100 Ausgaben Teuflisches Spiel

Der heutige Artikel ist tatsächlich (sofern ich mich nicht verzählt habe) mein einhundertster (in Zahlen: 100) Artikel für eTCG. Damit trete ich in dem exklusiven 100er Club bei, dem bis jetzt nur Harti und soulwarrior angehörten. Dies ist also die perfekte Gelegenheit, einmal nicht über Yu-Gi-Oh!, die neuesten Editionen oder die coolsten Decks zu reden. Stattdessen soll heute diese Kolumne selbst das Thema sein.

Gegen jede Wahrscheinlichkeit

Als ich Teuflisches Spiel für eTCG gestartet hatte, war das Sammelkartenspiel gerade in seine Blütezeit (zumindest verklären wir diese Zeit gerne als Blütezeit). Es lief mit der Fortune Tour gerade das Nachfolgeprogramm der überaus beliebten und erfolgreichen Pharao Tour, die sich viele Spieler bis heute sehnlichst zurückwünschen. Gemeinsam mit dem damaligen Distributer UpperDeck Entertainment wurde ein großes Community-Event geplant.

Dann platzte die große Bombe: UpperDeck Entertainment verlor selbstverschuldet die Lizenz zum Kartendrucken. Teile der Fortune Tour mussten gestrichen werden, die Deutsche Meisterschaft wurde mehr oder weniger im Notprogramm durchgeführt. Plötzlich fiel die Bezahlung der Kolumnisten weg, was dazu führte, dass erst soulwarrior seine Kolumne einstellte und dann auch bvb-fan92 seinen Abschied bekannt gab. Auch Alan_Darkworld, der kurz nach mir seine Kolumne startete, hielt nicht lange durch. Es gab auch keine Coverages oder ähnliches mehr, was die Einsatzmöglichkeiten von uns Schreiberlingen weiter einschränkte.

Glücklicherweise wurde die Bezahlung meiner Arbeit wieder aufgenommen, aber gegen Ende des Jahres 2009 war ich trotzdem so eine Art Alleinunterhalter hier. Zwischenzeitlich wurde ich zum Glück von Wassergeist unterstützt, der aber ähnlich wie Alan nicht lange durchhielt. Erst Mitte 2010, als sich auch mit Coverages wieder Geld verdienen lies, kam auch soulwarrior wieder zurück. Seitdem gibt es wieder regelmäßig zwei Artikel pro Woche auf eTCG.

Irgendwann stieß dann d3vil zum Team, der aber auch nach kurzer Zeit wieder aufhörte. Mittlerweile verstärkt Dönerschreck das Team, der es bis jetzt immerhin auf 20 Artikel geschafft hat. Und ganz frisch ist Fluke dazu gekommen. Man kann also sagen: mittlerweile geht es wieder aufwärts und zumindest kolumnentechnisch erleben wir gerade so etwas wie eine zweite Blütezeit.

Im Nachhinein betrachtet ist es schon irgendwie erstaunlich, dass sich diese Kolumne trotz dieser Widrigkeiten so lange gehalten hat. Das ein Kolumnist mehr als 50 Artikel schafft (dh. 'nur' 1 Jahr lang durch hält) ist wie die Beispiele Alan, Wassergeist und d3vil zeigen eben nicht selbstverständlich. Nicht einmal der vielen Lesern extrem positiv in Erinnerung gebliebene Chronos schaffte diese Marke nicht. Ich weiß nicht ob ich diese Kolumne trotz oder gerade wegen dieser schwierigen Situation am Anfang durchgezogen habe.

Einerseits war es oft demotivierend. Andererseits liegt mir unsere Community sehr am Herzen. Ich glaube (oder zumindest: hoffe), dass regelmäßige Artikel und Inhalte sowohl diese Website im speziellen als auch die Community im allgemeinen voran bringen. Lasst mich diesen Gedanken ein wenig spezifizieren.

Eine Hassliebe, ...

Ja, unsere Community. Es gibt glaube ich nur wenige Spieler, die eine solche Hassliebe zu unserer Community und auch zu unserem Kartenspiel entwickelt haben wie ich.

Auf der einen Seite halte ich einen nicht unerheblichen Teil der Spieler für Kleinkriminelle, Betrüger, Lügner und Asoziale. Da wird bestochen, geklaut, geschlagen und gelogen. Selbst vor kleinen Kindern machen viele Spieler nicht halt. Und auf der anderen Seite habe nur bei wenigen Hobbies ich so viele coole, nette und interessante Menschen getroffen, die ich schätzen und respektieren gelernt habe. Nicht ohne Grund habe ich mich dem Team Stand Alone angeschlossen.

