Gezielt und zeitsparend Deck bauen

Der Deckbau ist ein essentieller Teil des Spiels. Meistens testen wir und optimieren währenddessen unser Deck anhand der Testergebnisse. Dieser Artikel soll aber eher über den Weitblick beim Deckbau handeln, also nicht abhängig vom Testen, sondern anhand von Theorie. Wie können wir bereits im Vornherein ein Deck nah an ein Optimum bringen und dem Testen nur noch die Feinheiten überlassen bzw uns hauptsächlich nur noch auf die Match-Ups konzentrieren – Stichwort zeitsparend? Ich werde hier die wichtigsten Tipps zusammenfassen, auch unabhängig davon, ob Metadeck oder nicht.


Die Ausgangsfrage


In der Regel nehmen wir uns vor, ein Deck zu bauen bzw zu spielen, da uns eine bestimmte Kombo sehr gefällt, eine Mechanik oder Ähnliches. Die erste Frage ist jedoch, ob es denn überhaupt ausreichend spielbar ist. Ist es ein etabliertes Metadeck, muss man sich darüber natürlich keine Gedanken machen. In diesem Abschnitt geht es also vor allem um Nicht-Metadecks. Man sollte das Deck erstmal theoretisch vergleichen mit den Metadecks. Es sind zwar in Yugioh alle Decks unterschiedlich, aber Gemeinsamkeiten findet man dennoch sehr schnell und meistens auch ein bestimmtes Metadeck, mit dem man einen direkten Vergleich ziehen kann. Dadurch kann man oft rasch merken, ob das geplante Deck strikt unterlegen ist.



Damals zur Geargia-Ära spielte ich für eine Weile ein selbst entworfenes Dark-Creator-Ghostrick-Deck, zumindest bis Burning Abyss ins Feld kam. Obwohl ich mein Deck sehr gerne spielte und problemlos mit dem Meta mithielt, gab es ab Burning Abyss keinen Grund mehr, es zu spielen. Die beiden Decks hatten starke Gemeinsamkeiten, z.B. Stallcharakter, hohes Pluspotential, sehr viel Floating und Ghostrick hatte themeneigene Dantes. Während Ghostrick aber BA so gut wie nichts entgegenzusetzen hatte, war es umgekehrt anders. BA war stabiler (umfassender Zugriff auf Tour Guide from the Underworld), viel schneller (Spezialbeschwörungen aus der Hand im eigenen Zug) und hatte per se ein besseres Grind dank des Dante-Cir-Loops. Selbst seit dem Erscheinen von Ghostrick Angel of Mischief änderte sich daran nur wenig. Dies war der Punkt, an dem ich Ghostricks vergessen konnte.



Ein weiteres Beispiel wären jegliche Synchrodecks. Man bedenke, dass diese inzwischen kaum von der Liste eingeschränkt sind und sogar neuen Support bekommen, z.B. Zombies mit Uni-Zombie. Ein Deck um die Kombo Uni-Zombie/Mezuki/Goblin Zombie wäre tatsächlich interessant, da es das identische Pluspotential hätte wie das Satellaknight Deck und auf mächtige 8er Synchros kommt – zumindest sind sie das mal gewesen. Inzwischen werden die alten 8er-Synchros völlig überschattet von moderneren Bossmonstern, im direkten Vergleich hätte man den brokenen Stellarknight Triverr. Hier hätte man also ein starkes Deck auf dem Papier, aber das Extradeck gibt einfach zu wenig signifikante Optionen her, wodurch es z.B. im Vergleich mit Satellaknight strikt schlechter ist.


Wie man sieht, kann der Deckbau bereits zu Ende sein, bevor man überhaupt damit begonnen hat. Auf der anderen Seite ist das natürlich reine Meinungssache. Ich persönlich hätte leider überhaupt keinen Spaß daran, ein Deck zu spielen, bei dem ich ganz genau weiß, dass es ein anderes viel besseres Deck gibt im direkten Vergleich. Das hätte bei mir einfach ein zu starkes Gefühl des Mangels und der Unvollkommenheit. Sicherlich sehen das viele Spieler anders und stören sich nicht daran. Dann kann man diesen Abschnitt gestrost ignorieren. Vordergründig soll es aber um das kompetitive Deckbauen gehen.


