Der Hauptkritikpunkt ist nach meinem Kenntnisstand auch nicht, dass die Aufgaben zu schwer zu seien, sondern dass der Zeitdruck während der Prüfung zu groß sei. Etwas, das ich (Abi 2014; naturwissenschaftliches Studium seit 2015) absolut bestätigen kann. In all meinen Rechenprüfungen war es so, dass man entweder genau wusste, was zu tun ist, um dann nach Schema F vorzugehen, oder man hatte ein Problem. Zeit zum Nachdenken wurde einem nicht gelassen.
Und ich hoffe doch, dass jeder angehende Lehrer mir zustimmen wird, dass Auswendiglernen das Ziel von keinem Ausbildungsweg sein sollte.
Zu der Schwierigkeit der Aufgaben will ich mich nicht eindeutig äußern, da auch ich im Studium mit schwierigerer Mathematik Kontakt hatte. Wie übrigens scheinbar alle hier, die sich meiner Meinung nach mal überlegen sollten, ob sie dann wirklich in der besten Position sind, das zu beurteilen. Nach Überfliegen wüsste ich jedenfalls nicht sofort, was zu tun wäre. Hätte ich unbegrenzt Zeit zum Nachdenken könnte ich sie sicher lösen, aber da war ja was...
Außerdem muss bedacht werden, dass Abitur und akademischer Bildungsweg in Deutschland schon längst nichts mehr mit Elite zu tun haben, sondern die Regel sind. Sehr richtig wurden die absurd hohen NCs für Psychologie und Medizin genannt. Beide Fächer haben (was mir von Studierenden beider Fächer bestätigt wurde) kaum bis gar nichts mit Schulmathematik zu tun. Wenn man sein Pflicht(!)abi in Mathe verkackt und deshalb sein Wunschstudium nicht antreten kann, auch wenn man dafür qualifiziert wäre, kann ich den Ärger der betroffenen Schüler schon verstehen. Selbst in Biologie, ein Fach mit weit schlechteren Berufsaussichen und weniger gesellschaftlicher Verantwortung der einzelnen Fachleute gibt es an begehrten Standorten faktische NCs von ca. 2,0.
Es wäre ziemlich herablassend zu sagen, dass Schüler, die fürs Mathe-Abi zu schlecht sind, eben Real- oder Hauptschulabschluss machen sollen. Diese Abschlüsse sind nichts wert, sogar in immer mehr Ausbildngen wird Abitur verlangt. In Bremen z.B. gibt es überhaupt keine Haupt- und Realschulen mehr. Nur noch Gymnasium und Oberschule.
Ich persönlich halte das alles für eine im Grunde genommen sehr positive Entwicklung. Aber mir ist bewusst, dass ich mit dieser Position hier im Forum wohl leider einen verlorenen Kampf führe.
Was von meinem Post also bleiben soll: Die Lebenswelt der Schüler ist nicht eure eigene. Vielleicht wollen sie gute Noten geschenkt haben, aber nur weil sie sie brauchen. Um das mit einer Metapher zu erklären: Fußballvereine starten auch keine Petitionen, um doch noch in der Champions League spielen zu können. Sie erkennen die Regeln ihres Sports an, weil sie ihn anders als Schüler freiwillig betreiben und ihre Zukunft nicht davon abhängt, ob sie in der Champions League spielen.
Ich persönlich begrüße jede Form von Politisierung der Jugend 
