Das vergangene Wochenende bot gleich 2 riesige Highlights, denn es wurden die "National Championships" in "Austria" und "Switzerland" ausgetragen! [1] Meine Glückwünsche gehen raus an die neuen "National Champions" und ich bin gespannt, wie sie ihre Länder auf dem "World Championship Qualifier – European Championship" [2] vertreten werden.


Je nachdem, wie man auf so ein Event blickt, ist eine ganz andere Tatsache viel interessanter: Weit mehr als 300 Spieler (beide Events zusammen genommen) konnten den Titel des "National Champions" nicht gewinnen. Unter ihnen auch jede Menge namhafte Spieler.

Da ich die Woche sowieso damit verbrachte, ausführlich Recherche zu betreiben [3], konnte ich auch eine tolle Anregung für diese Kolumne finden! Denn wir decken jetzt mal auf, warum es so viele Spieler eben nicht geschafft haben.



Wie es zu Niederlagen kommt


Ich denke, jeder von euch hat an der ein oder anderen Stelle schon mal von einem bestimmten Adrian gehört. Keine Sorge, wir wollen jetzt keine Diskussion über seine sozialen Gepflogenheiten führen, sondern vielmehr ihn als Musterbeispiel her nehmen, wenn es um den "geborenen Verlierer" geht. [4]


Adrian stand in jeder Menger wichtiger Events in den Top 8. Mehreren Deutschen Meisterschaften, Europameisterschaften, ja sogar Weltmeisterschaften! Trotzdem hat Adrian noch nie (auf einem größeren Event) gewonnen. Insbesondere im Halbfinale oder – noch schlimmer – im Finale versagen ihm regelmäßig die Nerven, der "Adrian-Fluch" schlägt zu und er verliert das wichtigste Spiel (aus zumindest seiner Sicht) im gesamten Turnier.


Adrian ist ein guter Spieler. Er macht üblicherweise nur sehr wenige Fehler. Auch mit dem hohen Druck in späteren Runden kommt er augenscheinlich sehr gut zurecht. Zumindest beschimpft er seine Gegner immer noch genauso wie in den Runden zuvor...

Doch offenbar lässt sich Adrian in den entscheidenden Situationen immer wieder einen Floh ins Ohr setzen, der direkt vom "kleinen Teufelchen" kommt, das ihm dann beispielsweise sagt: "Du brauchst die Bottomless nicht zu setzen – du hast genug Schutz!", nur damit er dann im nächsten Spielzug beim All-In seines Gegners den Kopf schütteln muss und zusieht, wie er gerade weggefegt wird. Und das trotz des "Plus 2" zu seinen Gunsten.


Klar kann er hinterher seinen Gegner flamen und ihm erklären, dass diese Overextension ihm das Spiel gekostet hätte, wenn er die Bodenlose Fallgrube gesetzt hätte. Nur wird das seinen Gegner in den meisten Fällen reichlich wenig interessieren, denn er hat gerade den mächtigen Adrian aus dem Turnier gekickt.


Ich behaupte nun 2 Dinge:

  1. Jeder von uns hat einen kleinen Adrian in sich. [5]
  2. Adrian ist mittlerweile an dem Punkt angekommen, wo er mitunter sogar schon erwartet, dass er ein entscheidendes Spiel verlieren wird.


Über den ersten Punkt können wir uns gleich noch den Kopf zerbrechen. Zunächst will ich aber mal auf die letztere Behauptung eingehen.

Ich habe es schon erlebt, dass Adrian in den Top 4 aus dem Turnier gekickt wurde und er das dann nur mit "Ja, Standard halt!", kommentierte. Klar spricht da auch der Frust aus ihm, doch was, wenn er sich das auch schon vor dem Spiel gedacht hatte?! Glaubt ihr, dass jemand, der schon mit der Erwartung ins Spiel geht, dieses nun zu verlieren, das Maximum aus den ihm zur Verfügung stehenden Optionen raus holt? Oder glaubt ihr vielmehr, dass ihm der ein oder andere (zumindest in Summe spielentscheidende) Fehler auch deshalb unterläuft, weil sein Kopf ihm schon unweigerlich vorgaukelt, dass er jetzt so langsam mal aus dem Turnier droppen könnte, weil es eben wieder mal an der Zeit wäre?!


Die Einstellung ist maßgeblich daran beteiligt, dass man auf einem Turnier gewinnt. Vittorio hatte 2007 "sein Jahr". Da ist er mit einer riesigen Überzeugung auf jedes Turnier gefahren. Er hat vorher angekündigt, dass er es gewinnt. Und dann hat er eben genau das "mit Ansage" wahr gemacht.

