Skill Drain - Skillerkarte des Formats!?

Mit großen Schritten nähern wir uns dem großen Hochzeitsturnier von Yami Silver und Kylina sowie der Europameisterschaft. Mittlerweile ist nämlich nicht nur die Deutsche Yu-Gi-Oh! TCG Meisterschaft 2012 vorbei, sondern auch viele andere Nationale Meisterschaften sind mittlerweile Geschichte. Und auf all diesen Events zeichnete sich unbemerkt von vielen Spielern ein kleiner Trend ab, den man nicht mehr ignorieren kann: Kräfte Rauben ist eine der stärksten Karten des Formats geworden.

Blackwings wieder ganz weit vorne mit dabei!

Auf der Deutschen Meisterschaft gelang Tolga Yüksel etwas, was viele mittlerweile für absolut unmöglich gehalten hatten: Er schaffte es in die Top32 mit Hilfe eines Blackwings. Dabei war das Deck in den Augen der meisten Spieler völlig tot. Im Kampf um den Einzug ins Achtelfinale war für Tolga dann zwar schon wieder Schluss, aber nichts desto trotz ist dies eine beeindruckende Leistung gewesen. Doch wie konnte dies passieren?

Die Antwort lautet in meinen Augen ganz eindeutig Kräfte Rauben! Keine andere Karte kann aktuell so viele spielstarke Monster wie Insektor Libelle, Aufzieh-Träger Zenmeilen, Evolzar Laggia oder Rotäugiger finsterer Metalldrache gezielt bekämpfen. Dabei bedürfen die letzten beiden Monster vielleicht ein wenig Erklärung.

Die große Stärke von Evolzar Laggia ist, dass er einmal beschworen ein praktisch sicheres +1 ist. Egal welche Karte man negiert, der Gegner verliert diese und man selbst keine. Das besondere aber ist, dass man meist eben ncicht einfach nur irgendeine Karte negiert, sondern eine besonders mächtige und spielstarke. Ohne seinen Effekt kann Laggia dies nicht mehr bewerkstelligen und spielend leicht mit Monster Removal wie Aufschlagen, Icarus-Angriff oder Spiegelkraft entsorgt werden.

Die große Stärke von Rotäugiger finsterer Metalldrache hingegen ist es, zusammen mit Lichtpulsar-Drache eine praktisch unüberwindbare Wand darzustellen. Wird Lichtpulsar-Drache zerstört, holt dieser den Rotäugiger finsterer Metalldrache zurück. Der Rotäugiger finsterer Metalldrache holt dann den Lichtpulsar-Drache zurück. Und genau an dieser Schnittstelle kann Kräfte Rauben eingreifen. Dank Kräfte Rauben ist es nicht mehr möglich, diese Kette aufrecht zu erhalten.

Einen anderen Aspekt, den Tolga selbst nicht nutzt, sollte man ebenfalls an dieser Stelle als Einschub erwähnen: Ein Ungeheuerkönig Barbaros kombiniert mit Kräfte Rauben stellt für ein Chaos Dragon oft ein fast unüberwindbares Hindernis dar, da es selbst kaum Monster Removal spielt, welches nicht über Monstereffekte laufen würde. Entsprechend müsste auch ein Einblidungsunterweltler gegen Chaos Dragon nur den Ryko, Lichtverpflichteter Jäger fürchten.

So viel zu den Stärken. Doch gegen Elementar-HELDEN und die Armeen der Finsteren Welt bewirkt Kräfte Rauben eher nichts. Folgerichtig schied Tolga dann auch ausgerechnet gegen ein solches Deck aus dem Turnier aus.

Doch Tolga hat eines bewiesen: Nicht nur Helden und Unterweltler werden dank Kräfte Rauben konkurrenzfähig, auch andere Decks können mit dieser Karte plötzlich wieder konkurrenzfähig sein.

Auch andere Decks rauben die Kräfte

Doch Tolga war nicht der einzige Spieler, der es auf der Deutschen Meisterschaft dank dieser Taktik in die Tops schaffte. In den Top8 waren mit Dominic Nivens (TG-Anti) und Ron Fiedler (Bubble-Beat) gleich 2 Spieler dabei, die mit Kräfte Rauben den Gegner lahm legten. Ich persönlich halte es auch nicht für Zufall, dass das einzige Elementar-HELDEN Deck im Viertelfinale eins mit Kräfte Rauben war, während alle Helden ohne die Karte schon vorher ausschieden. Dass dann sowohl Dominic als auch Ron gegen den späteren Deutschen Meister Muci Izci ausschieden, muss dann wohl als Schicksal bezeichnet werden.

Auch auf der Schweizer Yu-Gi-Oh! TCG Meisterschaft gab es entsprechende Erfolge zu bewundern. Besonders bemerkenswert ist das Deck von Marcel Ritter, welches im Prinzip nochmal einen eigenen Artikel wert wäre. Aber festzuhalten bleibt, dass er praktisch gleich zwei Strategien in die Tops verhalf: Dark Word und Geartown. Alles auch dank Kräfte Rauben!