Auf der einen Seite ist dieses Spiel mit seinen völlig überzogenen Kartenpreisen, oft unglaublich schlechtem Kartendesign und noch schlechteren Seltenheitsverteilungen in den Boostern eine einzige Katastrophe. Wenn ich mir da Kartenspiele wie Pokémon angucke, kommen wir wirklich Tränen in die Augen. Und auf der anderen Seite liebe ich dieses Spiel. Ich liebe die schnelle Aktion, ich liebe den Nervenkitzel, mit dem nächsten Top-Deck ein verlorenes Spiel noch einmal herumreißen zu können und ich liebe es zu beten, der Gegner möchte eben genau dieses nicht tun.

Und wieder gilt: Ich bin mir nicht sicher, ob ich diese Kolumne trotz oder gerade wegen dieser Missstände in Community und Spiel schreibe. Denn natürlich erhoffe ich mir mit dieser Kolumne, die Community in irgendeiner Form positiv zu beeinflussen. Zumindest erhoffe ich mir sowohl mit meiner Kolumne als auch mit meiner Vorbildfunktion einen gewissen sozialen Einfluss, wenngleich ich dieses Thema nur selten so direkt thematisiere wie in in diesem Artikel. Sollte dies in Zukunft öfters gewünscht sein, lasst mich das einfach in den Kommentaren wissen.

... die auf Gegenseitigkeit beruht?

Interessanterweise habe ich oft das Gefühl, dass diese Hassliebe auf Gegenseitigkeit beruht. Mittlerweile ist "Nimrod-Hater" ja ein echter Begriff geworden. Ich habe oft das Gefühl, dass es hier auf eTCG nie eine Kolumne gab, die so sehr polarisiert wie diese. Dafür gibt es sicherlich viele verschiedene Gründe. Meine eigene Ambivalenz gegenüber der Community und meine (auch daraus resultierende) eigene Arroganz sind da sicherlich zwei nicht unerhebliche Faktoren.

Aber auch diese Kolumne ist in meinen Augen oft sehr ambivalent. Im Prinzip versuche ich eine Kolumne zu schreiben, die für jeden lesbar ist: Sei es nun der blutige Anfänger oder der internetsüchtige Hardcore-Zocker. Ich habe den Anspruch, in jedem Artikel für jeden Spielertypen etwas dabei zu haben. An diesem Anspruch scheitere ich oft. Insbesondere die Hardcore-Szene kommt oft etwas zu kurz, da ich bei meinen Artikeln oft sehr weit unten ansetzen muss. Ein nicht unerheblicher Anteil der Kritik an meinen Artikeln ist in meinen Augen genau diesem Umstand geschuldet. Da ich meine Artikel bewusst an alle Spieler adressiere und nicht nur an Anfänger, ist diese Kritik auch völlig berechtigt.

Zu den wenigen Artikeln, in denen ich diesen Spagat für gelungen halte, gehören die Top10-Artikel, die ich vor dem Release eines jeden Sets veröffentliche. Die aktuellen Beispiele zur Serie 'Photon Shockwave' findet ihr hier und hier. In diesen Artikeln versuche ich eine Mischung aus den verschiedensten Karten zu finden. Ich schreibe über die Karten, die wirklich eine Auswirkung auf das Metagame haben werden. Ich schreibe über versteckte Perlen, die der ein oder andere vielleicht übersehen hat. Ich schreibe über Karten, die insbesondere in Fun-Decks interessant sind. Ich gebe ganz offen zu, dass ich durchaus Stolz darauf bin, dieses Format 'erfunden' zu haben.

Und so oft mir dieser Spagat auch gelingt, so oft misslingt dieser. Ein nicht zu unterschätzender Teil meiner Motivation für diese Kolumne erschöpft sich aus dem Gedanken, besser zu werden und meine Artikel zu perfektionieren. Denn obwohl ich jetzt 100 Artikel hinter mir habe, sehe ich immer noch großes Entwicklungspotential in dieser Kolumne. Als ich mit dem Schreiben angefangen habe, hätte ich nie gedacht, dass ich dieses über eine so langen Zeitraum als Herausforderung empfinden würde.

