Vermutlich wird das Thema, welches ich letzte Woche so unbedacht angerissen hatte, uns (mit Pausen) noch eine ganze Weile beschäftigen. Momentan plane ich, daraus eine kleine Serie zu machen, sofern in den Kommentaren nicht gleich ein Sturm der Entrüstung auf mich einbricht. Tatsächlich scheine ich ein wenig meinen eigenen Werdegang als Spieler und die damit verbundene Entwicklung meiner Denkweise rekonstruieren zu müssen, denn ich sehe mich nicht in der Lage, ein so komplexes Thema anders anzugehen, ohne den roten Faden zu verlieren.



Ressourcenklassen


Ich habe im Abschnitt über die Monarchen bereits angedeutet, dass man die Handkarten in verschiedene Klassen einteilen kann. Ressourcenklassen stellen meiner Meinung nach ein geniales Werkzeug der Deckanalyse und der Deckkonstruktion dar. Man kann ein Deck so verschiedene Schwerpunkte zuordnen und gegebenenfalls Schwachpunkte in diesen Decks ausmachen. Dies gilt grundsätzlich für gegnerische Decks als auch für eigene Decks. Gleichzeitig dient dieses Werkzeug auch der Einschätzung und Bewertung von Einzelkarten.


Wenn ich mich richtig erinnere, habe ich die Klassen 'Monster-Removal', 'S/T-Removal' und 'unüberwindbare Monster' eingeführt. Gleichzeitig sind für mich selbst immer folgende Klassen bedeutend gewesen: 'Aggressiv', 'Defensiv', 'Kartenvorteil', 'Qualität & Geschwindigkeit' und 'Spezialbeschwörung'. Ich denke ich sollte erläutern, was ich unter diesen Klassen verstehe und in wie fern eine solche Einteilung sinnvoll sein kann.


  • Monster-Removal:

    Unter dieser Klasse möchte ich alle Karten sammeln, welche gegnerische Monster entsorgen, bzw. dabei helfen können. Darunter fallen erst einmal Karten wie Smashing Ground oder Mirror Force, welche wir fortan als 'direktes Monster-Removal' bezeichnen wollen. Aber auch Karten, welche helfen gegnerische Monster im Kampf zu zerstören, fallen für mich in diese Kategorie. Als prominenteste Beispiele wären hier Honest, Book of Moon oder Blackwing – Gale the Whirlwind zu nennen. Diese Unterklasse bezeichne ich - ihr werdet es erraten haben – als 'indirektes Monster-Removal'.


    Diese Klasse ist in meinen Augen die mit Abstand wichtigste, was Deckbau und Spielweise angeht: die Spielweise sollte dahingehend ausgerichtet sein, möglichst schonend mit dieser Ressource umzugehen. Im Normalfall bedeutet dies, nach Möglichkeit gegnerische Monster im Kampf zu zerstören und mit einem Torrential Tribute nicht nur eines, sondern zwei Monster zu zerstören. Diese Ressourcenklasse ist ganz eng mit den Begriffen Feldkartenvorteil und Handkartenvorteil verbunden. Diese immense Bedeutung führt im Deckbau dazu, dass man darauf achten sollte, recht viele Karten mit diesem Merkmal ins Deck zu integrieren. Sollte man keine Monster-Removal mehr zur Verfügung haben, der Gegner aber ein starkes Monster, ist das Spiel meistens verloren.


  • S/T-Removal:

    Hier liegt der Fall schon deutlich einfacher: Breaker the Magical Warrior, Heavy Storm, Mystical Space Typhoon und Dust Tornado sind S/T-Removal. Auch Karten wie Royal Decree, Cold Wave und Solemn Judgement kann man gerne in den erweiterten Kreis rechnen. Diese Ressourcenklasse ist in der Regel relativ unwichtig und kommt eigentlich immer erst dann ins Spiel, wenn der Gegner ungewöhnliche Wege geht, Skill Drain oder Burnervarianten spielt. Wirklich bedeutend wird diese Klasse meistens bei der Komposition des Sidedecks oder in bestimmten Metagamesituationen, wie wir sie momentan mit der Dominanz von Royal Oppression oder Skill Drain sehen.