Heutzutage sehe ich ihn, er sagt, er sei sich nicht sicher, ob das Format seinem Deck entgegen kommt und vielleicht reichen eben schon diese Selbstzweifel aus, dass er ein Spiel nicht gewinnt.


Vielleicht hat euch der Gegner eben nicht nur mit seiner "Wiedergeburt von oben weggeluckt", sondern ihr habt in einer End Phase vergessen, für eure XX-Säbel Finstersseele zu suchen. Oder ihr hättet die Spiegelkraft bereits einen Turn früher aktivieren können, um mehr Schaden zu vermeiden, ihr wolltet aber unbedingt "Plus unendlich und drölf" machen und habt sie euch deshalb aufgehoben, nur um dann zu merken, dass euer Gegner einfach mit dem einen Monster immer und immer wieder angreift und sich den Rest aufhebt, bis eure Backrow leer ist bzw. ihr das Feld abgeräumt hat und ihm somit einen tollen Anreiz gegeben habt, eine zweite Angriffswelle zu starten.


Ja, es kommt immer mal wieder vor, dass man "schrecklich zieht" und mit den aufgezogenen Karten nichts anfangen kann. Viele können sich noch an das Finalmatch der Deutschen Meisterschaft 2007 erinnern, als Adrian gegen Vittorio im ersten Spiel in absolut nichts gezogen hat und dabei zusehen musste, wie sein Gegner ihm gerade das Spiel aus der Hand nimmt.

Doch vielleicht wäre ein Comeback im zweiten Game möglich gewesen? Hätte man beim Side Decken eben doch die etwas mutigere Entscheidung getroffen und noch 3 weitere Anti-Karten mit rein genommen, bei denen man sich nicht ganz sicher war, obwohl eigentlich alle Testspiele gezeigt hatten, dass sie sich für das Match-Up bestens eignen.


Öfter als man selbst zugeben möchte, setzt sich "der kleine Adrian" durch und flüstert euch einen blöden Spielzug ins Ohr. Fragt mal Claudio, wie die Österreichische Meisterschaft gelaufen ist und nachdem er euch lang und breit erklärt haben könnte, wie unglücklich er die ersten beiden Runden verloren hat, könnte ihm doch noch einfallen, dass er im einen Spiel nicht konzentriert genug war und einen weniger idealen Zug gemacht hat.

Oder dass er eigentlich beim Deckbau von einer anderen Karte überzeugt war, aber beim vermeintlich stabileren Build geblieben ist. In der Praxis stellte sich dann heraus, dass die zusätzliche Flexibilität genau das gewesen wäre, was ihm den Sieg gebracht hätte, doch an der Stelle war es einfach schon zu spät.


Nicht viele Spieler gestehen gern ihre eigenen Fehler ein. Es ist eben einfacher, das Geld, irgendetwas, das eigene Deck, die Judges, den Gegner oder den eigenen Draw zu blamen. Irgendwas findet sich schon, auf das man die Schuld schieben kann (hier gibt's sogar einen eigenen Artikel dazu).

Doch vielleicht war es eben der kleine Adrian auf der Schulter, der euch den nicht ganz so idealen Zug zugeflüstert hat und aus irgendeinem Grund – wider besseren Wissens – habt ihr ihm nachgegeben und eben doch den Sangan auf Turn 1 im zweiten Duell gesetzt, der dann mit dem rein geboardeten Adliger der Auslöschung aus dem Spiel genommen wurde. Und das, obwohl ihr eigentlich fest mit der Karte gerechnet hattet und ursprünglich ein anderes Monster oder vielleicht sogar ohne Schutz abgeben wolltet.

Dann könnte eure Konzentration direkt Urlaub in der Karibik beantragt haben. Ein "ich hab's doch gleich gewusst.. Mann, war das ein scheiß Zug!"-Gedanke bleibt bei euch im Kopf hängen und belastet euch das gesamte restliche Spiel. Ihr macht einen anderen Zug, der nicht ideal ist, merkt es aber nicht mal. Euer Gegner kontert auch diesen Zug und ihr seid nun so weit hinten, dass ihr die Flinte komplett ins Korn werft und nur noch "mitspielt", aber eben nicht mehr agiert und euren Gegner in eine Situation bringt, in der er vorsichtiger agieren muss, um nicht zu verlieren.