Schlüsselkarten



Jedes Deck kann bricken und wenn es darum geht, Bricks zu minimieren, ist es häufig das Selbe, wie Schlüsselkarten ausreichend zu spielen. Diese würde ich als Karten definieren, die notwendig sind, damit ein Deck auf seinem vollen Potential spielen kann. Dadurch jedenfalls ist es am unkompliziertesten, sich bewusst zu machen, wie konstant mein Deck ist. Offensichtliche Beispiele wären Swap Frog, Geargiarmor, Satellarknight Deneb, Qliphort Scout, Tour Guide from the Underworld oder Performapal Pendulum Sorcerer. Hier zählen natürlich nicht nur die Karten selbst, sondern auch deren Sucher. Im Geargia zum Beispiel kommen Geargiarsenal und Geargiagear hinzu, was 9 Karten ergibt. Dies wäre für meinen Geschmack auch das schwache Minimum, da ich damit mit 5-Karten-Starthänden jedes 4. Mal schlecht ziehe, also ohne Schlüsselkarte. Ich persönlich bevorzuge Decks mit 12 oder sogar mehr solcher Karten, um so gut wie jedes Mal spielbar zu ziehen. Ein Beispiel wäre mein BA-Build im Nekroz Format, mit 3 Scarm, 3 Graff, 3 Mathematician, 1 TGU, 1 Foolish Burial und 3 Griefing Fiend, also 14, wodurch die Brickwahrscheinlichkeit gegen 0 ging. Noch mehr wäre so gut wie unnötig, da die Wahrscheinlichkeit bei höheren Anzahlen immer mehr stagniert. Von 6 auf 9 wäre zum Beispiel ein bedeutenderer Konstanzschub als von 9 auf 12.


Decks wie Satellaknight oder Qliphort treffen meinen Geschmack am wenigsten, da dort die Konstanz gemessen an Schlüsselkarten äußerst gering war (Towers Turbo ausgeschlossen). Mit 2 Qliphort Scout und 3 Summoner's Art bzw 3 Satellarknight Deneb und 3 Reinforcement of the Army waren das nur 5 bzw 6 Karten, die das volle Potential des jeweiligen Decks ausschöpften. Auf 5-Karten-Starthänden ziehe ich sie aber nur knapp häufiger als in jedem 2. Spiel. Das soll nicht heißen, dass diese Decks dann direkt verloren haben. Allgemein werden jedoch Kombos in Kombodecks deutlich schwächer oder sie können erst gar nicht spielen. Fallenlastige Decks sind fast gleichermaßen betroffen, da gezogene Fallen dann unter der stark reduzierten Toleranzdecke leiden. Decks, wo Starthandqualität so dermaßen stark davon beeinflusst wird, ob eine bestimmte Karte dabei ist, würden mir keinen Spaß machen. Ich möchte relativ gleichmäßige Hände haben, um möglichst nur an gegnerischen brokenen Händen zu scheitern, anstatt auch noch zusätzlich die Möglichkeit offen zu lassen, an meinem eigenen Deck zu scheitern.


Dieses Schlüsselkartenproblem eröffnet oft ein Dilemma zwischen Konstanz und des Potentials des Decks. Umso mehr ich für die Konstanz tue, desto mehr füttere ich auch meist das Normal Summon oder Redundanzproblem. Ein Deck aus 40 Schlüsselkarten hätte natürlich ein Potential von 0. Sobald ich die Schlüsselkarte auf der Hand habe, würde ich mir natürlich am liebsten ein Restdeck ohne Schlüsselkarten wünschen, da ich sie meist nicht mehr ziehen will. Trotzdem müssen sie aber wegen der Wahrscheinlichkeit oft genug enthalten sein. Modernere Decks lösen dieses Problem meist viel besser als ältere Decks, z.B. Pendulumdecks oder das BA-Deck mit den Spezialbeschwörungen aus der Hand.