  • unüberwindbare/problematische Monster:

    Unüberwindbare Monster sind Monsterkarten, welche den Gegner zwingen, spezielle Ressourcen zu verwenden, um an diesen vorbei zu kommen. Insbesondere können diese Monster nicht ohne weiteres im Kampf zerstört werden. Erwähnenswert wären hier Spirit Reaper, Mystic Tomato oder Colossal Fighter. Je nach Metagame können da auch andere Monster mit besonders hohen Angriffs- oder Verteidigungswerten (z.B. Destiny Hero - Defender) hinzugehören. Früher einmal stellten die Monarchen ein unüberwindbares Hindernis dar, mittlerweile hat sich dies geändert. Auch Tomate und Sensenmann haben in Abetracht der Gladiatorenungeheuer ein wenig an Schrecken verloren. Diese Kategorie ist wohl bis jetzt die am wenigsten praktikable.


    Trotzdem lohnt sich dieser Blick, da wir zum ersten mal versucht haben zu definieren, was für den Gegner ein Problem darstellen kann. Schwächen wir diese Gruppe also ab und nennen sie fortan 'problematsiche Monster'. Hier hinein gehören dann auch sicher Karten wie Stardust Dragon oder Thought Ruler Archfiend. Sie ist das Gegenstück zur Klasse des Monster Removal. Dies sind die Karten, welche der Gegner entsorgen muss. Haben wir ein 'starkes Monster', der Gegner keine Möglichkeit es zu entsorgen, gewinnen wir. Im Deckbau muss es das Ziel sein, mindestens so viele Monster-Removal zu spielen, wie der Gegner problematische Monster.


  • Aggressiv:

    Nachdem die letzte Klasse bereits relativ schwammig definiert war, muss ich Euch jetzt eine weitere 'schwammige Klasse' zumuten. Ich verstehe unter aggressiven Karten insbesondere Monster mit hohen Angriffswerten und Karten, welche Angriffe unterstützen. Diese Klasse enthält in Teilen die Klasse Monster-Removal und fast vollständig die Klasse S/T-Removal. Aber auch Karten, welche sich durch ihren eigenen Effekt schützen können oder einfach nur gute Angriffswerte haben, fallen in diese Gruppe. Somit hätten wir beispielsweise Karten wie Dimensional Alchemist, Whinged Rhinos oder Stardust Dragon in dieser Gruppe.


    Da Aggressivität immer auch mit Geschwindigkeit zu tun hat, sind in dieser Klasse kaum Fallen zu treffen. So gehört für mich ein Fissure in diese Klasse, da sie einen Angriff mit einem evtl. schwächeren Monster ermöglichen kann. Ein Soul Exchange oder ein Dimensional Prison sind ihrer langsamen Natur nach weniger aggressiv. Auch Burnerkarten, welche von manchen Decks gesplasht werden, können in diese Kategorie fallen.


    Warum ist diese Klasse interessant? Ich selbst habe sie damals für mich eingeführt, als Adrian Madaij mit seinem Recruiter Chaos so unglaubliche Erfolge feierte. Diese Klasse würdigt die Kombination, welche das Entsorgen der gegnerischen Defensive mit hohen Angriffswerten bringt (man beachte: 1400 Angriffspunkte waren damals noch relativ viel). Die Möglichkeit, gegnerische Monster im Kampf zu besiegen, kann wiederum zu Kartenvorteil und Feldvorteil führen. Gleichzeitig dient sie bei der Deckanalyse als Indikator der strategischen Ausrichtung und der Spielweise.


  • Defensiv:

    Dieser Gedanke führt uns direkt zur entgegengesetzten Klasse der defensiven Karten. Sie beschützen unsere Lebenspunkte, und halten die Feldkontrolle aufrecht. Die meisten Monster-Removal, welche es nicht in die aggressive Klasse geschafft haben, sind hier zu finden: Sakuretsu Armor, Bottomless Trap Hole oder auch Enemy Controler sind hier zu finden. Man beachte, dass Enemy Controller durchaus auch als aggressive Karte angesehen werden kann. Auch die Klasse der unüberwindbaren/problematischen Monster gehört durchaus in diese Klasse hinein. Auch Karten wie Dekoichi the Battlechanted Locomotive gehören in diese Kategorie: ermöglicht sie es doch ohne Kartenverlust die eigenen Lebenspunkte zu beschützen. Selbstverständlich finden sich auch Karten wie Waboku in diese Gruppe wieder.