Eigenständigkeit dieser Kolumne

Um es kurz zu fassen: Ich versuche diese Community auch spielerisch voran zu bringen, unabhängig davon, ob meine Leser nun Anfänger, Fortgeschrittene oder Profis sind. Da sich meiner Meinung nach selbst Vielspieler oft nur selten oder zumindest unzureichend mit den neuen Karten beschäftigen, bin ich im Laufe der Zeit dazu übergegangen, vor allem über die neuen Sets und Karten zu schreiben. Welche coolen neuen Decks kann ich mit diesen Karten bauen und welche Möglichkeiten ergeben sich? Daraus ergeben hat sich nicht nur eine gewisse Eigenständigkeit dieser Kolumne, sondern auch ein gewisser Arbeitsrhytmus, den diese Kolumne verfolgt. Da ständig neue Karten erscheinen, muss ich nie lange nach neuen Themen suchen. Auch diese Entwicklung hat großen Anteil daran, dass ihr heute die 100. Ausgabe von 'Teuflisches Spiel' lesen dürft.

Natürlich ist diese Kolumne dabei oft ein wenig euphorisierend und optimistisch geschrieben. Wenn ich vor jeder Edition schreiben würde, wie schlecht die ganzen Decks doch sind, würde die ja niemand ausprobieren wollen. Und dann spielt die keiner, sie platzieren sich auf den Turnieren nicht auf den vorderen Plätzen, das Deck wird als schlecht deklariert und verschwindet von der Bildfläche. Nur wenn meine Artikel die Spieler dazu motivieren, wirklich etwas neues auszuprobieren, können sich diese Decks dann später auch tatsächlich durchsetzen. Es wäre einfach nur demotivierend zu lesen, wie scheiße das Deck ABC oder JKL ist.

Jetzt kann man dies aber auch sehr kritisch sehen. Denn dieser Einfluss, den ich mir erhoffe, existiert tatsächlich. Es ist mit großer Regelmäßigkeit zu beobachten, dass nach einem Artikel die Preise für bestimmte Karten anziehen. Zuletzt besonders deutlich geschehen bei den Jurrac-Monstern, die für das neue Deck rund um Rettungskaninchen benötigt werden. Das ganze geht sogar so weit, dass ich bereits gefragt wurde, ob ich nicht einen Artikel über ein bestimmtes Deck schreiben könne. Derjenige musste noch ein paar Karten loswerden ...

Wir wissen alle, wie problematisch die hohen Kartenpreise für die Community sind (womit ich den Bogen zu den Missständen im Spiel geschlagen hätte). Nun bin ich mir bewusst, dass meine Kolumne da oft einen nicht unwesentlichen Anteil daran hat. Insbesondere die teilweise sehr hohen Preise bei den Sneak Previews lassen sich in Teilen auch dadurch erklären, dass durch meine Kolumne die meisten Spieler wissen, welche Karten gut sind und welche nicht. Gleichzeitig heißt dies aber auch, dass weniger Spieler (und hier geht es vor allem und Anfänger und Kinder) ihre Karten unter Wert abgeben und als 'leichte Opfer' betrogen werden. Auch hier scheint wieder das Thema der Ambivalenz durch.

Ich bin mir bis heute nicht ganz sicher, wie ich mit diesem Thema umzugehen habe. Letztendlich bin ich der Meinung, dass meine Kolumne den Preisbildungsprozess aber lediglich beschleunigt. Die Information über die Spielstärke einer Karte verbreitet sich schneller als früher und entsprechend passen sich die Kartenpreise schneller an. Allerdings habe ich vollstes Verständnis dafür, wenn Spieler dies anders sehen. Lasst mich auch in diesem Punkt Eure Meinung wissen.

Damit hätten wir dann auch den vorletzten größeren Aspekt meiner Motivation angesprochen: Ich möchte informieren.

Schlusswort

Einen Punkt meiner Motivation für diese Kolumne muss ich dann aber doch noch ansprechen (auch wenn es extrem schmalzig ist). Es ist für mich als Schreiber - und ich denke die anderen Kolumnisten sehen das genau so - extrem wichtig, Woche für Woche von Euch Lesern Feedback zu bekommen. Denn es ist völlig egal, ob ihr diese Kolumne liebt und Woche für Woche lest, oder ihr diese Kolumne hasst (und trotzdem Woche für Woche lest): Schlussendlich ist jede Kolumne nichts ohne seine Leser. Ich könnte diese Artikel auch schreiben und einfach auf meiner Festplatte verrotten lassen. Daher meine Bitte: Nehmt Euch die Zeit, kommentiert kurz die vielen Artikel, die ihr hier auf eTCG lesen könnt. Das Feedback ist für uns Kolumnisten die wichtigste Motivation am Ball zu bleiben.

Da stehen wir also nun, 2.5 Jahre und 100 Ausgaben nach dem Start meiner Kolumne. Noch immer schreibe ich und noch immer bin ich motiviert, Woche für Woche mein bestes zu geben. Dann mache ich mich mal auf, die nächsten 100 Artikel zu schreiben.

Bleibt mir treu,

Nimrod Hellfire