Auf der Irischen Yu-Gi-Oh! TCG Meisterschaft hingegen schaffte es Mark Casey mit einem Malefic in die Tops.

All diesen Fällen - Blackwings, Hero, Dark World, Tech Genus, Malefic, Geartown - ist gemein, dass sie allgemein als eher schwach wahrgenommen werden. Aber wieso werden diese dank Skill Drain plötzlich gut? Die Antwort liegt in meinen Augen in einer besonderen Begebenheit des Formats. All die Decks, die derzeit dominieren, haben besonders explosive und spielentscheidende Züge auf Lager. Da können unüberwindbare alles negierende Monster auf dem Feld erscheinen, sämtliche Handkarten geklaut werden und +4 Vorteile nicht mehr aufgeholt werden. All diese Decks haben aber auch gemein, dass sie unter Umständen extrem schlecht ziehen. Und genau hier setzt Kräfte Rauben an. Zieht ein Deck mal nicht so optimal und sieht sich dann auch noch Kräfte Rauben gegenüber, kann es direkt einpacken und hat keine Chance mehr. Klar kann der Gegner alles haben, mit 3 Mystischer Raum-Taifun und Schwerer Sturm das Feld zerstören. Dann bringt Kräfte Rauben nichts. Aber hat der Gegner ausnahmsweise mal nicht 'alles', kann Kräfte Rauben das Ungleichgewicht noch mehr kippen.

Evolution einer Strategie

Historisch begonnen hat das große Negieren gegnerischer Monster mit der Popularität von Effektverschleierin. Dann kam Teuflische Kette und mittlerweile ist Verbotener Kelch das Maß aller Dinge. Und ich lehne mich an dieser Stelle weit aus dem Fenster und behaupte, dass Kräfte Rauben der nächste logische Schritt ist.

Ich habe ja bereits davon gesprochen, dass Kräfte Rauben ein bereits entstandenes Ungleichgewicht noch weiter verstärken kann. Und diese Formulierung erinnert mich stark an eine andere Karte, die mittlerweile sogar verboten wurde: Unterdrückungsherrschaft. In ihrer absoluten Hochzeit wurde diese Karte in praktisch jedem Deck gespielt, selbst wenn sie zunächst konträr zur eigenen Strategie wahrgenommen wurde. Im missverstandenen Format vom Winter 2008 konnten wir dieses Phänomen schon einmal beobachten. Das Feld wurde vollgeknallt mit mächtigen Monstern und dann sorgte Unterdrückungsherrschaft dafür, dass der Gegner nie wieder ins Spiel zurück finden würde.

Diese Taktik kann ich mir vor allem in 2 Decks vorstellen: Inzektor und Rabbit. Fangen wir mit letzterem an. Stellen wir uns vor, wir haben einen Evolzar Laggia und eine Reihe verdeckter Zauber- oder Fallenkarten (darunter Kräfte Rauben) liegen. Nun muss unser Gegner zunächst an Laggia vorbeikommen und an den vielen Fallen. Zu guter letzt, nachdem Laggia seinen Effekt genutzt hat, muss unser Gegner aber auch noch an Kräfte Rauben vorbei kommen. Wir alle wissen wie schwer es allein ist, das besagte Xyz Monster zu besiegen. Aber dann noch die Falle? Erscheint mir fast unmöglich. Gleichzeitig kann das Deck mit Beatsticks wie Sabersaurus undviel Monster Removal auch bei aktivem Kräfte Rauben noch relativ gut mitspielen. Wie ein solches Deck aussehen kann, zeigen mal wieder die Japaner als erste.

Im Inzektor hingegen kann ich mir eher eine Taktik vorstellen, wie sie Marce Eberhardt vorgestellt wurde. Er setzte auf viele permanente Fallen und Magischer Pflanzer. In diese Strategie würde Kräfte Rauben relativ gut hinein passen. Vor allem hätte ein solches Deck die großartige Option, die eigene Fallenkarte sinnvoll zu entsorgen, sollte sie das eigene Spiel behindern. Allerdings kann ich mir auch vorstellen, dass einem solchen Deck ein wenig das zusätzliche Monster Removal fehlen könnte, um das eigene Feld effektiv zu beschützen. Hier müssten ambitionierte Spieler zusätzliche Ideen entwickeln, damit dies stabil laufen kann.

Aber ich möchte natürlich nicht ausschließen, dass auch andere aktuelle Meta-Decks mit Kräfte Rauben gut fahren könnten. So oder so hat die Karte das Potential, einer der ganz entscheidenden Faktoren im aktuellen Format zu werden, so wie es der Karte Unterdrückungsherrschaft vor ihr gelungen ist. Spätestens in 2 Wochen auf dem großen Hochzeitsturnier von Yami Silver und Kylina wissen wir dann mehr.

Ich hoffe wir sehen uns dort (im Anzug),

Nimrod Hellfire