    Diese Klasse stellt wie seine Zwillingsschwester ein hervorragendes Werkzeug der Deckanalyse zur Verfügung. Auch ist sie eng verbunden mit dem Begriff der Feldkontrolle und dem Begriff des Tempos: während agressive Karten gegnersiche Monster entsorgen, halten defensive Karten unsere eigenen Monster auf dem Feld; während aggressive Karten das Spiel beschleunigen, verlangsamen defensive Karten dieses.


  • Spezialbeschwörungen:

    Diese Klasse ist eigentlich selbsterklärend. Alles, was spezialbeschwört, gehört in diese Gruppe: Monster Reborn ist da nur das prominenteste Beispiel. Wichtig ist sie wieder für den Begriff der Feldkontrolle und mir selbst richtig bewusst wurde ihre Macht, als eine Zeit lang Erde-Beatdown-Decks rund um Giant Rat, Gigantes und The Rock Spirit (zumindest im Ausland) großes Potential zeigten. Heute wimmelt das Spiel nur noch vor Spezialbeschwörungen und sie sind ein elementarer Bestandteil des Spiels. Generell gilt wie bei der Klasse Monster-Removal: je mehr, je besser, so viel wie geht. Diese Klasse symbolisiert das Vermögen ein Feld aufzubauen, bzw. ein verlorenes Feld neu aufzubauen. Geht einem diese Ressource aus, kann es schwer sein, wieder ins Spiel zurück zu finden.


  • Kartenvorteil:

    Pot of Greed ist wohl DAS Beispiel für diese Klasse. Aber auch Karten wie Garoth, Lightsworn Warrior oder Brain Control gehören in diese Klasse. Wer das Konzept des Kartenvorteils noch nicht verstanden hat, sollte ganz dringen hier und hier nachlesen.


  • Qualität & Geschwindigkeit:

    Bis jetzt gibt es eine Hand voll enorm wichtiger Karten, welche wir noch nicht einsortieren könne, aber von fast allen gespielt werden. Karten wie Reinforcement of the Army oder Destiny Draw konnten wir bis jetzt noch nicht einsortieren. Wir definieren uns hier also alle Karten, welche uns ermöglichen, passende Karten aus Deck, Friedhof, RFG zu suchen oder uns wie Upstart Goblin einfach nur Karten ziehen lassen. Insbesondere fallen in diese Kategorie damit auch Karten wie Monster Reborn, Dimensional Alchemist und alle (!) Gladiatorenungeheuer. Fürs Spiel bedeutend sind solche Karten, da sie die Möglichkeiten eines Spielers erhöhen auf Probleme zu reagieren.



Schlusswort


Leider kann ich in einem Artikel nicht jede Klasse ausführlich erläutern. Vielleicht werde ich auf die ein oder andere irgendwann noch einmal gesondert eingehen. Aber ich hoffe, dass ich eine grundlegende Idee eine Einteilung geben konnte. Es gibt dutzende weitere Möglichkeiten, sinnvoll einzuteilen. Insbesondere den Begriff des Problems haben wir heute nur bedingt besprochen. Tatsächlich kann man sogar soweit gehen und Klassen gegen bestimmte Schlüsselkarten definieren: welche Karten sind gut gegen Stardust Dragon? Welche Karten können mir bei einem gegnerischen Skill Drain weiterhelfen? Und welche Karten werden von diesen Karten blockiert? Beim nächsten Mal werden wir uns damit beschäftigen, wie man dieses neue Werkzeug sinnvoll einsetzen kann und ein paar Beispiele behandeln. Ich hoffe, ihr freut euch darauf genauso wie ich,


Euer


Nimrod Hellfire

Antworten 16

  • Es bleibt spannend. Ich freue mich auf den nächsten Artikel, denn ich war schon immer Anhänger von Theory-Oh!