Einige Spieler sind so von sich überzeugt und konnten deshalb schon so eindrucksvolle Siege holen, dass ihre Gegner schon vor dem Spiel bezweifeln, einen Sieg gegen sie holen zu können. Ihre Gegner setzen sich hin und zittern innerlich wie Espenlaub. Verstärkt wird der Effekt noch in Feature Matches, in denen man sich nur hinsetzen muss und sofort den kleinen Adrian im Ohr hat, der einem "Oh je, jetzt blamierst du dich vor der gesamten Community!", zuflüstert.

Man eröffnet mit Topf der Gegensätzlichkeit, der Gegner verzieht kurz das Gesicht, wenn man Wiedergeborener Tengu auf die Hand nimmt und Feierliches Urteil darunter legt und der Rest des Spiels ist nur noch Formsache für ihn.


Wie kann es denn sein, dass so viele fantastisch gute Spieler nur eine gewisse Zeit dominant waren? Glaubt ihr wirklich, dass sie so viel schlechter geworden sind? Glaubt ihr, dass es "einfach nicht ihr Format" ist und sie eben nur eine 6-Monats-Fliege waren? [6]

Oder sind es vielmehr ihre Selbstzweifel und der kleine Adrian, der plötzlich an Überzeugungskraft gewonnen hat und sie in schlechtere Züge zwingt und somit an ihrem schlechteren Abschneiden schuld ist?



soul



Trends der Woche


Verlängertes Wochenende


Dank der günstigen Lage des Feiertags wird der heutige Tag für viele von euch als "Brückentag" genutzt werden. Entsprechend kann ich euch nur zum 4-Tage-Wochenende beglückwünschen, dass ihr auf jeden Fall nutzen solltet!



Community-Events


Ich für meinen Teil verbringe das verlängerte Wochenende in Leipzig, wo wir zum Triple Play V einladen. Das Community Event des Jahres (für das World of Warcraft TCG) wird auf jeden Fall wieder jede Menge Freunde in die Stadt locken, in der zur Feier sogar das Stadtfest veranstaltet wird. Da ist Party garantiert und ich kann euch nur dazu raten, ebenfalls vorbei zu schauen. Zumindest am Samstag, wenn gegrillt wird und sogar Nicht-WoW TCG Spieler voll auf ihre Kosten kommen können!



Wohnungsbesichtigungs-Marathons


Ich hasse Umzüge. Das geht vielen anderen Menschen nicht so viel anders. In dieser Woche war es aber immerhin endlich soweit und mein bester Freund und Geschäftspartner Fabian, der den meisten von euch als 8DUKE8 bekannt sein sollte, hat sich in Berlin nach Wohnungen umgeschaut (und hoffentlich auch eine gefunden, die ihm gefällt). Damit ist wieder ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Übernahme der Weltherrschaft geschafft!




[1] Yami-Silver weist immer wieder gerne darauf hin, dass Konami beschlossen hat, alle "nationalen Meisterschaften" einzu...englischen. Er selbst ist ein lautstarker Anhänger der Umbenennung, während ich noch nicht ganz überzeugt bin und auch noch einige Zeit von der "Deutschen Meisterschaft" sprechen werde. Solltet ihr es auch etwas blödsinnig finden, allen Spielern verbieten zu wollen, die Begriffe zu verwenden, die sie seit 6 Jahren gewohnt sind, so drückt euren Missmut entweder im Feedback-Thread oder in einer PN an Yami-Silver aus. Er freut sich sehr über private Nachrichten!


[2] Wenn ich mich nicht ganz irre, so entspricht das dem offiziellen Namen der "Europameisterschaft". "WCQ – EC" ist aber sowieso eine viel bessere Abkürzung als "EM", daher bin ich mir sicher, dass sich auch das durchsetzen wird! Sogar ohne die Unterstützung von Onkel Yami.


[3] Was so viel heißt, wie: Ich habe leider viel zu viel Zeit damit verschwendet, random im Internet zu surfen und Artikel über andere Spiele zu lesen.


[4] Es ist sowieso schwer, einen ausführlicheren Text über seine Gepflogenheiten zu verfassen und dabei im jugendfreien Bereich zu bleiben...

Ansonsten wird der gute Adrian (Ähnlichkeiten mit real exisitierenden Personen sind rein zufällig!) bestens damit zurecht kommen, wenn er hier etwas schlechter weg kommt, weil sein Selbstbewusstsein sowieso kaum erschüttert werden kann.


