicht übereinstimmen.


Spielt das Spiel so, wie ihr es gerne wollt und gebt aber gleichzeitig auch jedem anderen die Freiheit es auf ihre Art zu spielen!


Schlusswort


Haut eure Gedanken und Meinungen zum Thema wie immer gerne in den Diskussionsthread!


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Wir sehen uns wieder in zwei Wochen - bis dann,


~Scarx