Viele kombolastige Decks haben auch kaum was mit Schlüsselkarten am Hut, sondern brauchen eben Kombos für ihr volles Potential. Das Nekroz Deck zum Beispiel oder das Monarchendeck haben zahlreiche Kombos, um ihres Niveaus würdig ins Spiel zu kommen. Hier ist das Nekroz Deck natürlich klar abzugrenzen mit seinen endlosen Suchern, was es um Welten stabiler macht als Monarchen. Zugegeben ist in solchen Decks die Konstanz viel komplizierter abzuschätzen und Starthandtests sind dann doch leichter als endlose mathematische Berechnungen. Prinzipiell gilt hier wie schon in einem alten Artikel festgestellt, die Non-Engine-Karten zu reduzieren, z.B. Fallen. Wenn ich auf Kombos angewiesen bin, wird jede Karte, die dazu nichts beiträgt, natürlich hinderlich. Daher ist ein kombolastiges Deck mit 10-20 Techs meist Mist.


Struktur


Wenn man keine Karte ohne Grund spielt und sich bewusst darüber ist, welche Funktion jede Karte genau erfüllen soll, kann man sein Deck sinngemäß ordnen. Dies ist auch völlig unabhängig von Monstern, Zaubern und Fallen. Reinforcement of the Army ist nur paradoxerweise eine Zauberkarte. Genauso sind Soul Charge oder Abyss-Sphere eher Monster, und Effect Veiler eine Falle. Ich rate davon ab, sein Deck stets stur nach Monster/Zauber/Falle zu ordnen, da es nichts mit wahrer Struktur zu tun hat und eher irritiert. Am besten ist es, die Farben der Karten beim Ordnen zu ignorieren.



Die übergeordnete Struktur sollte immer Engine bzw Non-Engine sein, denn dies betrifft auch absolut jedes Deck. Engine-Karten kann man dann vor allem einordnen in Schlüsselkarten, Sucher (i.d.R. Die zwei besten Kategorien), Normalbeschwörungen, Spezialbeschwörungen, sehr stark kombolastige Karten, Lategamekarten und evtl. vieles Weitere. Bei der Non-Engine sind es hauptsächlich Schutzkarten und Outs gegen bestimmte Probleme. Weiter ins Detail werde ich hier nicht gehen, da es sowieso bei jedem Deck sehr unterschiedlich sein kann. Hauptsache man hat dann eine sinnvolle Struktur glasklar vor sich, die einem vieles erleichtern wird, z.B. Sidedecken und Änderungen am Deck zu überlegen. Man wird dadurch auch sofort sehen, wann vielleicht die Anzahl der Normalbeschwörungen zu groß wird oder die Non-Engine zu viel einnimmt. Sehr nützlich ist es auch, sich Durchschnittsstarthände zu überlegen. Dies geht schnell und ist keine Raketenwissenschaft. Spiele ich bei 40 Karten eine bestimmte Kategorie beispielsweise 8 Mal, werde ich sie im Schnitt 1x auf der Starthand haben, da es jede 5. Karte im Deck ist und ich 5 Karten ziehe. Schlüsselkarten gehören wenn möglich dennoch öfter ins Deck als man sie vom Durchschnitt her haben will, einfach weil man sie unbedingt mindestens 1x ziehen will. Prinzipiell aber ist ein Deck genau dann gut gebaut, wenn die Proportionen der Kategorien im Deck möglichst derjenigen Proportion entsprechen, in der man sie idealerweise auf die Starthand ziehen will. Genau dann ist die Durchschnittsstarthand nämlich auch eine ideale Starthand, und kleinere Abweichungen immer noch nah an einer idealen Starthand dran.


Ist weniger mehr?