    Eins muss ich erwähnen, das habe ich auch schon öfters im Forum bemerkt: 'Removel' schreibt man mit -al, auch wenn es sich um die Substantivierung von 'remove' handelt. Da wird immer ein -al angehängt^^

  • Gut, dass es die "Suchen & Ersetzen"-Funktion gibt. Mein Englisch rostet glaube ich so langsam ein.

  • Endlich mal eine Kolumne, die ich wirklich ausführlich mit der Theorie befasst. (Nicht, dass soul und harti das auch taten, nur machst du das halt wirklich ausführlich)


    Freue mich wirklich auf die Fortsetztung. Nur hat mir in der Einteilung heut etwas in der Richtung von speziellen Karten gefehlt, wie z.B. Makrokosmos, was für mich in keine, der erwähnten Klassen hinein gehört, es ja eine Strategie erst ermöglicht abersonst keinen weiteren Vorteil hat.

  • Macrocosmos würde ich im Zweifelsfall in Qualitätsvorteil einstufen. Das gleiche würde wohl für Skill Drain gelten. Ich habe diese Art von Karten aber bewusst ausgespart. Im Prinzip hast du aber recht. Für solche Karten bietet sich in der Tat eine eigene Klasse ein. Vor allem weil sie deckbautheoretisch durchaus interessant sind.

  • Der Bericht war interessant zu lesen. Ich bin ebenfalls froh darüber, dass dieses Thema vertieft wurde. Allerdings sehe ich auch manche Karten als eigende Kategorie an. ( z.B. Makrokosmus oder Skill drain ) Auf diese sollte mal nochmal eingehen...
    Freu mich auf deinen nähsten Artikel.
    M.f.G Lugger

  • Erstmal toller Arkikel!


    Zu "Kartenvorteil" könnte man noch CoSR und Herz des Unterlegenen hinzufügen, das wären noch erwähnenswerte Karten des Metas (Herz des Unterlegenen mal mehr meistens weniger, auch wenn ich die Normalen ganz cool finde).


    MfG

  • Gute Sprache, guter Stil, nur bischen mehr Infos hätten es sein dürfen. :)

  • Zitat

    Insbesondere fallen in diese Kategorie damit auch [...] alle (!) Gladiatorenungeheuer.

    Auch Andal? Welche Art von Qualität/Geschwindigkeit bietet der denn? Er ist suchbar und das wars...


    Ansonten fand ich den Artikel sehr gelungen, wird Zeit, dass jemand das mal erklärt ;)

  • huhu lustige artikel..ist ja fast wie untericht für yugioh-spielerXDD

  • Hi,


    erneut ein sehr interessanter Artikel zu einem ebenso interessanten Thema. Was mir dieses Mal im Vergleich zu letzter Woche ein wenig gefehlt hat, waren die praktischen Beispiele. Diese waren zwar durchaus vorhanden, ein paar mehr bzw. die vorhandenen etwas ausführlicher zu gestalten hätte sicher nicht geschadet ;) Das tut zwar so weder dem Artikel noch dem Thema einen Abbruch, aber ein wenig... trocken wird die ganze Angelegenheit schon...


    Topic.
    Deine Theorie gilt sicherlich für "normale" Decks, also Beat-Down-Decks und dergleichen. Da mag Spell/Trap-Removal wie du sagst nicht so sehr von Bedeutung sein, es sei denn der Gegner spielt einen besonderen Decktyp. Aber wenn ich selber ein OTK-Deck spiele, ist Spell/Trap-Removal das Um und Auf, denn ein einziges Feierliches Urteil könnte meinen ganzen OTK-Versuch zunichte machen, während mir ein feindlicher Kolossaler Kämpfer (je nach Art des OTKs) vergleichsweise egal sein kann. Oder anderes Beispiel: Speed-Burner bzw. Chain-Burner. Ich glaube nicht, dass solche Decks allzu große Stücke auf Monster-Removal halten ;)

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