[5] Es geht immer noch um Yu-Gi-Oh! und nicht um soziale Gepflegenheiten, usw...


Ihr Lutscher!


[6] Immerhin besser als eine Eintagsfliege...

Antworten 27

  • Ich hoffe doch, dass Adrian informiert war, als du über ihn geschrieben hast ;D .
    Alles in allem ein ganz netter Artikel, aber vor allem die Fußnoten fand ich wieder geil,
    "DU LUTSCHER" :D.


    btw: Erster ;)


    Greetz.

  • Ich denke auch, dass man mit einem gewissen Selbstvertrauen in jedes Turnier/Match gehen sollte, andernfalls geht meiner Meinung nach auch der Spaß am Spiel verloren wenn man von vornherein denkt : 'ich kann doch eeh nichts reißen' !


    Artikel war wiedermal kurzweilig und informativ (soll heißen war wiedermal gelungen^^), bin gespannt ob dir demnächst mal wieder ein Thema in den Sinn kommt, dass unerwarteter und vllt auch bisschen diskussionswürdiger ist - belebt die Diskussionsthreads der Artikel doch deutlich :)

  • so ein scheiß die anderen 299 haben halt nicht gewonnen weil der eine ebend besser war.

  • Ich denke Adrians Probleme sind eher, dass er a)) das Spiel nicht mehr ernstnimmt und b) seine Art Decks zu bauen einfach nicht mehr so gut funktioniert wie früher. Es klappt noch ab und zu, aber nicht mehr so zuverlässig wie 05-07. Das Spiel unterstützt halt nur noch Themendecks und keine WIRKLICHE Kreativität mehr. Umboarden geht nicht mehr wirklich etc. Außerdem hatten seine Gegner auch wirklich oft bessere Hände, man denke an das EM-Finale, er hat klar besser gespielt, aber Vincent hatte einfach ZU viel.

  • so ein scheiß die anderen 299 haben halt nicht gewonnen weil der eine ebend besser war.


    Die Tiefsinnigkeit auf eTCG beeindruckt mich doch wirklich immer wieder.


    Zum Artikel hab ich jetzt auch nicht groß was zu sagen, war für den einen oder anderen Schmunzler gut, vor allem - wie schon gesagt - die gewohnt witzigen Kommentare per Fußnote, ansonsten aber wohl kein Artikel der mir nachhaltig in Erinnerung bleiben wird. Soll nicht heißen, dass er schlecht war, er sticht nur nicht so aus der Masse der Artikel heraus, wie es manch andere deiner Werke tun bzw. getan haben.


    Sehen uns btw. morgen zum grillen und chillen. Ich bin gerade in LE und werde mal vorbeischauen.

  • Zum Artikel hab ich jetzt auch nicht groß was zu sagen, war für den einen oder anderen Schmunzler gut, vor allem - wie schon gesagt - die gewohnt witzigen Kommentare per Fußnote, ansonsten aber wohl kein Artikel der mir nachhaltig in Erinnerung bleiben wird. Soll nicht heißen, dass er schlecht war, er sticht nur nicht so aus der Masse der Artikel heraus, wie es manch andere deiner Werke tut bzw. getan haben.


    Kann mich dem nur anschließen. Und Fußnotensprüche ftw :D
    Ansonsten wirklich "nur" ein guter Artikel, nur halt nicht so hervorstehend wie die anderen ^^'

  • Sehr guter Artikel!
    Wie immer lockern lustige Kommentare den Artikel auf und ein guter Denkanstoß ist auch dabei.


    Ich kenne Spieler, die nach einer unglücklichen Niederlage ihre gesamte Konzentration verlieren. Meistens fallen sie dann von einem eigentlich soliden 4:1 zu einem X:3.
    Man sollte üben, den Ärger wegstecken zu können und konzentriert weitermachen...ich denke dass hilft auch in anderen Bereichen des Lebens.

  • Der Artikel war meiner Meinung nach "solala", da mir Adrian leidtut, der hier so bloß gestellt wurde.

  • Den kleinen "Adrian" kennen wir wohl alle.


    Das ist der, der dir schon nach dem du die Pairings bzw deinen Gegner gesehen hast, zuflüstert: "Runde 1 kannste eh knicken, ohne Board und dann brauchste Glück etc.pp"


    Eines führt zum andern, man macht Fehler (und sei es nur zu oft euren Grave zu checken, oder euer Pokerface verrutschen zu lassen)...


    Und am Ende sagt klein "Adrian": " Hab ich es nicht gesagt?"



    Top Artikel btw...

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