Es zählt als Tatsache, dass 40 Karten stets das Optimum ist, bzw umso weniger, desto besser. Demnach wurde zum Beispiel Upstart Goblin zu einem Sinnbild der Konstanz, und man sagt sich allzu gerne: "Klatschen wir doch noch 3 Upstarts ins Deck für die Konstanz". Man hat dabei meist im Kopf, wichtige Karten wahrscheinlicher zu ziehen, ignoriert dabei jedoch so gut wie immer, dass Upstart alle Karten im Deck wahrscheinlicher macht, nicht nur die Wichtigen. Will man also unbedingt Soul Charge, Qliphort Scout, Wavering Eyes oder was auch immer ziehen, wird man auf gleiche Weise öfter Karten ziehen wie Blue-Eyes White Dragon, Sylvan Hermitree, zu viele Qliphort Monster oder zu viele Pendulum Vanillas. Upstart bzw Drawpower allgemein erhöht die Wahrscheinlichkeit für jede Karte im Deck, sei sie gut oder schlecht. Wenn mein Deck schlecht gebaut ist und dementsprechend schlechte Proportionen hat, wird es durch Upstart nur noch schlechter. Am entscheidensten bleiben also immer noch Proportionen und nicht Drawpower.


Damit will ich nicht Upstart schlechtreden oder zu 60-Karten-Decks aufrufen. Tatsächlich sind möglichst wenige Deckkarten (und dementsprechend Upstart Goblin) so gut wie immer das Optimum. Dies liegt aber schlicht und einfach am modernen Deckdesign von Konami: Es gibt nicht genug Schlüsselkarten bzw nicht genug Sucher dafür und man will sie unbedingt so schnell wie möglich ziehen. Es kann jedoch Fälle geben, wo sogar mehr Deckkarten tatsächlich besser sind. Dafür gibt es aus der Vergangenheit Beispiele wie das 50-Karten-Mermail-Deck, das sowieso vor Suchern nur so triefte und mit mehr Deckkarten seltener Genex Controller zog. Auch ich spielte bis Mitte 2015 mein BA-Deck mit 44-45 Deckkarten. Es waren 15 Engine-Karten, wovon jede für mich zu wichtig war, um sie zu kicken. Die Idealstarthand war 1-2 Monster (2 auf einer 6-Karten-Hand). Ich musste dafür zwar die 4-5 nächstschlechteren Fallen integrieren (was nicht heißt, dass sie schlecht sind), schraubte dafür jedoch die Proportion meines Decks zurecht auf ein exaktes 1:2 Monster : Fallen und erhöhte damit die Wahrscheinlichkeit für Idealstarthände. Durch diese Beispiele sollte einfach gezeigt werden, dass 40/37 Karten nicht sofort das beste ist und man nicht solch einen Tunnelblick prägen sollte. Es kann tatsächlich sinnvoller sein, mehr zu spielen, um die Wahrscheinlichkeit für "Engine-Balast" wie Genex Controller zu reduzieren oder irgendeine Proportion anzupassen.


Fazit


Dies wären aus meiner Erfahrung die wichtigsten Aspekte für den testunabhängigen Deckbau. So komplex wie YGO ist, kann man sich dabei immer noch etwas verzetteln und beim Testen in Situationen kommen, die man nicht erwartet hätte, sodass man sein Deck doch noch ändern muss. Hat man jedoch die behandelte Theorie geschickt angewendet, sind es dann eher Feinheiten.


Im Diskussionsthread könnt ihr gerne schreiben, ob ihr die Tipps aus dem Artikel interessant oder eher überfällig fandet, oder auch weitere Tipps nennen.


Ich freue mich auf Verbesserungsvorschläge, Meinungen und Feedback!


Antworten 2

  • Verdammt guter Artikel!

  • sehr schöner artikel, zu upstart: es ist ja so gedacht, dass man 'die 3 schlechtesten' Karten des Decks einfach rausnimmt. somit verbessert sich der schnitt des decks. man müsste noch beachten, dass upstart dem gegner 1000 lp gibt, negiert werden kann von naturia beast, tot sein kann bei anti spell fragnance/spell canceler. aber auch, dass er material für spell striker sein kann, oder die draw phase quasi in den zug verlagert (zuerst suchen dann ziehen ist manchmal besser). auch millt er keine extrakarte, wenn man ihn millt, soll heißen in einem LS deck, habe ich wenn ich mit raiden mille immer noch ein 40 kartendeck. und die chance wulf zu millen erhöht sich nicht, wenn ich 3 upstarts spiele.


    das sind nur einige beispiele (bewusst sehr unrealistische und auch welche, die so durchaus relevant sind)

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